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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Liqueur antigoutteuse – Liquidation

Liqueur antigoutteuse – Liquidation (spr. -köhr angtiguttöhs'), soviel wie Gichtliqueur von Laville, s. Gichtmittel im Artikel Geheimmittel.

Liqueurweine, an Alkohol und unvergorenem Zucker reiche und daher intensiv süß schmeckende dickflüssige Weine, die meist aus teilweise getrockneten, gewelkten und halb rosinenartigen Weinbeeren bereitet werden, indem man den Saft derselben entweder direkt oder mit dem Most frischer Trauben gemischt vergären läßt (s. Ausbruch). Oft kommen künstliche L. in den Handel, die durch Zusatz von Zucker und Spiritus zu gewöhnlichem Wein oder auch ohne jede Spur von Naturwein aus Wasser, Zucker, Glycerin, Färb- und Riechstoffen dargestellt werden. Die letztern dürfen als Kunst- oder Façonweine (s. d.) verkauft werden; eine Bezeichnung dagegen, welche die künstliche Herstellung nicht erkennen läßt, ist als Weinfälschung strafbar. Gerade die L. werden am häufigsten gefälscht.

Liquid (lat.), flüssig, klar gestellt. Eine Thatsache ist dem Richter liquid, wenn sie voll erwiesen vorliegt; eine fällige Geldforderung oder eine Forderung auf andere Vertretbare Sachen (s. d.) ist liquid, wenn nicht bloß ihr Betrag feststeht, sondern auch urkundlich erwiesen ist, daß der Gläubiger diesen Betrag nicht bedingt durch eine Gegenleistung zu fordern hat. Fehlt etwas an diesen Voraussetzungen, so ist die Forderung illiquid. So ist eine Schadenersatzforderung, wenn schon der Schuldner zur Erstattung des Schadens rechtskräftig verurteilt ist, illiquid, solange nicht die Höhe des Schadens, das Interesse des Klägers dem Gelde nach ziffernmäßig festgestellt ist. Die liquide Forderung bietet dem Gläubiger den Vorteil eines schleunigern civilprozessualischen Verfahrens (s. Urkundenprozeß), und wenn sie rechtskräftig festgestellt ist, die der sofortigen Zwangsvollstreckung (s. d.) für Geldforderungen. Nach franz. Recht bieten liquide Forderungen und Gegenforderungen den Vorteil der von selbst eintretenden Aufrechnung (compensation légale), so daß sie als gezahlt gelten. Eine verwandte, aber etwas andere Bedeutung als liquid hat die Glaubhaftmachung (s. d.).

Liquǐdae, s. Liquide.

Liquidambar, L., Amberbaum, Pflanzengattung aus der Familie der Hamamelidaceen (s. d.) mit nur wenigen Arten in den Tropen Nordamerikas und in Asien. Es sind Bäume, die reichliche Mengen eines wohlriechenden Harzes enthalten. Der in Kleinasien wachsende morgenländische Amberbaum (L. orientalis Mill., L. imberis Ait.) liefert Storax (s. d.), den man durch Auskochen der Rinde des Baums gewinnt, wobei sich das Harz auf dem Boden der Gefäße ansammelt. Von der in Amerika einheimischen und auf Cypern angebauten L. styraciflua L., dem amerikanischen Ambra- oder Amberbaum (s. Tafel: Saxifraginen, Fig. 6), wird ein Harz (weißer Liquidamber) gewonnen, das eine ähnliche Verwendung findet, aber meist nur in Amerika verarbeitet wird und fast gar nicht mehr in dem europ. Handel vorkommt. Auch zwei auf den südostasiat. Inseln einheimische Arten, L. tricuspidata Miq. und L. Altingianum Bl. (Altingia excelsa Noronha), liefern Storax; von letzterer, die bis zu 50 m hoch wird, kommt das Holz als Rasamala in den Handel.

Liquidation (lat.), die Vorbereitung der Liquidstellung (s. Liquid). So liquidiert der Rechtsanwalt, welcher Kosten fordert, diese seinem Klienten oder für denselben dem erstattungspflichtigen Gegner gegenüber, indem er die Kostenrechnung aufstellt; der Gläubiger, welcher berechtigt ist, von seinem Schuldner Erstattung eines Schadens zu fordern, liquidiert den Schaden, indem er die Thatsachen anführt, aus welchen sich die ziffernmäßige Höhe des Schadenanspruchs ergiebt, und die Beweismittel, durch deren Erhebung der Beweis für die Wahrheit der Thatsachen erbracht werden soll. Das Liquidationsverfahren, welches mit einer Entscheidung des Richters endigt, zielt darauf ab, die noch illiquide Forderung liquid zu machen. Eine andere Bedeutung hat die L. eines Geschäfts, d. h. die Einziehung der Außenstände und Versilberung der Bestände unter Aufgabe von Neuanschaffungen zum Zweck der Auflösung des Geschäfts. Daher bezeichnet auch Liquidieren soviel wie die Zahlungen einstellen und Konkurs anmelden.

In jenem Sinne einer Auflösung des Geschäftsbetriebes wird von der L. einer Gesellschaft, namentlich einer Handelsgesellschaft (s. d.) oder einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft gesprochen. Das Deutsche Handelsgesetzbuch hat die dafür maßgebenden Rechtsgrundsätze zunächst für die Offene Handelsgesellschaft (s. d.) aufgestellt. Die L. dieser Gesellschaften hat zu erfolgen, wenn dieselben in anderer Weise als durch Konkurs aufgelöst werden. Auch wenn die Gesellschaft auf andere Weise aufgelöst wird, tritt eine L. dann nicht ein, wenn einer der Gesellschafter oder ein Dritter das Gesellschaftsvermögen im ganzen übernimmt oder wenn sich die Gesellschafter sofort das Vermögen realiter teilen. Die L. erfolgt außergerichtlich für Rechnung der Gesellschafter. Bis zu deren Beendigung besteht die Gesellschaft unter gesetzlichen Modifikationen fort, es können auch neue Geschäfte abgeschlossen werden, soweit das zu den Zwecken der L. erforderlich ist.

Liquidatoren sind die Personen, welche die L. durchführen; sie sind, wenn schon sie für Rechnung der Gesellschafter handeln, die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft, nicht deren Bevollmächtigte, so daß in notwendig werdenden Prozessen die Liquidatoren die Eide zu schwören haben. Jedoch haben die Liquidatoren den Gesellschaftern gegenüber den von diesen einstimmig getroffenen Anordnungen bei der Geschäftsführung Folge zu leisten. Liquidatoren sind, wenn nicht durch einstimmigen Beschluß der Gesellschafter oder durch den Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt ist, die sämtlichen bisherigen Gesellschafter oder deren Vertreter. Ist einer der Gesellschafter gestorben, so haben dessen Rechtsnachfolger einen gemeinschaftlichen Vertreter zu bestellen. Auf den Antrag eines Gesellschafters kann aus wichtigen Gründen die Ernennung von Liquidatoren durch den Richter erfolgen. Soweit in dieser Beziehung Streit unter den Gesellschaftern besteht, entscheidet der Prozeßrichter, sonst der durch das Landesgesetz bestimmte Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit (in Preußen das Amtsgericht). Als wichtiger Grund gilt z. B. Feindseligkeit der Gesellschafter untereinander, geschäftliche Unfähigkeit, nachgewiesene Unredlichkeit. Die Abberufung der Liquidatoren geschieht durch einstimmigen Beschluß aller Gesellschafter; die Liquidatoren haben Folge zu leisten, auch wenn sie durch Vertrag mit den Gesellschaftern gegen Honorar auf längere Zeit berufen waren, vorbehaltlich ihrer Entschädigungsansprüche. Die Abberufung kann auch auf den Antrag eines Gesellschafters aus wichtigen Gründen durch den