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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mineralweiß - Minghetti

Diät, geistige und körperliche Ruhe, den Genuß der freien Luft u. dgl. Häufig ist es notwendig, an die eigentliche Brunnenkur eine sog. Nachkur anzuschließen, bei welcher der Kurgast noch einige Zeit in gesunder schöner Gegend lebt und noch eine streng geregelte Diät einhält. - Litteratur s. unter Balneographie.

M., welche sich nicht, wie die Eisenwässer, durch Aufbewahrung wesentlich verändern, werden auch versendet (Versandwässer); doch ist dies nur der Fall bei den zum Trinken benutzten Quellen. In Deutschland wurden 1893 an M. für 6,9 Mill. M. ausgeführt und für 1,7 Mill. M. vom Auslande bezogen. Um die M. an von der Quelle entfernten Orten herstellen zu können, hat man die Eindampfung der Wässer erfunden, und man verschickt so den Salzrückstand (Mutterlaugensalz) der Quellen, wo dieser als der wirksame Bestandteil betrachtet wird (z. B. Kreuznach). Seit etwa 1820 hat man (und zwar zuerst Struve in Dresden) begonnen, die M. nachzuahmen, indem man sie künstlich aus ihren wichtigsten Bestandteilen zusammensetzt (künstliches Mineralwasser). Oft erreicht man mit diesen künstlichen M. denselben Erfolg wie durch den Gebrauch der natürlichen. Eine große Anzahl künstlicher M. (Selterswasser, Sodawasser, kohlensaures Wasser u. a.) haben als angenehme Luxus-und Erfrischungsgetränke eine enorme Verbreitung gefunden. Neuerdings werden in den Mineralwasserfabriken vielfach auch solche künstliche M. hergestellt, welche in der Natur nicht vorkommen (wie das pyrophosphorsaure und kohlensaure Eisenwasser, das Lithion-, Jod- und Ammonwasser, das kohlensaure Magnesiawasser u. a.) und als wesentliche Bereicherungen des Heilschatzes zu betrachten sind. - Vgl. Lachapelle und Glover, Handbuch der Fabrikation gashaltiger Getränke (aus dem Französischen, Berl. 1869); H. u. R. Schultze, Lehrbuch der Fabrikation von M. (ebd. 1870); Hager, Vollständige Anleitung zur Fabrikation künstlicher M. (2. Aufl., Bresl. 1870); B. Hirsch, Die Fabrikation der künstlichen M. (2. Aufl., Braunschw. 1876); Raspe, Heilquellenanalysen für normale Verhältnisse und zur Mineralwasserfabrikation (Dresd. 1885).

Mineralweiß, s. Blanc fixe.

Minerva, eine italische, bei den Sabinern, Etruskern und Lateinern heimische Gottheit, welche in Rom vor allem als die Beschützerin von Handwerk und Gewerbfleiß hohe Verehrung genoß. Daher wurde ihr altes Hauptfest, die Quinquatrus (19. März, später 19. bis 23. März), besonders als ein Handwerkerfest von den Zünften und Innungen begangen, während eine jüngere Festfeier, die sog. kleinen Quinquatrus (13. Juni), ein Specialfest der Pfeiferzunft war. Später sind dann auch die Ideen des griech. Athenakultes in die Auffassung der M. eingedrungen, und man hat sie, namentlich seit Augustus, auch als die siegverleihende oder durch weisen Rat die Geschichte des Staates lenkende Göttin verehrt (s. Athena); doch ist für die volkstümliche Verehrung immer jene ältere Bedeutung die wichtigste geblieben. - M. ist auch der Name des 93. Planetoiden.

Minervino Murge (spr. -dsche), Stadt in der ital. Provinz Bari, 39 km im SW. von Barletta, seit dem 11. Jahrh. Bischofssitz, hat Landwirtschaft, Handel und (1881) 15 133 E.

Minet-Tarabulus, Hafenort von Tarabulus (s. d.)

Minette, ein Eruptivgestein, das die porphyrische Modifikation der Glimmersyenite (s. Syenit) bildet; es besteht aus einer dunkelgrauen, rötlich- bis schwärzlichbraunen, oft feinporösen Grundmasse, in der vielfach sechsseitig begrenzte dunkle Glimmertafeln und lichtbräunliche oder fleischrote Orthoklaskrystalle eingebettet sind. Die Grundmasse enthält gewöhnlich unter dem Mikroskop noch Augit oder Hornblende, außerdem schwarze Erzpartikelchen. Die M. ist eine Felsart, die keine größern Ablagerungen, sondern meist nur schmale, örtlich aber in großer Anzahl auftretende Gänge zu bilden pflegt, namentlich in Graniten und Gneisen; so in den Vogesen, z. B. bei Framont und Remiremout, im Odenwald bei Schriesheim, bei Ziegelhausen u. s. w., vielfach im Erzgebirge und im Fichtelgebirge, im Erzrevier von Pribram und in den Umgebungen von Lyon.

Mineure (frz., spr. -nöhre), eine zur Ausführung der im Minenkriege (s. d.) vorkommenden Arbeiten, namentlich der Minenarbeiten, bestimmte Gattung der Technischen Truppen (s. d.). Für den Mineurdienst wird in Deutschland ein Teil der Pioniere ausgebildet; in Österreich, Frankreich und Italien wird der Mineurdienst versehen von den Genietruppen, in Rußland von den Sappeuren, in England von den Ingenieurtruppen.

Mineurpflug (frz. einfach mineur, spr. -nöhr), s. Pflug.

Ming, chines. Dynastie, s. China (Geschichte).

Minge, Fluß in Ostpreußen, entspringt im russ. Gouvernement Kowno, im NW. von Janopol, tritt unterhalb Gorshdy in Preußen ein und mündet im W. von Heydekrug in das Kurische Haff. Sie ist auf 15 km schiffbar.

Minghetti, Marco, ital. Staatsmann und Nationalökonom, geb. 8. Nov. 1818 zu Bologna, studierte Physik und Mathematik, dann Staatswissenschaften und bereiste Deutschland, England und Frankreich. Nach Pius' IX. Thronbesteigung begründete er die Zeitung "Felsineo" in Bologna, wurde vom Papst im März 1848 als Minister der öffentlichen Arbeiten in das Kabinett Antonelli berufen, trat aber nach dem Erlaß der reaktionären Encyklika vom 29. April 1848 zurück. Er begab sich nun zu Karl Albert, in dessen Generalstab er zum Major aufrückte und bei dem er 4. Aug. tapfer in Mailand aushielt. Nach Bologna zurückgekehrt, beschäftigte er sich mit schriftstellerischen Arbeiten, verfaßte für Cavour zu Paris 1856 das Memorandum über die kläglichen Zustände im Kirchenstaat und wurde von diesem 1859 von einer Reise im Orient zurückgerufen, um als Generalsekretär im Ministerium des Auswärtigen zu arbeiten. Nach dem Frieden von Villafranca mit Cavour zurückgetreten, ging er nach der Romagna; als diese sich erhob, übernahm er den Vorsitz der Abgeordnetenversammlung in Bologna, berief den General Fanti und trat nach dem Anschluß an Italien als Abgeordneter für seine Vaterstadt in die ital. Kammer und als Minister des Auswärtigen in das Kabinett Cavour ein, dessen Politik er nach seinem Tod fortführte. Unter Ricasoli wurde er Minister des Innern, unter Farini im Dez. 1862 Finanzminister und übernahm nach dessen Rücktritt März 1863 den Vorsitz im Kabinett, mußte aber Sept. 1864 infolge seiner Steuermaßregeln, der mit Frankreich bezüglich der röm. Frage abgeschlossenen Konvention (15. Sept.) und der gewaltsamen Unterdrückung der Turiner Unruhen zurücktreten. Unter dem dritten Ministe-^[folgende Seite]