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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Molinisten - Molkenbutter, Molkenchampagner, Molkeng'sied

Molinisten, s. Molina, Ludw.

Molinos, Michael, span. Mystiker, geb. 21. Dez. 1640 zu Saragossa, studierte zu Pamplona und Coimbra. Seit 1669 als Doktor der Theologie und Priester in Rom lebend, gab er seine Schrift "Guida spirituale" (Rom 1675; lateinisch von A. H. Francke, Lpz. 1687; deutsch von G. Arnold in dessen "Kirchen- und Ketzerhistorie", III, 17, Frankf. 1699) heraus, worin er reine Gottesliebe und unmittelbare Anschauung Gottes mit Vernichtung alles eigenen Lebens als den wahren Weg zum Heil und zur Ruhe der Seele empfahl. Daher hieß sein System Quietismus (s. d.), seine Anhänger Quietisten. Auf Betrieb des Jesuiten Lachaise fand die Inquisition in jener Schrift und in Vorträgen des M. 68 ketzerische Sätze, die Papst Innocenz XI. 1687 als solche verdammte. M. mußte seine Irrtümer abschwören und starb nach harten Bußübungen 29. Dez. 1696 in einem Dominikanerkloster zu Rom. - Vgl. Recueil de diverses piéces concernant le quiétisme et quiétistes, ou M. ses sentiments et ses disciples (Amsterd. 1688); Scharling, Michael de M. (aus dem Dänischen übersetzt, Gotha 1854); Reusch, Der Index der verbotenen Bücher, Bd. 2 (Bonn 1885).

Molique (spr. -lik), Wilh. Bernh., Violinvirtuos und Komponist, geb. 7. Okt. 1802 zu Nürnberg, kam 1816 nach München, wo er den Unterricht des ersten Violinisten der Münchener Kapelle, Pietro Novelli, genoß, dessen Stelle er 1820 erhielt. Im Sept. 1826 folgte er einem Rufe als Hofmusikdirektor nach Stuttgart und ging 1849 nach London. Er starb 10. Mai 1869 zu Cannstatt. Seine Kompositionen für Violine (6 Violinkonzerte u. s. w.) gehören mit denen Spohrs, an die sie oft erinnern, zu den besten Werken für dieses Instrument. Auch schrieb M. Lieder, Streichquartette, ein Violoncellkonzert, eine Messe und ein Oratorium "Abraham" (aufgeführt 1860).

Molise, ehemalige Provinz des Königreichs Neapel, bildet die ital. Provinz Campobasso (s. d.). M. war benannt nach einem Dorf bei Campobasso.

Moliterno, Stadt in der ital. Provinz Potenza, Kreis Lagonegro, am Moglio, hat ein Kastell, Handel mit Käse, Wolle, Fleisch und (1881) 6326 E.

Molitor, Gabriel Jean Jos., Graf, franz. Marschall, geb. 7. März 1770 zu Hayingen in Deutsch-Lothringen, trat 1791 als Kapitän in ein franz. Freiwilligenbataillon, wohnte den Feldzügen 1792 -96 bei und wurde 1799 Brigadegeneral. Im Feldzuge von 1800 befehligte er unter Moreau in der Rheinarmee und trug zu den Siegen bei Stockach und Möskirch bei. Er wurde hierauf mit einem kleinen Korps nach Tirol entsendet, nahm Bregenz und Feldkirch, wurde zum Divisionsgeneral befördert und erhielt den Befehl über die 7. Militärdivision zu Grenoble. Im Kriege von 1805 führte er unter Masséna die Vorhut und zeichnete sich bei Vago und Caldiero aus. Nach dem Frieden von Preßburg wurde er Gouverneur von Dalmatien, entsetzte Ragusa und nötigte die Russen zur Einschiffung. 1807 befehligte er unter Brune in Pommern gegen die Schweden und eroberte Stralsund, worauf ihm der Kaiser das Generalgouvernement von Pommern und den Grafentitel verlieh. 1809 führte M. eine Division unter Masséna, entsetzte in Neumarkt die hart bedrängten Bayern und zeichnete sich bei Aspern und Wagram aus. 1810 führte M. den Befehl in den Hansestädten, 1811-13 in Holland, 1814 focht er unter Macdonald, unterwarf sich dann den Bourbons und wurde Generalinspektor der Infanterie. Während der Hundert Tage schloß er sich wieder Napoleon an und verlor bei der zweiten Restauration seine Stellung, erhielt sie jedoch 1818 wieder zurück. Bei der Intervention in Spanien führte er 1823 das 2. Korps, trieb die span. Truppen unter General Ballesteros nach Alicante und Cartagena und nötigte sie zur Kapitulation. M. wurde dafür 9. Okt. 1824 zum Marschall und Pair von Frankreich erhoben. 1847 wurde M. zum Kommandanten des Invalidenhauses zu Paris ernannt und starb dort 28. Juli 1849. Ein Denkmal M.s befindet sich zu Nancy.

Mölk, s. Melk.

Molken (lat. serum lactis), provinziell Sirte, Waddike, Strotten, Käswasser, nennt man diejenige Flüssigkeit, welche von der Milch nach der Abscheidung des Fettes und des Käsestoffs übrigbleibt. Die gewöhnlichen Bestandteile der M. sind demzufolge Wasser und Milchzucker, geringe Mengen von Eiweißstoffen, Spuren von Lecithin, die Salze der Milch und mehr oder weniger Milchsäure. Die M. werden als Nebenprodukt der Käsebereitung gewonnen, nachdem die Milch mittels Lab zur Ausscheidung des Käsestoffs gebracht worden ist. Die Rückstände der Sauermilchkäserei nennt man Quarkmolken. Das in den M. noch enthaltene Fett entfernt man mit Zentrifugen und gewinnt daraus Molkenbutter, oder man setzt Molkensauer (s. d.) hinzu und erhitzt es auf 95° C. Dabei scheidet das Fett als weißer Schaum aus, wird als Vorbruch abgeschöpft und daraus Vorbruchbutter gewonnen. Beim nunmehrigen weitern Zusatz von Sauer und Erhitzen bis zum Kochen scheidet das Albumin aus, welches Schotten genannt wird. Durch Eindampfen des Rückstandes erhält man Zuckersand, welcher in den Alpen mit Butter gemischt unter dem Namen Molkeng'sied eine Delikatesse für die Sennen und ihre Gäste bildet oder nach erfolgter Reinigung und Entfärbung auf Milchzucker verarbeitet wird. Die M. stellen gewöhnlich eine schwach gelbliche, etwas getrübte Flüssigkeit mit dem eigentümlichen Geruch der Milch und von fadem Geschmack dar. Die Salze der M. sind die nämlichen, welche auch im Blut enthalten sind, und auf diesen Umstand gründet man die mediz. Verwendung derselben. Häufig werden die M. durch den Zusatz von alkalischen oder eisenhaltigen Mineralwässern, von Alaun (Alaunmolken) oder Tamarindenmus (Tamarindenmolken) in ihrer Beschaffenheit vielfach modifiziert. Man hat zur Erzielung von M. für Kranke während der warmen Jahreszeit (wo das Vieh frisches Futter verzehrt) besondere Molkenkuranstalten eingerichtet. Diese finden sich sowohl in den Alpen, wo sie mit den daselbst betriebenen großartigen Käsereien in Verbindung stehen, als neuerdings fast in allen großen Bädern und Kuranstalten. Besondern Vorzug pflegt man den Ziegenmolken zu geben, ohne daß die chem. Analyse denselben zu begründen vermöchte. Weitaus der größte Teil der in den Käsereien abfallenden M. dient zur Fütterung der Schweine, zum Teil auch der Kühe. Aus den M. kann ein Essig, der Molkenessig, bereitet werden. Auch zur Gewinnung von Alkohol (Molkenchampagner, Molkenpunsch) und zum Brotbacken kann man M. verwenden. (S. auch Wei.) - Vgl. Lebert, über Milch- und Molkenkuren (Berl. 1869) - H. E. Richter, Über Milch- und Molkenkuren (2 Bdchn., Lpz. 1872-76).

Molkenbutter, Molkenchampagner, Molkeng'sied, s. Molken.