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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mineralteer - Mineralwässer

und durch Zersetzung der gebildeten Äthylschwefelsäure mit Wasser, wobei sich Alkohol und Schwefelsäure bildet. Das Verfahren ist für die Spiritusfabrikation wegen zu hoher Kosten wertlos.

Mineralteer, soviel wie Bergteer, s. Bitumen.

Mineraltürkis, Bezeichnung des echten Türkises im Gegensatz zu der Imitation des Bein- oder Zahntürkises (s. Türkis).

Mineralwachs, s. Ceresin.

Mineralwässer oder Mineralquellen unterscheiden sich von den gewöhnlichen Quellwässern durch einen merklich größern oder geringern Gehalt ihres Wassers an Salzen, manche außerdem noch durch ihren Gehalt von besondern, im gewöhnlichen Wasser nicht oder nur in geringen Mengen vorkommenden Stoffen und endlich auch häufig durch eine hohe Temperatur. Der Gehalt der M. an festen Stoffen schwankt etwa zwischen 0,2 und 37,0 g auf 1000 g Wasser. Die Temperatur der gewöhnlichen Quellen beträgt selten unter 6°, dagegen besitzen manche Mineralquellen selbst sehr hohe Temperaturen, so der Sprudel in Karlsbad und das Wasser von Plombières 72,5°, die Quelle von Chaudes-Aignes 87°, die Petersquelle am Kaukasus und die Quelle von Las Trincheras in Venezuela 90°. Die kalten Mineralquellen nennt man Krenen, die heißern und lauen Thermen und Chliaren. Der Ursprung der M. ist derselbe wie der Ursprung gewöhnlicher Quellwässer. Ihren Gehalt an Salzen erhalten sie durch Auswaschung unterirdischer Salzlager, die hohe Temperatur durch ihre schnelle Beförderung aus tiefen, dem Innern der Erde näher gelegenen Stellen an die Oberfläche. Die in den M. am häufigsten vorkommenden festen Bestandteile sind: 1) alkalische oder erdige Salze, und zwar am häufigsten Natron-, Kali-, Kalk-, Magnesia- und Thonerdesalze, seltener Baryt- und Lithionsalze; die mit diesen Salzen verbundenen Säuren sind: Kohlensäure, Schwefelsäure, Chlorwasserstoffsäure, Borsäure, Phosphorsäure, Kieselsäure und Ouellsäure; 2) Metallsalze, von denen das Eisen am häufigsten vorkommt, nur in geringen Mengen und selten finden sich Mangan, Zink und Strontian; 3) Salzbildner, nämlich Jod, Brom, Chlor und Fluor. Zu den seltenern chem. Bestandteilen der Mineralquellen zählen Kupfer, Arsenik, Baryt, Cäsium, Rubidium. An Gasen finden sich in den M. gelöst: Sauerstoff, Stickstoff, Kohlensäure und Schwefelwasserstoff. Organische Substanzen teils pflanzlicher, teils tierischer Natur finden sich immer nur in geringen Mengen (Konserven, Algen, Infusorien).

Man teilt die M. nach ihrem Gehalt von bestimmten Stoffen in mehrere Gruppen ein. 1) Die indifferenten Heilquellen, Wildbäder oder Akratothermen besitzen keine hervorstechenden chem. Bestandteile, liefern ein sehr salzarmes, fast chemisch reines Wasser und wirken hauptsächlich durch ihre hohe Temperatur; warme oder heiße Akratothermen sind Gastein, Pfäfers und Ragaz, Warmbrunn, Johannisbad, Wolkenstein, Römerbad, Wildbad, Teplitz, Plombières (Schlangenbad ist Chliare). 2) Kochsalzquellen besitzen als vorwaltenden Bestandteil Chlornatrium (Kochsalz) und andere Chloride; einfache Kochsalzwässer mit geringem Kochsalzgehalt sind Kissingen, Homburg, Soden, Cronthal, Cannstatt, Wiesbaden und Baden-Baden. An Kochsalz sehr reiche Quellen werden Solen (s. d. und Solbäder) genannt; zu diesen gehören Ischl, Reichenhall, Wittekind, Kosen, Sulza, Arnstadt, Salzungen, Juliushall, Suderode, Frankenhausen, Kolberg, Hall in Württemberg; Oeynhausen und Nauheim liefern ein an Kohlensäure reiches Wasser von Badetemperatur; jod- und bromhaltige Kochsalzwässer finden sich zu Adelheidsquelle und Krankenheil bei Tölz, Kreuznach, Hall in Oberösterreich, Elmen in der Provinz Sachsen, Königsdorf-Jastrzemb, Salzschlirf, Dürkheim und Bex in der Schweiz. 3) Alkalische Wässer enthalten vorzugsweise kohlensaure Alkalien und Kohlensäure; viele von ihnen, die sog. einfachen Säuerlinge, sind reich an Kohlensäure, aber sehr arm an festen Bestandteilen und dienen daher als erfrischendes Getränk (Apollinariswasser bei Ahrweiler, Krondorfer Quelle in Böhmen, Harzer Sauerbrunnen, Cronthaler Apollonisbrunnen u. a.). Die einfach-alkalischen Wässer oder alkalischen Säuerlinge zeichnen sich durch ihren Reichtum an kohlensaurem Natrium und Kohlensäure aus (Vichy, Neuenahr, Bilin, Ober-Salzbrunn, Gießhübel, Fachingen, Geilnau, Teinach u. a.); die alkalisch-muriatischen Säuerlinge enthalten neben kohlensaurem Natrium auch Kochsalz (Ems, Niederselters, Weilbach, Gleichenberg, Luhatschowitz u. a.). 4) Bitterwässer (Seidschütz, Seidlitz, Püllna, Ofen und Friedrichshall) enthalten vorzüglich schwefelsaure Magnesia (s. Bitterwässer). 5) Glaubersalzwässer sind ausgezeichnet durch einen hohen Gehalt von schwefelsaurem Natrium (Glaubersalz), so Marienbad, Bertrich, Rohitsch, Tarasp-Schuls, die Salzquelle von Franzensbad, die Elstersalzquelle und Karlsbad, die einzige Therme dieser Gattung. 6) Schwefel- oder Schwefelwasserstoffquellen enthalten Schwefelwasserstoff und lösliche Schwefelmetalle. Warme Schwefelwässer finden sich in Aachen, Baden bei Wien, Baden in der Schweiz und Landeck; kalte zu Nenndorf, Eilsen und Weilbach (s. Schwefelwässer). 7) Eisenwässer enthalten viel doppeltkohlensaures Eisenoxydul, so Pyrmont, Driburg, Spaa, Steben. Zugleich viel Salz führen Elster, die Karolinen- und Ambrosiusquelle in Marienbad. Eisensäuerlinge sind die Franzens-, Salz- und Wiesenquelle in Franzensbad und die Trink-, Albert- und Salzquelle in Elster (s. Stahlwässer).

Die auffälligen Erscheinungen der M. haben schon in früher Zeit Anlaß zu ihrer mediz. Verwendung gegeben (Gesundbrunnen, Heilquellen), aber erst in neuerer Zeit (seit Friedr. Hoffmann) hat man sie systematisch zu verwenden gelernt. Einzelne der M. dienen bloß zum Baden (z. B. die indifferenten Wässer, die Kochsalzquellen), andere vorzugsweise zum Trinken (die Eisenwässer, die alkalischen Wässer, die Bitter- und Glaubersalzwässer); vielfach werden sie aber auch in beiderlei Form angewendet, endlich auch zu Douchen, Einspritzungen und Umschlägen. Die viele Gase (Stickstoff, Schwefelwasserstoff) liefernden Wässer benutzt man auch zur Inhalation (s. d.). Die therapeutischen Zwecke, Zu welchen man sich der M. bedient, sind höchst mannigfaltig. Hinsichtlich der Brunnenkuren ist die Zeit von Mai bis Oktober die vorteilhafteste; die gewöhnliche Dauer derselben beträgt vier Wochen. Das Wasser wird meist am frühen Morgen nüchtern in Einzelgaben von 60 bis 90 g und in einer Gesamtmenge von 600 bis 900 g getrunken; während des Trinkens ist eine mäßige Bewegung erforderlich. Wesentlich unterstützt wird die Kur durch strenge