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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Liquidation

Richter erfolgen. Hier gilt dasselbe wie im Fall richterlicher Ernennung.

Die Liquidatoren sind von den Gesellschaftern zum Handelsregister (s. d.) anzumelden, ebenso ihr Auftritt. Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so können sie die zur L. gehörenden Handlungen mit rechtlicher Wirkung nur in Gemeinschaft vornehmen, sofern nicht ausdrücklich bestimmt ist, daß sie einzeln handeln können. Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen, deren Forderungen (auch die gegen den einzelnen Gesellschafter zustehenden) einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft zu versilbern. Wenn es im Interesse der L. liegt, können sie auch im ganzen veräußern. Die Veräußerung von unbeweglichen Sachen kann durch die Liquidatoren ohne Zustimmung der sämtlichen Gesellschafter nicht anders als durch öffentlichen Verkauf bewirkt werden. Eine Beschränkung des Umfangs der Geschäftsbefugnisse der Liquidatoren hat gegen dritte Personen keine rechtliche Wirkung. Die Liquidatoren können Gehilfen zuziehen und Vollmachten erteilen, aber keine Prokuristen bestellen. Sie zeichnen die Geschäftsfirma "in Liquidation". Die während der L. entbehrlichen Gelder werden vorläufig unter die

Gesellschafter verteilt; darauf hat der einzelne Gesellschafter einen klagbaren Anspruch. Die zur Deckung später fällig werdender Schulden und zur Deckung der Ansprüche, welche den einzelnen Gesellschaftern bei der Auseinandersetzung zustehen, erforderlich werdenden Gelder haben die Liquidatoren zurückzubehalten. Sie haben die schließliche Auseinandersetzung herbeizuführen. Nach Beendigung der L. werden die Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft einem der gewesenen Gesellschafter oder einem Dritten zur Aufbewahrung übergeben.

Die Bestimmungen des Schweizer Obligationenrechts Art. 580-584 und Art. 611 sind denen des Deutschen Handelsgesetzbuches nachgebildet, doch weniger eingehend.

Die L. der Aktiengesellschaft und der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft erfolgt durch den Vorstand, wenn sie nicht durch Statut oder Beschluß der Generalversammlung auf andere Personen übertragen wird. Auf Antrag des Aufsichtsrats oder von Aktionären, welche Aktien mindestens seit 6 Monaten besitzen, die den 20. Teil des Grundkapitals darstellen, oder von einem Zehntel der Genossen kann die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgen. Bei der Genossenschaft sollen wenigstens zwei Liquidatoren bestellt werden. Nicht vom Gericht bestellte Liquidatoren kann die Generalversammlung abberufen. Die Abberufung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgt unter denselben Voraussetzungen wie ihre Bestellung. Die Liquidatoren sind zum Handels- oder Genossenschaftsregister anzumelden. Sie unterliegen der Überwachung des Aufsichtsrats. Im allgemeinen haben sie Rechte und Pflichten des Vorstandes (Art. 244 a des Handelsgesetzbuches), bei der Genossenschaft im Umfang des §. 87 des Gesetzes vom 1. Mai 1889. Sie haben bei Beginn der L. eine zu veröffentlichende Bilanz aufzumachen; die Bekanntmachung ist bei der Genossenschaft, die Bilanz selbst bei der Aktiengesellschaft zu dem Genossenschafts- oder Handelsregister einzureichen. Die Liquidatoren der Genossenschaft und nach dem Entwurf eines neuen Handelsgesetzbuches auch die der Aktiengesellschaft haben in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen. Die Veräußerung unbeweglicher Sachen darf, sofern nicht etwas anderes durch Statut oder Generalversammlungsbeschluß bestimmt ist, nur durch öffentliche Versteigerung stattfinden.

Die Liquidatoren der Genossenschaft haben in der bei ihrer Bestellung bestimmten Form ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Genossenschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muß die Erklärung und Zeichnung durch sämtliche Liquidatoren erfolgen. Weniger als zwei dürfen hierzu nicht bestimmt werden. Die Bestimmung ist mit der Bestellung der Liquidatoren zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. Bei der Zeichnung ist die Firma als Liquidationsfirma zu bezeichnen. Bei der Aktiengesellschaft finden in diesen und andern Beziehungen, soweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, die für die L. der Offenen Handelsgesellschaft gegebenen Bestimmungen entsprechende Anwendung.

Die aus den Handelsbüchern der Aktiengesellschaft oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind durch besondere Erlasse aufzufordern sich zu melden. Aus dem liquidierten Vermögen der Aktiengesellschaft oder Genossenschaft sind zunächst die Schulden zu tilgen. Die Schuldsummen der Gläubiger, welche sich bei den Liquidatoren der Aktiengesellschaft nicht gemeldet haben, sind zu hinterlegen. Ebendasselbe hat bezüglich der schwebenden oder streitigen Verbindlichkeiten zu erfolgen. Vor Tilgung oder Deckung der Schulden darf eine Verteilung von Gesellschafts- oder Genossenschaftsvermögen unter die Aktionäre oder Genossen nicht erfolgen. Die Verteilung darf überdies nicht eher vollzogen werden, als nach Ablauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Bekanntmachung der Auflösung der Aktiengesellschaft, bei der Genossenschaft die Bekanntmachung der Auflösung der Genossenschaft und die Aufforderung der Genossenschaftsgläubiger, sich zu melden, zum drittenmal in den dazu bestimmten Blättern öffentlich bekannt gemacht ist. Über die Verteilung des Vermögens unter die Genossen enthält §. 89 des Genossenschaftsgesetzes Bestimmung. Nach gelegter Schlußrechnung ist die Beendigung der L. der Aktiengesellschaft von den Liquidatoren in den hierzu bestimmten öffentlichen Blättern bekannt zu machen. Nach Beendigung der L. sind die Handelsbücherder aufgelösten Aktiengesellschaft oder Genossenschaft, jene an einem vom Handelsgericht zu bestimmenden Ort, diese bei einem gewesenen Genossen oder einem Dritten auf die Dauer von zehn Jahren niederzulegen.

Die L. der Kommanditgesellschaft auf Aktien erfolgt, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt, durch sämtliche persönlich

haftende Gesellschafter und eine oder mehrere von der Generalversammlung der Kommanditisten gewählte Personen. Über die Aufstellung einer Bilanz und die Aufforderung der Gläubiger, die Ernennung und Abberufung der Liquidatoren gelten dieselben Bestimmungen wie bei der Aktiengesellschaft. Im übrigen sind die für die Offene Handelsgesellschaft gegebenen Bestimmungen entsprechend anzuwenden.

Die L. der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (s. d.) erfolgt, wenn sie nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluß der Gesellschaft andern Personen übertragen wird, durch die Geschäftsführer. Die Bestellung von Liquidatoren durch das Gericht oder deren Abberufung kann aus wichtigen Gründen durch das Gericht auf Antrag von Gesellschaftern, deren Geschäftsanteile