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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mehemed Ali Pascha - Mehlfabrikation

stantinopel, um die Erbfolge seines ältesten Sohnes Ibrahim Pascha bestätigen zu lassen; gegen Ende seines Lebens verfiel er gänzlich in Stumpfsinn und starb 2. Aug. 1849. Ihm folgte, da Ibrahim bereits vor ihm gestorben war, sein Enkel Abbas Pascha (s. d. und Ägypten, Geschichte). - Vgl. Mouriez, Histoire de Méhémet-Ali (4 Bde., Par. 1855-58); Prokesch-Osten, M. A., Vicekönig von Ägypten. Aus meinem Tagebuche 1826-41 (Wien 1877).

Mehemed Ali Pascha, türk. Marschall (Serdar-Etrem), hieß ursprünglich Karl Detroit, wurde 18. Nov. 1827 zu Brandenburg an der Havel geboren und ging Ende 1843 als Schiffsjunge nach der Levante. In Konstantinopel entfloh er vom Schiff und fand an dem spätern Großwesir Aali Pascha einen Könner, der ihn von 1846 ab die türk. Kriegsschule besuchen ließ. M. A. P. trat zum Islam über und wurde 1853 türk. Offizier. Er zeichnete sich im Orientkrieg aus und machte 1861 den Feldzug gegen Montenegro mit. Er wurde 1863 zum Oberst und Bei, 1865 zum Brigadegeneral und Pascha befördert. M. A. P. begleitete 1867 den Muschir Hussein Avni Pascha nach Kreta, wurde nach Unterdrückung des kretischen Aufstandes Divisionsgeneral und unterdrückte das Räuberwesen an der griech. Grenze. Als 1875 der Aufstand in der Herzegowina um sich griff, wurde M. A. P. nach Bosnien berufen und zum Marschall ernannt. 1877 wurde ihm der Oberbefehl über die im östl. Bulgarien versammelte Donau-Armee übertragen. M. A. P. zog sein Heer bei Schumla zusammen und rückte, 60 000 Mann stark, gegen Tirnova. Ein russ. Korps schlug er 31. Aug. mit großem Verlust zurück und besiegte 5. Sept. das 12. und 13. russ. Korps bei Kacelevo, wodurch die ganze Lomlinie in Besitz deo türk. Heers gelangte. Er befestigte dann das rechte Ufer des Lom und rückte 13. Sept. gegen Bjela vor, schlug 14. Sept. das 13. russ. Korps bei Sinankioi, wurde jedoch 21. Sept. bei Crkovna geschlagen und zum Rückzug hinter den Lom genötigt. Am 2. Okt. wurde M. A. P. durch Suleiman Pascha ersetzt. Nach dem Fall von Plevna zur Organisation einer neuen Armee nach Rumelien entsendet, wurde er 9. Jan. 1878 zum Serdar-Ekrem ernannt und zum Abschluß eines Waffenstillstandes mit Rußland ermächtigt. M.A.P. war im Juni 1878 zweiter Bevollmächtigter der Pforte beim Berliner Kongreß und ging im September nach Albanien, um die aufständischen abzutretenden Grenzbezirke zu unterwerfen. Aber schon 7. Sept. 1878 wurde er von den Albanesen in Djakowa getötet.

Mehkemeh (Mehrzahl Mehakim), Gericht, ursprünglich das altislamitische Tribunal, in dem der Kadi (s. d.) nach dem Scher' i-Scherif, dem sog. heiligen Recht, seine inappellabeln Urteilssprüche fällt. Gegen die Macht der M., die früher sogar Todesurteile selber exekutieren lassen konnte, waren in der Türkei seit Anfang des 19. Jahrh. Die civilisatorischen Bemühungen der europ. Diplomatie gerichtet, und schon gegen 1840 gelang es durch Errichtung der Handelsgerichte, Tidscharet-Medschlissi, den M. die aus dem vorzugsweise modernen Geschäftsleben sich ergebenden Rechtsfragen zu entziehen. Die neuere türk. Gerichtsorganisation unterscheidet Mehakim i-nizâmie, auf den bürgerlichen Gesetzen beruhende weltliche Gerichte und Mehakim i-Scherie, die alten geistlichen Gerichte. Die Wirksamkeit der letztern beschränkt sich jetzt im allgemeien ^[richtig: allgemeinen] auf Fragen des Ehe- und Erbrechts. Im Volksmunde versteht man noch heute unter M. das geistliche Gericht.

Mehl, s. Mehlfabrikation.

Mehlauken, Dorf im Kreis Labiau des preuß. Reg.-Bez. Königsberg, an der Elxne und der Linie Königsberg-Tilsit der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Königsberg), hat (1895) 585 (1890: 516) meist evang. E., Post, Telegraph, Kreislazarett, Siechenhaus und Präparandenanstalt.

Mehlbeerbaum, s. Eberesche.

Mehlbrust, Singvogel, s. Gartensänger.

Mehlcylinder, s. Mühlenbeutelmaschinen.

Mehldorn, Mehlfäßchen, Pflanzenart, s. Crataegus.

Mehlfabrikation oder Müllerei, das Verfahren, aus Getreide Mehl und Gries unter Abscheidung der Schalen oder Kleie zu erzeugen. Die M. erstrebt die Herstellung kleiefreien Mehls und mehlfreier Kleie. Die Kunst, aus Getreidekörnern Mehl zu bereiten, ist sehr alt. Moses und Homer erwähnen bereits Getreidemühlen mit zwei Steinen. Die ersten durch Wasser betriebenen Mühlen beschreibt Vitruvius, und die ersten Windmühlen sind gegen Ende des 11. Jahrh. in Deutschland in Betrieb gekommen. Um die Verbesserung der Mühlenbetriebseinrichtungen scheint sich von alters her die deutsche Nation verdient gemacht zu haben, da in ältern Schriften des deutschen Mühlenbaues und der deutschen Müllerei mit Anerkennung gedacht wird. Mangelnder Verkehr und zünftige Schranken hatten die Müllerei jahrhundertelang in engbegrenzten Verhältnissen verharren lassen. Erst die Vervollkommnung der Dampfmaschine durch Watt, der nordamerikanische Unabhängigkeitskampf und die französische Revolution schufen die Grundlagen, auf denen sich die Müllerei zu ihrer heutigen Vollkommenheit und Bedeutung entwickeln konnte. Unter diesen Ereignissen war für die Müllerei die Vervollkommnung der Dampfmaschine das bei weitem wichtigste, da die Dampfmaschine der Müllerei die unbegrenzte und an keinen Ort gebundene Triebkraft bot und durch sie die Verkehrsverhältnisse so vervollkommnet wurden, daß die Mühlen heute in allen Erdteilen ihren Bedarf an Getreide decken und ihren Absatz für die Mahlerzeugnisse finden können. Diese Verhältnisse haben auch den Geschäftsbetrieb auf andere Grundlagen gestellt; die ehemaligen Lohn- oder Kundenmühlen haben sich in Handelsmühlen verwandelt und sind damit Gegenstand des weit schauenden kaufmännischen Unternehmungsgeistes geworden. Die erste Dampfmühle wurde 1784 in London, die erste engl. Mühle in Frankreich 1818 in St. Quentin und die erste Dampfmühle in Deutschland nach engl.-amerik. Weise 1825 in Magdeburg errichtet. Seitdem haben sich alle großen Nationen lebhaft um die Entwicklung des Mühlenbaues und die Vervollkommnung des Mahlverfahrens bemüht. Die Amerikaner führten mechan. Einrichtungen zur Förderung des Mahlgutes (Aufzüge und Schnecken), den Mehlcylinder sowie die Seidengaze ein, Einrichtungen, welche so hoch geschätzt wurden, daß die mit denselben arbeitenden Mühlen früher Amerikanische Mühlen genannt wurden. Die Engländer machten sich um die Anwendung der Dampfkraft und die konstruktive Ausbildung der eisernen Mühlenstuhlungen verdient. Die Franzosen zeichneten sich durch die Einführung eigenartiger und trefflich arbeitender Getreidereinigungsmaschinen (Tarar, Trieur, Schlä-^[folgende Seite]