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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Luxemburg (Provinz) - Luxemburgische Eisenbahnen

es im deutschen Zollverein, und Preußen übte nach wie vor das Besatzungsrecht der Festung L. aus. Verhandlungen Napoleons III. mit dem König-Großherzog über den Ankauf des Landes durch Frankreich führten 1867 beinahe zu einem Kriege zwischen Frankreich und Preußen (vgl. Frankreich, Bd. 7, S. 110), der durch den Londoner Vertrag vom 11. Mai 1807 noch vermieden wurde. Nach diesem Vertrage steht L. als neutrales Land unter der Garantie der europ. Mächte; Preußen gab sein Besatzungsrecht auf, und die Festung L. wurde geschleift. Durch Vertrag vom 8. Juli 1867 wurde die Zollvereinigung mit Deutschland erneuert, und durch Vertrag vom 11. Juni 1872 übernahm das Deutsche Reich auf 40 Jahre den Betrieb der Luxemburger Wilhelmsbahn. Nach dem 23. Nov. 1890 erfolgten Tode Wilhelms III. folgte ihm nach dem Erbverein von 1783 der Großherzog Adolf (s. d.), ehemaliger Herzog von Nassau, in der Regierung, nachdem er im April 1889 vorübergehend und dann 6. Nov. 1890 wegen der Erkrankung des Königs die Regentschaft übernommen hatte.

Litteratur. Publications de la section historique de l'Institut de Luxembourg (14 Bde., Luxemb. 1846-95); Schotter, Geschichte des Luxemburger Landes (ebd. 1882); Ruppert, Les lois et réglements sur l'organisation politique, judiciaire et administrative du Grand-Duché L. (ebd. 1885); Glaesener, Le Grand-Duché de Luxembourg historique et pittoresque (Diekirch 1885); Statistiques historiques publiées par le Gouvernment R. G. D. à l'occasion du cinquantenaire de l'indépendence du Grand-Duché (ebd. 1889-92); Eyschen, Staatsrecht des Großherzogtums L., im "Handbuch des öffentlichen Rechts", hg. von Marquardsen (Freib. i. Br. 1890); Joanne, Belgique et Grand-Duché L. (Par. 1894).

Luxemburg, Provinz im SO. Belgiens, hat auf 4418 qkm (1892) 212 171 E. Sie ist die größte, aber auch am dünnsten bevölkerte (48 auf 1 qkm) des Landes, wird von den Ardennen (s. d.) erfüllt. 18 Proz. der Erwerbenden sind in der Industrie (Eisengruben, Schieferbrüchen, Leder- und Tuchfabrikation), 49 Proz. in der Landwirtschaft thätig. Ourthe und Semoy sind die wichtigsten Flüsse. Hauptort ist Arlon (s. d.), daneben Bastogne und St. Hubert. L. wurde 1839 durch die Londoner Konferenz vom Großherzogtum L. abgetrennt.

Luxemburg, ehemals Lützelburg, Hauptstadt des Großherzogtums L., 1815-66 deutsche Bundesfestung, liegt teils auf einer steil abfallenden, felsigen Hochebene, teils in dem von der Alzette und dem Petrusbache durchflossenen Grunde, an den Linien Saarburg-L. (154 km) und L.-Diekirch-Ulflingen (69 km) der Elsaß-Lothr. Eisenbahnen, Trier-L. (51,4 km) der Preuß. Staatsbahnen, L.-Bettingen (17,8 km) und der Nebenbahn L.-Remich (27,2 km), ist Residenz des Großherzogs, Sitz der Regierung, der Verwaltungsbehörden und des Bischofs und hatte 1890: 18 187, 1895: 19 909 E., darunter 456 Evangelische und 357 Israeiiten. Die Stadt besteht aus der einem Bergschloß ähnlichen Oberstadt und den Unterstädten Pfaffenthal im N., Clausen im O. und Grund im S., die letztern beiden durch eine ehemals stark befestigte Felswand, den Bock, geschieden. An Stelle der frühern Festungswerke sind Parkanlagen und neue Straßen getreten, besonders an der westl. und südl. Seite. Vier Viadukte überbrücken die Flußthäler.

^[Abb.]

Gebäude und Denkmäler. Von den 7 kath. Kirchen hat die got. Kathedrale ein Renaissanceportal (1621) und einen Lettner im Barockstil; ferner bestehen eine evang. Kirche und eine Synagoge l1884). Die in den Felsen eingehauene Quirinuskapelle im Petrusthal birgt einen Altarstein mit roman. Skulptur. Der Palast des Großherzogs (1580) wurde 1893/94 völlig umgebaut; das Stadthaus enthält eine Sammlung von Gemälden franz. und niederländ. Meister. Von dem prächtigen Schloß und den Wundergärten des span. Statthalters Fürsten von Mansfeld (1545-1604) in der Vorstadt Clausen sind nur noch wenige Mauern und zwei Thorwege mit röm. Skulpturen vorhanden. Auf dem Wilhelmsplatz steht das Reiterstandbild (1884) des Königs-Großherzogs Wilhelm II. von Mercier, im Park das Denkmal der ersten Gemahlin des Prinzen Heinrich der Niederlande, Amalia, geborene Prinzessin von Sachsen-Weimar, von Ch. Pètre. Weit bekannt ist die Muttergottesoktave, die am fünften Sonntage nach Ostern mit einer glänzenden Prozession geschlossen wird, an der Tausende von Wallfahrern sich beteiligen.

L. hat ein Athenäum mit Priesterseminar, Normalschulen sür Lehrer und Lehrerinnen, ein Taubstummeninstitut, eine Stadtbibliothek und ein Altersheim, Stiftung der Familie Pescatore. Handel und Gewerbthätigkeit haben seit Schleifung der Festung bedeutend gewonnen. Es bestehen Gerbereien, Handschuh-, Tricot- und Tuchfabriken, Tabakfabriken, Brauereien, eine Filiale der Epernayer Champagnerfabrik Mercier & Co., besuchte Märkte sowie mehrere Banken, darunter die unter Staatsaufsicht stehende Internationale (Noten-) Bank.

Geschichte. Die Stadt L. entstand allmählich um die alte Burg Lucilienburhuc. Schon im 10. Jahrh. wurde die erste Befestigung angelegt, die später bedeutend verstärkt wurde. Der Herzog Philipp von Burgund eroberte 1443 die Festung, und 1543, und wieder 1684 nahmen sie die Franzosen. Durch den Ryswijker Frieden wurde sie 1697 den Spaniern wieder eingeräumt, doch waren die Festungswerke inzwischen von Vauban ausgebaut worden. Im franz. Revolutionskriege mußte sie sich 7. Juni 1795 nach achtmonatiger enger Einschließung den Franzosen ergeben. Beim Einmarsch der Verbündeten in Frankreich wurde L. 14. Jan. 1814 eingeschlossen und blieb es bis zur Übergabe an den König der Niederlande 1815. Von 1815 bis 1866 war L. deutsche Bundesfestung, deren Besatzungsrecht Preußen zustand. Seit 1868 wurde die Festung in Ausführung des Londoner Vertrags vom 11. Mai 1867 in eine offene Stadt umgewandelt. - Vgl. Coster, Geschichte der Festung L. seit ihrer Entstehung bis zum Londoner Traktat von 1867 (Luxemb. 1869).

Luxemburgische Eisenbahnen. Die L. E. befinden sich im Besitz von vier Gesellschaften. 1) Zur Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahn (Sitz der Direktion in Luxemburg) gehören a. die an die Generaldirektion der Reichseisenbahnen verpachteten und in Luxemburg belegenen Strecken, zusammen 186,66 km, darunter 174,04 km ältere Strecken, sowie die Linie Esch-Redingen in Lothringen mit 12,20 km; b. die an die preuß. Eisenbahndirektion Köln verpachtete Strecke Ullfingen-