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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Margarine - Marggrabowa

Margarine, ein Ersatzmittel für Butter, früher rundweg Kunstbutter (s. d.) genannt. Die Initiative zur Darstellung dieses Produkts ist von Napoleon III. ausgegangen, welcher 1869 dem Chemiker Mège-Mouriès den Auftrag erteilte, zu untersuchen, ob es möglich sei, eine Butter zu bereiten, die wohlschmeckend, nahrhaft, unschädlich, dauerhaft, aber billiger sei als die natürliche Butter. Das Ergebnis dieses Auftrags ist die Entstehung eines neuen Industriezweigs geworden. Als Rohmaterial dient dazu das Fett von ganz frisch geschlachteten Rindern, welches zwischen Eis geschichtet von den Schlachthöfen den Fabriken zugeführt und hier zuerst durch Waschen in Wasser von 17° von allem anhängenden Blut, Schleim u. dgl. befreit wird. Hierauf folgt eine durch Maschinen ausgeführte Zerkleinerung, durch welche die das Fett umhüllenden Gewebe zerrissen werden sollen. Das zerkleinerte Material kommt in einen verschließbaren, mit einem Rührwerk versehenen Kessel, in welchem es in Wasser allmählich auf eine Temperatur von höchstens 45° C. gebracht wird. Dabei schmilzt das Fett und trennt sich beim ruhigen Stehen von dem Wasser und den Gewebteilen. Das an die Oberfläche gestiegene Fett wird hiervon abgezogen und in flachen Blechgefäßen bis zu 25° C. abgekühlt. Hierbei erstarren die schwerer schmelzbaren Teile des Fettes, das Stearin und das Palmitin (früher als eine einzige chem. Verbindung betrachtet und Margarin oder Margarinsäure [s. d.] genannt), während die leichter schmelzenden Anteile, die als Oleomargarin bezeichnet werden, flüssig bleiben. Die Masse wird einer hydraulischen Pressung unterworfen, wobei der flüssige Teil abfließt, während der feste zurückbleibt, welcher ein wertvolles Material für die Kerzenfabrikation bildet. Das flüssige Margarin wird mit dem vierten Teil seines Gewichts frischer Milch in eine Buttermaschine gebracht, wo es so lange bearbeitet wird, bis eine Masse entstanden ist, die in ihrer Beschaffenheit den beim Buttern aus Sahne ausgeschiedenen Butterkügelchen nahe kommt; diese wird dann ebenso wie gewöhnliche Butter durch Waschen, Kneten, Salzen weiter bearbeitet und nach Zusatz von Butterfärbemitteln (s. d.) und aromatischen Stoffen (Cumarin, Buttersäureester) als M. in den Verkehr gebracht. Bei der zunehmenden Verbreitung der M. als Speisefett wurde das genannte ursprüngliche Verfahren der Darstellung bald abgeändert, um größere Ausbeuten zu erzielen. Durch Erhöhung der Temperatur beim Ausschmelzen des Rohtalgs auf 54-60° C. und stärkeres Pressen wird jetzt die Ausbeute an M. von 20 auf 60-62 Proz. erhöht und so allerdings ein festeres Fett erhalten, dessen Schmelzpunkt sich aber durch Zusatz billiger Pflanzenöle (Baumwollsamen-, Erdnuß-, Sesam- und Olivenöl) wieder in die normalen Grenzen herabdrücken läßt. Die Einführung dieses Zusatzes gestattet auch, außer Rindstalg die verschiedensten andern Fettarten, die heute zum großen Teil aus Amerika und Australien eingeführt werden, auf M. zu verarbeiten (Deutsches Reichspatent Nr. 19011 von Huët in Paris), wobei allerdings hygieinische Bedenken erwachsen. - Ein dem deutschen Reichstag vorgelegtes Margarinegesetz zur Bekämpfung des unlautern Wettbewerbs mit der Butter wurde zwar 2. Juli 1896 vom Reichstag angenommen; da aber das in zweiter Lesung angenommene Färbeverbot und die von der Kommission hinzugefügte Bestimmung, für Butter und M. getrennte Verkaufsräume zu halten, trotz des Widerspruchs der Regierung aufrecht erhalten wurden, hat der Bundesrat seine Zustimmung zu dem Gesetz versagt.

Margarinekäse, ein mit Margarine oder Abfällen der Margarinebereitung erzeugter Kunstkäse (s. Käse, Bd. 10, S. 211 b).

Margarinkrystalle, Krystalle von Fetten oder Fettsäuren, die sich in toten tierischen und pflanzlichen Geweben vorfinden und bei der mikroskopischen Untersuchung in Form langer Nadeln zu Bündeln oder Sternen vereinigt wahrgenommen werden.

Margarinsäure, eine Fettsäure von der Zusammensetzung C17H24O2, die synthetisch dargestellt worden ist. Früher glaubte man sie in den natürlichen Fetten aufgefunden zu haben; der betreffende Körper (Margarin) war jedoch ein Gemisch von Stearinsäure (10 Proz.) und Palmitinsäure (90 Proz.)

Margarit, s. Kalkglimmer.

Margarita, der 310. Planetoid.

Margarita, Insel vor der Küste Venezuelas, besteht aus zwei von W. gegen O. ziehenden, im Cerro-Macanao 1356 m aufsteigenden Bergketten, welche durch den Isthmus verbunden sind. Die Ausfuhr beschränkt sich auf Fische, Schildkröten, Schildpatt und Geflügel. Die Einwohnerzahl ist 40 000. Die Hauptstadt ist Asuncion. 7 km im Südosten davon liegt der Freihafen Pampatar.

Margaritana., s. Malermuscheln und Perlen.

Margariten, s. Globuliten.

Margate (spr. mahrget), Municipalborough und namentlich von London aus viel besuchtes Seebad in der engl. Grafschaft Kent, auf der Nordküste der Insel Thanet hübsch gelegen, im obern Teile schön gebaut, hat (1891) 18 419 E., normann. St. Johnskirche, Krankenhaus für Skrofulöse und trefflichen Sandstrand mit Hafendamm (368 m).

Margaux, s. Château-Margaux.

Marge (frz., spr. marsch'; vom lat. margo), Stand, Abstand, Spielraum; auch Börsenausdruck, z. B. für den Abstand des Emissionskurses vom Tageskurse eines Wertpapiers.

Margelan. 1) Kreis im südl.Teil des Gebietes Ferghana im russ.-centralasiat. Generalgouvernement Turkestan, hat 16 011,2 qkm und 160 162 E. - 2) M., auch Margiljan, früher Marghilan, Hauptstadt des Gebietes Ferghana und Kreisstadt im Kreis M., 65 km ostsüdöstlich von Kokan, ist von alten Mauern mit 12 Thoren umgeben, hat 40 000 E., meist Sarten, in Garnison das 6. orenburgische Kosakenregiment, Telegraph, viele Moscheen, Ackerbau, Seidenzucht und bedeutenden Handel. In M. soll Alexander d. Gr. begraben sein. Die russ. Verwaltung befindet sich in dem 16 km südöstlich entfernten Neu-Margelan.

Margeride (spr. marsch'rihd), Montagnes de la, Gebirgskette in den franz. Depart. Lozère und Cantal, zwischen Truyère und dem obern Allier, im Randon 1554 m hoch, verknüpft die Cevennen mit dem Centralmassiv und bildet die Wasserscheide zwischen Garonne und Loire.

Marggrabowa, Kreisstadt im Kreis Oletzko des preuß. Reg.-Bez. Gumbinnen, 8 km von der russ. Grenze, am Legafluß und der Nebenlinie Insterburg-Lyck der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes des Kreises Oletzko und eines Amtsgerichts (Landgericht Lyck), hat (1895) 5047 (1890: 4887) E., darunter 108 Katholiken und 67 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph, evang. und kath. Kirche, Landwirtschaftsschule, Kreiskrankenhaus, Kreisspar-^[folgende Seite]