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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Menschenraub; Menschenrechte; Menschensohn; Menschenverluste im Kriege

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Menschenraub - Menschenverluste im Kriege

gestellt (hierzu Karte: Die Verbreitung der Menschenrassen nach F. Müller und O. Peschel): A. Wollhaarige Rassen, a. Büschelhaarige: I. Hottentotten und Buschmänner, II. Papua, b. Vließhaarige: III. Afrik. Neger, IV. Kaffern (Bantu). B. Schlichthaarige Rassen. a. Straffhaarige: V. Australier, VI. Hyperboreer, VII. Amerikaner, VIII. Malaien, IX. Mongolen oder Hochasiaten, b. Lockenhaarige: X. Nuba-Fulbe, XI. Drâvida, XII. Mittelländer. Müllers Einteilung wurde von O. Peschel ("Völkerkunde", Lpz. 1874; 6. Aufl., bearbeitet von A. Kirchhoff, 1885), jedoch mit Hinweglassung des Einteilungsgrundes nach der Beschaffenheit der Behaarung und unter Zusammenziehung mehrerer Rassen in eine, angenommen. Peschel stellte folgende sieben Rassen auf (s. Karte): I. Australier, II. Papua, III. Mongolen, IV. Drâvida, V. Hottentotten und Buschmänner, VI. Neger, VII. Mittelländische Rasse. In neuester Zeit arbeiten namentlich R. Virchow und seine anthropol. Schule an den notwendigen exakten Grundlagen für ein wahrhaft natürliches System der Menschheit, diesen bisher genannten mehr oder weniger künstlichen Systemen gegenüber. (S. Mensch.)

Menschenraub (Plagium) kann in der eigentlichen, dem röm. Recht zu Grunde liegenden Bedeutung nur da vorkommen, wo es Sklaverei giebt, indem dieses Verbrechen darin besteht, einen freien Menschen widerrechtlich zum Sklaven zu machen. Diejenigen analogen Verbrechen, welche man gegenwärtig unter M. begreift, sind Abarten der Freiheitsberaubung. Hauptsächlich rechnet man hierher diejenige widerrechtliche Handlung, wodurch jemand durch Entziehung seiner Freiheit in den Zustand einer dauernden Abhängigkeit von fremder Gewalt versetzt oder in entfernte Weltgegenden geschleppt wird, also das Versetzen in Leibeigenschaft, in fremden Kriegs- oder Schiffsdienst, die sog. Seelenverkäuferei u. dgl.; ferner Kinderdiebstahl (Kinderraub) und Verkauf von Kindern an Seiltänzer, Bettler u. s. w. Das Deutsche Reichsstrafgesetzbuch bedroht in §. 234 mit Zuchthaus denjenigen, welcher sich eines Menschen durch List, Drohung oder Gewalt bemächtigt, um ihn in hilfloser Lage auszusetzen oder in Sklaverei, Leibeigenschaft oder in auswärtige Kriegs- oder Schiffsdienste zu bringen. Nach §. 235 werden mit Gefängnis bestraft diejenigen, welche eine minderjährige Person durch List, Drohung oder Gewalt ihren Eltern oder ihrem Vormund entziehen, mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren, wenn die Handlung in der Absicht geschieht, die Person zum Betteln oder zu gewinnsüchtigen, unsittlichen Zwecken oder Beschäftigungen zu gebrauchen. Das österr. Strafgesetz rechnet auch die unbefugte Werbung für den Soldatenstand zum M. In der Brüsseler Kongreßakte von 1890 (s. Sklaverei) haben die Vertragsstaaten die Verpflichtung übernommen, Sklavenraub und Sklavenhandel unter Strafe zu stellen. Deutschland hat diese Verpflichtung durch Gesetz vom 28. Juli 1895 erfüllt. - Vgl. von Liszt, Lehrbuch des deutschen Strafrechts (7. Aufl., Berl. 1896).

Menschenrechte nannte man in und seit der franz. Revolutionszeit gewisse Lebensbeziehungen, welche man als ewige, unveräußerliche, den Menschen kraft ihrer über die Tierwelt erhabenen Natur zustehende Rechte betrachtete; sie sollten auf der Anerkennung der Persönlichkeit, ohne welche weder Rechte noch Pflichten denkbar sind, beruhen. Die Aufklärungsphilosophie des 18. Jahrh. stellte zuerst die Freiheit der Person als rechtsphilos. Princip auf. Vorzugsweise die franz. Nation bildete diese Grundidee zur Weltanschauung aus und knüpfte daran eine Reihe praktischer Forderungen, die ihre positive Anerkennung zunächst in Nordamerika erhielten, wo der Kongreß der Vereinigten Staaten 1776 die M. als die leitenden Grundsätze des Staatsrechts anerkannte. In der Französischen Revolution wurde im Aug. 1789 die berühmte Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers (Déclaration des droits de l'homme et du citoyen) zum Dekret erhoben und hierauf der Konstitution vom 3. Sept. 1791 einverleibt. Als der Nationalkonvent nach Proklamation der Republik die Verfassung änderte, brachte Robespierre eine neue Erklärung der M. zu stande, die als das Seitenstück zur Verfassungsurkunde vom 24. Juni 1793 das Mißfallen aller Gemäßigten erregte. Nach dem Sturze der Schreckensherrschaft fügte darum der Konvent der Konstitutionsakte vom 5. Fructidor des J. III (22. Aug. 1795) eine modifizierte und geordnete Erklärung der M. bei. Die Grundrechte, die hiernach dem Menschen im Staate und in der Gesellschaft zukommen, sind das Recht der Freiheit, Gleichheit, Sicherheit und des Eigentums. (Vgl. Sieyès, Reconnaissance et exposition des droits de l'homme et du citoyen, Versailles 1789.) Die Erklärung der Rechte von 1789 fügte noch ausdrücklich die Freiheit des Gewissens, des Kultus, der Meinungsäußerung und der Presse, die von 1793 außerdem das Recht des Bürgers auf Unterricht, auf Unterstützung und, im Falle einer Gesetzesübertretung von seiten der polit. Autorität, das Insurrektionsrecht hinzu. Die Verfassung, welche den Ereignissen vom 18. Brumaire folgte, sowie die Institutionen des Kaiserreichs schwiegen von den allgemeinen Rechten und Pflichten. Dagegen erkannte die von Ludwig XVIII. 4. Juni 1814 verliehene Charte die allgemeinen M. als die Principien des öffentlichen Rechts wieder an. Dem Beispiel Frankreichs folgten die südamerik. Staaten, indem sie ihren Verfassungen allgemeine und leitende Rechtsgrundsätze voranstellten. Auch den sog. Grundrechten (s. d.), welche von der Deutschen Nationalversammlung aufgestellt wurden, lag dieselbe Idee zum Grunde, ebenso dem 2. Titel der preuß. Verfassungsurkunde ("von den Rechten der Preußen"). Die Reichsverfassung enthält solche "Grundrechte" nicht.

Menschensohn, stehende Selbstbezeichnung Jesu in den Evangelien, namentlich in den drei ersten. Über den Sinn, in welchem sich Jesus diesen Namen beigelegt hat, ist in neuerer Zeit viel gestritten worden. Wahrscheinlich hat er denselben mit Beziehung auf Dan. 7, 13 gewählt, wo der M., der in des Himmels Wolken erscheint, das Symbol des Reichs der "Heiligen des Höchsten", d. h. der israel. Weltherrschaft ist, im Unterschiede von den unter dem Bilde von Tiergestalten dargestellten heidn. Weltreichen. Der M. ist daher in Jesu Munde Bezeichnung seiner messianischen Würde.

Menschenverluste im Kriege, erstrecken sich auf die Armeen und bürgerlichen Bevölkerungen der kriegführenden Staaten und oft noch weit über deren Grenzen hinaus. Die Kämpfe sind durch die Einführung der Feuerwaffen wesentlich unblutiger geworden. Aus ältern Zeiten liegen nur spärliche und nicht immer verläßliche Zahlenangaben über die M. i. K. vor. Bei Cannä (210 v. Chr.) sollen die Römer 92 Proz. ihrer Streiter verloren haben. Aus dem