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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Meridianzeichen - Merinowolle

ment ist so aufgestellt, daß die Umdrehungsachse horizontal ist und in der Ost-West-Richtung liegt. Bei einer Drehung um dieselbe beschreibt das Fernrohr also einen größten Kreis, der mit dem Meridian zusammenfällt. Im Brennpunkte des Fernrohrs ist ein aus mehrern vertikalen und einem horizontalen Spinnefaden bestehendes Netz ausgespannt; an den vertikalen werden beim Durchgange eines Sterns durch das Gesichtsfeld die Antritte nach einer Sternzeituhr beobachtet und dabei der Stern gleichzeitig auf den horizontalen Faden eingestellt. Aus den einzelnen Antrittszeiten kann man die Zeit des Durchgangs des Sterns durch den Meridian berechnen, die Kreisablesung aber giebt die Höhe des Sterns über dem Horizont. Ist dann noch der Fehler der Uhr, Uhrstand, und die Polhöhe des Beobachtungsortes bekannt, so ergeben sich aus den beobachteten Größen Rektascension und Deklination des Sterns. Die dem Artikel Sternwarte beigefügte Tafel: Astronomische Instrumente II, Fig. 1, stellt einen aus der Werkstatt von Repsold & Söhne in Hamburg-Borgfelde hervorgegangenen M. neuer Konstruktion dar.

Meridianzeichen oder Mire, eine im Meridian eines Durchgangsinstruments in Entfernung von einigen Kilometern aufgestellte massive Säule, an der eine horizontale Teilung angebracht ist, die dazu dient, die Abweichung der Umdrehungsachse des Instrumentes von der Ost-West-Richtung unter Kontrolle zu halten. Neuerdings verwendet man hierzu Kollimator-Miren, d. h. große im Beobachtungsraume selbst auf isolirten Steinpfeilern aufgestellte Objektive von 190 und mehr Fuß Brennweite, in deren Brennpunkte, ebenfalls auf einem isolierten Pfeiler befestigt, eine massive Metallplatte aufgestellt ist, in der sich eine von rückwärts beleuchtete kleine Öffnung befindet, deren Mitte als M. benutzt wird.

Meridional (lat.), mittägig, südlich; auf den Meridian bezüglich.

Meridionalgebirge, s. Gebirge.

Mérimée, Prosper, franz. Schriftsteller, geb. 28. Sept. 1803 zu Paris, erwarb sich zuerst einen Namen durch das "Théâtre de Clara Gazul" (1825), Komödien in der Art der span. Intermezzos, und "Guzla" (1827), eine Sammlung illyr. Volkslieder, angeblich von H. Maglanowich, in Wirklichkeit von M. selbst. 1831 zum Aufseher der histor. Denkmäler in Frankreich ernannt, machte er mehrere archäol. Reisen, über welche er einige interessante Berichte erstattete. 1844 wurde er Mitglied der Académie française, 1853 Senator. Außerdem veröffentlichte M. anonym "La Jacquerie" (1828), histor. Sitten- und Charakterskizzen aus der Feudalzeit, und "La chronique du régne de Charles IX" (1829), eine Art histor. Roman. Seine Novellen erschienen als "Mosaïque" (1833), "Contes et nouvelles" (1846) und "Nouvelles" (1852). Die besten sind "Colomba", "Mateo Falcone", "Carmen", La Dame de Pique". M. starb 23. Sept. 1870 zu Cannes. Nach seinem Tode erschienen: "Dernières nouvelles" (Par. 1873), "Lettres à une inconnue" (2 Bde., ebd. 1873; 2. Ausg. 1874) mit einer Studie von H. Taine, und "Lettres à une autre inconnue" (ebd. 1875). Seine Briefe an Panizzi veröffentlichte Fagan (2 Bde., Par. 1881). - Vgl. Tamisier, M. l'écrivain et l'homme (Par. 1875); Tourneux, Bibliographie de M. (ebd. 1876); ders., Prosper M. (ebd. 1879); O. d'Haussonville, Prosper M. (ebd. 1888); Filon, M. et ses amis (ebd. 1894).

Merino (span.), ein köperbindiges Gewebe aus feiner Kammwolle, das gesengt oder geschert ist und durch Kalandern oder heißes Pressen eine glänzende Appretur erhalten hat, die ihn vom Tibet und Kaschmir unterscheidet. Bei den halbwollenen M. ist nur der Einschlag Kammgarn, während die Kette aus Baumwolle besteht. Auch wird M. ganz aus Baumwolle (baumwollener M.) hergestellt. Buntgewürfelte M. kommen unter dem Namen Köper-Gingham vor.

Merinogarn, in der Weberei aus feiner, kurzer Wolle (vom Merinoschaf) erzeugtes Garn; auch werden halbwollene Strumpfwirker- und Strickgarne so genannt.

Merinos, eine Gruppe von feinwolligen Schafrassen, welche nach den einen von jeher in Spanien einheimisch gewesen, nach andern von den Mauren eingeführt worden sind. Der Name stammt entweder von merino = dicht, auch kraus, oder von transmarina, übers Meer gekommen. Die M. wurden 1723 in Schweden, 1748 in Preußen, 1765 und 1779 in Sachsen eingeführt. In letzterm Lande entwickelte sich ihre Zucht zu solcher Höhe, daß unter dem Namen Elektoral (kurfürstlich, früher Escorial) der Inbegriff der feinsten Wolle verstanden wird. In Spanien scheidet man die Merinoherden oder Cavagnen in: 1) Negretti, fein; 2) Segovianer und Leoner, mittel; 3) Sorianer, grob. Die span. Merinozucht ist so zurückgegangen, daß man neuerdings mehrmals Zuchttiere aus Sachsen und Schlesien zur Blutauffrischung beziehen mußte. In Deutschland unterscheidet man in der Hauptsache drei große Gruppen der M.: die Elektorals (s. Tafel: Schafrassen II, Fig. 3), mit sehr feiner, aber kurzer Wolle, die Negrettis (Fig. 5), mit etwas weniger feiner, aber längerer Wolle (sog. Tuchwolle), und die Rambouillets (Fig. 5), mit noch weniger feiner, aber noch längerer Wolle (sog. Kammwolle). Als eine Abart der letztern Gruppe sind auch die seidenwolligen Mauchamps zu nennen. Während die Elektorals von kleinem Körperbau und die Negrettis von kräftigerer Statur sind, zeichnen sich die Rambouillets durch großes Körpergewicht aus und sind deshalb auch zur Mast mehr geeignet als die beiden erstem Gruppen. Infolge des Preisrückganges der sehr feinen Wollen und der lebhaftern Nachfrage nach Fleisch ist in neuerer Zeit die Zucht der feinwolligen M. sehr zurückgegangen, während sich die Rambouillets, von denen jetzt eine Reihe von Unterrassen mit verschiedener Zuchtrichtung vorhanden ist, verhältnismäßig mehr verbreitet haben. Da jedoch die Mehrzahl der übrigen Schafrassen, besonders der englischen, alle M. im Durchschnitt an Mastfähigkeit übertreffen, so wird in Deutschland die Zucht der M. nicht mehr so stark betrieben wie bis zur Mitte des 19. Jahrh. - Vgl. Körte, Das deutsche Merinoschaf (2 Bde., Bresl. 1862); Rohde, Das franz. Merinoschaf (Berl. 1864); A. von Weckherlin, Die landwirtschaftliche Tierproduktion, Bd. 3 (4. Aufl., Stuttg. 1865); Settegast, Bildliche Darstellung des Baues und der Eigenschaften der Merinowolle (Berl. 1869); von Nathusius, Vorträge über Viehzucht, Tl. 2 (ebd. 1880); Mitschke-Collande, Der praktische Merinozüchter (ebd. 1883); Bohm, Die Schafzucht (2. Aufl., ebd. 1891).

Merinowolle, eine vorzüglich feine, stark gekräuselte, feste, dabei weiche und elastische Wolle, die zu bessern Stoffen (Tuchen) verarbeitet wird und von den Merinos (s. d.) stammt.