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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Luxemburg (Großherzogtum)

maßgebend. Neben dem obersten Gerichtshof bestehen zwei Bezirksgerichte (L. und Diekirch); jeder Kanton hat ein Friedensgericht.

Die drei Distrikte, an deren Spitze Distriktskommissare stehen, werden in Kantone eingeteilt, zusammen 12 Kantone mit 131 Gemeinden.

Seit Auflösung des Deutschen Bundes wird die bewaffnete Macht des Landes nach den Gesetzen und Verordnungen vom 16. Febr. und 2. März 1881, 25. März und 29. April 1885 gebildet aus einer Compagnie Freiwilliger von 6 Offizieren und 140-170 Mann, deren Stärke im Notfall auf 250 Mann gebracht werden kann, und einer in 32 Brigaden im Lande verteilten Compagnie Gendarmen von 2 Offizieren und 135 Mann. Die Wehrpflicht ist seit 1881 aufgehoben. Das Kommando führt ein Major. An Orden hat L. den Orden der Eichenkrone (s. d.), den 1858 gestifteten Nassauischen Hausorden vom goldenen Löwen und den ehemals Nassauischen Verdienstorden Adolfs von Nassau, gestiftet 1858. Das Wappen bildet ein zehnmal Silber über Blau gestreifter Schild mit einem aufgerichteten, doppelt geschwänzten, gekrönten roten Löwen mit ausgeschlagener Zunge (wie das der Stadt, S. 405). Die Farben sind Rot-Weiß-Blau.

Geschichte. L. hat seinen Namen von einer alten Burg, die Graf Siegfried von den Ardennen 963 durch Tausch an sich brachte und zum Mittelpunkt seiner im Wawer-, Mosel- und Ardennengau liegenden Besitzungen machte. Von seinen spätern Nachkommen wurde Hermann, Graf von Salm, Bruder des Grafen Konrad I. von L., als Gegenkönig des Kaisers Heinrich IV. gewählt (1081). Mit Konrad II., dem achten Grafen von L., erlosch 1136 die männliche Linie des Hauses, und die Grafschaft ging an die Nachkommen der Ermesinde, der Tochter Konrads I. (gest. 1086), über, die mit dem Grafen Gottfried von Namur verheiratet war. Ihr Sohn, Heinrich der Blinde, wurde nun Graf von Luxemburg-Namur(1136-96). Nach seinem Tode ging die Grafschaft Namur an Balduin IV. von Hennegau über, während die Grafschaft L. der einzigen Tochter Heinrichs, Ermesinde, überlassen ward. Diese vermählte sich in zweiter Ehe mit Walram IV., Herzog von Limburg und Markgraf von Arlon, wodurch die Markgrafschaft Arlon auf immer mit L. vereinigt wurde. So wurde ihr Sohn, Heinrich V., der Blonde (1247-81), Stifter der Dynastie Luxemburg-Limburg; sein Sohn Heinrich VI. (1281-88) fiel in der Schlacht von Worringen, infolge deren das Herzogtum Limburg an Brabant kam. Heinrichs V. Enkel, Heinrich VII. (s. d.), wurde 1308 zum deutschen König erwählt. Er brachte durch die Vermählung seines Sohnes Johann (s. d.) mit Elisabeth, der jüngern Schwester des Königs Wenzel III. von Böhmen, 1311 Böhmen an sein Haus.

Johanns ältester Sohn, Karl IV. (s. d.), der 1346 zum deutschen König gewählt worden war, überließ 1353 die Grafschaft L. seinem Stiefbruder Wenzel und erhob L. 1354 zu einem Herzogtum. Da Wenzel kinderlos starb (1383), vererbte er das Herzogtum seinem Neffen, dem König Wenzel von Böhmen, der es 1388 seinem Vetter, dem Markgrafen Jodocus von Mähren, verpfändete; als nach Jodocus' Tode (1411) das Herzogtum wieder an Wenzel fiel, übergab dieser es seiner Nichte Elisabeth, der Tochter Johanns, des Herzogs von Görlitz, die in erster Ehe mit dem Herzog Anton von Burgund, in zweiter Ehe mit Johann von Bayern, Grafen von Holland, vermählt war. Elisabeth trat 1443 alle ihre Rechte auf das Herzogtum an Philipp den Guten von Burgund ab. Durch die Vermählung Marias, der Erbin von Burgund, mit dem Erbherzog Maximilian 1477 kam L. an das Haus Habsburg, unter Kaiser Karl V. mit den Niederlanden 1555 an Spanien, blieb aber als ein Teil des burgund. Kreises bei dem Deutschen Reiche. Im Pyrenäischen Frieden von 1659 mußte jedoch Spanien einen Teil von L., Diedenhofen, Montmedy, Damvillers, Ivoix-Carignan, Chavancy und Marville an Frankreich abtreten. Durch die Reunionskammer von Metz wurde L. Ludwig XIV. von Frankreich zugesprochen und stand nun 1684-97 unter franz. Herrschaft. Durch den Utrechter Frieden, 1713, kam es, mit Ausnahme des 1659 abgetretenen Teils, an Österreich, bis es 1794-95 von Frankreich erobert und hierauf nebst den österr. Niederlanden im Frieden zu Campo-Formio 1797 an Frankreich abgetreten wurde. Unter franz. Herrschaft (1795-1815) bildete der größte Teil des frühern Herzogtums das Departement des Forêts.

Durch den Wiener Kongreß wurde L. als Großherzogtum ein besonderer deutscher Bundesstaat und dem Könige der Niederlande, Wilhelm I., als Entschädigung für den Verlust seiner nassauischen Erblande zugeteilt. Doch sollte die Stadt und Festung L. eine deutsche Bundesfestung und das Großherzogtum dem nassauischen Hausfide/ikommiß einverleibt sein. Auch sollten für die wechselseitige Succession der beiden Linien des Hauses Nassau in L. die nassauischen Erbvereine von 1783 gültig bleiben. Zugleich wurde zur Ausgleichung der Grenzen zwischen Preußen und den Niederlanden das gesamte Gebiet auf dem linken Ufer der Our und der Sauer und auf dem rechten Ufer der Mosel an Preußen abgetreten, dagegen kam der größte Teil des Herzogtums Bouillon als Standesherrschaft unter die Souveränität des Großherzogs von L., auch wurde ein kleiner Teil von Lüttich mit L. vereinigt.

1830 schloß sich L., mit Ausnahme der Bundesfestung und ihres Rayons, der Revolution an und wurde zu Belgien gezogen, bis 1839 eine neue Teilung vorgenommen wurde, bei der die wallonischen Quartiere wie auch ein größeres Stück deutschen Gebietes an Belgien abgetreten wurden. Der König-Großherzog sah sich nunmehr genötigt, dem Großherzogtum L., das entgegen den Bestimmungen des Wiener Kongresses bis dahin als holländ. Provinz behandelt worden war, eine eigene Verfassung zu geben, die aber erst 12. Okt. 1841 durch Wilhelm II. oktroyiert wurde. Da diese den Ansprüchen der Zeit nicht genügte, sah sich der König-Großherzog im April 1848 zur Einberufung der Ständeversammlung bewogen, die eine neue, im allgemeinen der belgischen nachgebildete Konstitution beriet, die auch 9. Juli im Haag sanktioniert und 10. Juli beschworen wurde. Wilhelms II. Nachfolger, Wilhelm III., ernannte 1850 seinen Bruder Heinrich zum Statthalter von L. Wegen der von Wilhelm III. beabsichtigten Revision der Verfassung von 1848 entspann sich im Okt. 1856 ein Kampf zwischen Kammer und Regierung, die 29. Nov. 1356 eine neue Verfassung oktroyierte, in der das Einkammersystem zwar beibehalten, dem Wirken der Kammer selbst aber sehr enge Grenzen gesetzt wurden. Am 17. Okt. 1868 wurde auch diese Verfassung teilweise geändert. Durch die Auflösung des Deutschen Bundes war L. 1866 selbständig geworden; doch blieb