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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Milde - Milford

Auflösung technisch zur Herstellung von Silberspiegeln, d. h. zum Überziehen von Glasplatten mit einer dünnen Silberschicht, an Stelle des weit weniger praktischen Zinnamalgams. In der Medizin benutzt man ihn als mildes Abführmittel, besonders für Kinder, ferner zum Verreiben und Verdünnen pulverförmiger Arzneimittel, und neuerdings besonders zur Korrektion der Kuhmilch für die Kinderernährung, da diese ärmer an M. ist als die Frauenmilch. Auch wird er zu sog. künstlichen Molkenpulvern verwendet, indem man ihn mit arab. Gummi zusammenreibt und in Wasser auflöst. Durch Kochen mit verdünnten Säuren oder durch Fermente spaltet sich der M. in Galaktose und Traubenzucker. Infolgedessen geht er, obgleich selbst nicht gärungsfähig, in Berührung mit Ferment in Alkoholgärung über und liefert dabei eine alkoholische Flüssigkeit, den Kumys der Tataren. Im Großhandel kosten (1894) 100 kg 130 M.

Milde, Hans Feodor von, Sänger, geb. 13. April 1821 zu Petronek bei Wien, war Schüler von Hauser und Garcia, ursprünglich aber für die jurist. Laufbahn bestimmt. Die Bühne betrat M. 1846 zuerst in Potsdam, kam aber schon 1848 nach Weimar, wo er bis 1884 als einer der ersten Baritonisten Deutschlands wirkte. Besonders bedeutend war M. in den Wagnerschen Opern.

Seine Gattin, Rosa M., geb. 25. Juni 1827 als Tochter des Klarinettisten Agthe, Schülerin von F. Götze, wirkte von 1845 bis 1867 gleichfalls an der Hofbühne zu Weimar, der sie wie ihr Gatte jetzt noch als Ehrenmitglied angehört.

Milden, deutscher Name von Moudon (s. d.).

Mildenburg, s. Miltenberg.

Mildenstein, Schloß und Bad, s. Leisnig.

Milder-Hauptmann, Pauline Anna, Sängerin, geb. 13. Dez. 1785 zu Konstantinopel, gest. 29. Mai 1838 zu Berlin, kam 1803 an die Hofoper zu Wien, 1810 nach Berlin, wo sie bis 1829 an der Hofoper thätig war. Für sie schrieb Beethoven die Partie des Fidelio. Durch ganz Deutschland war sie wegen ihrer herrlichen Stimmmittel berühmt.

Mildernde Umstände, besondere thatsächliche Verhältnisse eines Straffalles, die denselben in einem mildern Lichte erscheinen lassen, so daß die regelmäßige Strafe dafür zu streng sein würde. Solche Verhältnisse können sein: schlechte Erziehung, tadelloser Lebenswandel, Reue, geleisteter Schadenersatz, Selbstanzeige, Zorn, Trunkenheit u. s. w. Das Deutsche Reichsstrafgesetzbuch hat das System der M. U. nach Vorgang des Preuß. Strafgesetzbuchs dem franz. Rechte entlehnt, welches durch das Gesetz vom 28. April 1832 die circonstances atténuantes allgemein zur Milderung der harten Strafen des Code pénal einführte. Nach dem Deutschen Reichsstrafgesetzbuch können M. U. sowohl bei 56 Verbrechen (politische, Landfriedensbruch, Aufruhr, Münzfälschung, Sittlichkeitsverbrechen, Totschlag, schwere Körperverletzung und Freiheitsberaubung, schwerer Diebstahl, Hehlerei, Betrug, Urkundenfälschung, Brandstiftung und Amtsverbrechen in einigen Fällen, betrüglicher Bankrott) als auch bei 11 Vergehen (Widerstand, Verleumdung, Körperverletzung, Unterschlagung, Bestechung), nie aber bei Übertretungen angenommen werden. In diesen Fällen ist die Strafe der Art oder dem Maße nach milder als die ordentliche; wie weit, bestimmt das Reichsstrafgesetzbuch bei den einzelnen strafbaren Handlungen. Die Strafmilderung wegen jugendlichen Alters (Reichsstrafgesetzb. §.57) ist damit nicht zu verwechseln.

Milde Stiftung, fromme Stiftung (lat. pium corpus; pia causa, Stiftung (s. d.) zu religiösen Zwecken, für Wohlthätigkeit und Unterricht. Die M. S. standen nach röm. und kanonischem Recht unter der christl. Kirche, welche sie mit ihrer Persönlichkeit deckte und sie verwaltete, so daß ihnen auch die Privilegien der Kirche und der kirchlichen Anstalten zugesprochen wurden. Seit dem 16. Jahrh. stehen sie, insonderheit die seit der Zeit errichteten Stiftungen zu wohlthätigen und Unterrichtszwecken wie andere Stiftungen unter Aufsicht des Staates. Das Recht selbständiger Persönlichkeit (s. Juristische Person) kann in fast allen deutschen Staaten nur durch Verleihung des Staates erworben werden. Die M. S. haben noch heute mannigfache Vorrechte teils im bürgerlichen Verkehr, teils in Beziehung auf Befreiung von Steuern.

Mile (engl., spr. meil), Meile.

Mileschauer, Berg in Böhmen, s. Mittelgebirge.

Miles gloriosus (lat.), d. h. der ruhmredige Soldat, sprichwörtlich gewordener Titel einer Komödie des Plautus.

Milesische Märchen, s. Milet.

Milet, die mächtigste und reichste unter den ion. Städten Kleinasiens, auf einem Vorsprunge der Küste Kariens am Südrande des Latmischen Meerbusens gelegen, wurde nach der Tradition von ion. Auswanderern aus Attika im 10. Jahrh. v. Chr. gegründet. Die glückliche Lage der Stadt brachte ihren Handel und ihre Schiffahrt zur hohen Blüte; die Milesier dehnten ihren Verkehr und ihre zahlreichen Kolonien (80-90 sollen sie in der Blütezeit besessen haben) nach den Gestaden der Propontis (des Marmarameers), des Pontus Euxinus (Schwarzen Meers), bis zu der Mündung des Tanais (Don), andererseits nach Italien und nach Ägypten aus; berühmt war ihre Fabrikation feiner Wollzeuge. M. wußte den lydischen Fürsten (Krösus) und anfangs den Perserkönigen (Cyrus) gegenüber seine Selbständigkeit zu wahren; gerade damals, in das 6. Jahrh. v. Chr., fällt die höchste Blüte seiner Kultur; nur perserfreundliche Tyrannen herrschten. Als einer von diesen, Aristagoras, sich 499 gegen Persien erhob und den ion. Aufstand entzündete, ward M. 494 nach verzweifeltem Widerstand zerstört. Zwar siedelten sich bald wieder Griechen hier an und stellten die Stadt her, doch gewann sie nur einen Teil ihres frühern Glanzes wieder. Heutzutage steht auf ihrer Stelle das ärmliche Dorf Palatia. M. ist Geburtsort der Philosophen Thales, Anaximander und Anaximenes, des Geschichtschreibers Hekatäus und des Romanschreibers Aristides, dessen "Milesiaca", Erzählungen lasciven Inhalts, auch bei den Römern großen Beifall fanden, die danach alle ähnlichen Schriften als Fabulae Milesiae (Milesische Märchen oder Geschichten) bezeichneten. Die noch vorhandenen Ruinen M.s sind spät und unbedeutend, wertvoller sind die des nahe gelegenen Apollotempels (Branchidä; s. Didyma).

Milford, Stadt in der Grafschaft Pembroke des engl. Fürstentums Wales, an der Nordseite des Milfordhafens, eines der größten und sichersten Häfen Englands, hat (1891) 4070 E.; Eisenwerke, Küstenschiffahrt und Schiffbau.

Milford, Stadt im County Worcester im nordamerik. Staate Massachusetts, südwestlich von Boston, mit (1890) 8780 E. und Schuhfabrikation.