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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Moose

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Moose'

Pflanze mit dem Boden durch sog. Rhizoiden (z. B. Tafel: Moose I, Fig. 1c) hergestellt, die in der Regel dem Protonema ähnlich sind und auch als solches fungieren, d. h. zur Vermehrung der Moospflanze durch Knospenbildung beitragen können. Bei einigen Lebermoosen (Marchantieen) sind die Rhizoiden einzellige lange schlauchförmige Gebilde, die an ihren Wänden eigentümliche zackenförmige Verbindungen (Fig. 1e) besitzen; diese Form kann nicht zu Protonemafäden auswachsen.

Die Gestalt der Moospflänzchen bietet in den einzelnen Gruppen große Verschiedenheiten dar. Bei den thallosen Formen ist gewöhnlich ein vielfach gelappter, fast stets dorsiventral gebauter Vegetationskörper vorhanden, dessen dem Licht zugekehrte Seite anders entwickelt ist als die dem Substrat zugewendete. Auf der letztern stehen die Rhizoiden, und bei manchen Gattungen finden sich auch schuppenartige Gebilde, die wohl als ein Anfang der Blattentwicklung zu betrachten sind; auf der Lichtseite besitzen sie entweder eine glatte, nicht durch Öffnungen unterbrochene Oberfläche, oder es treten (Marchantieen) eigentümliche Löcher in derselben auf, die man als Spaltöffnungen oder Atemöffnungen bezeichnet. Diese weichen aber in ihrem Bau wesentlich von den Spaltöffnungen der höhern Pflanzen ab, da sie fortwährend offen bleiben und nicht wie jene aus zwei bewegungsfähigen Schließzellen gebildet sind, sondern von mehrern ringförmig gelagerten Zellen umschlossen werden (Fig. 1c oben). An die thallosen Formen schließen sich als Übergang zu den beblätterten einige Gattungen an, deren Arten zwar einen bandartig verbreiterten Stengel besitzen, zugleich aber auch schon auf den Flanken desselben blattähnliche Organe entwickeln. Die M., bei denen Blatt und Stamm deutlich unterschieden ist, sind entweder dorsiventral oder radiär gebaut. Dorsiventrale Gliederung besitzen mit sehr wenigen Ausnahmen sämtliche blatttragenden oder foliosen Lebermoose; die Laubmoose hingegen zeigen durchgängig einen radiären Aufbau. Bei den erstern steht auf den beiden Flanken des meist niederlegenden Stämmchens je eine Reihe von Blättern; außerdem findet sich in der Regel noch auf der nach unten gekehrten Seite eine Reihe blattartiger Organe, sog. Amphigastrien, die aber kleiner sind als die auf den Flanken stehenden und oft nur schuppenartige Form besitzen. Bei den Laubmoosen finden sich nur wenige Arten mit zweizeiliger Blattstellung; in den meisten Fällen ist die Anordnung der Blätter eine schraubenlinige.

Der Bau der Blätter ist sehr einfach; es sind Zellflächen, in denen keine weitere Gewebedifferenzierung stattfindet (s. Tafel: Moose II, Fig. 6b). Ebenso ist der Bau des Stammes nicht besonders kompliziert, nur in der Mitte desselben findet sich bei vielen M. ein Strang von längern Zellen, die gewöhnlich reichlich mit Protoplasma erfüllt sind und jedenfalls ihrer Funktion nach ein spärlich entwickeltes Leitbündel darstellen. In der äußern Partie der Stämmchen liegen häufig ziemlich stark verdickte Zellen, besonders bei den größern M.; sie dienen dazu, der Pflanze eine gewisse Festigkeit zu geben. Bei den Torfmoosen findet sich noch an der Peripherie der Stämme eine eigentümliche Hülle von spiralig verdickten und durchlöcherten Zellen, die durch ihren Bau befähigt sind, Wasser aufzunehmen und weiter zu leiten. (Näheres hierüber s. Sphagnum.) Bei den thallosen sind in der Mitte der ↔ Thalluslappen häufig eine Art von Mittelnerven vorhanden, die aus längern Zellen zusammengesetzt sind und wahrscheinlich auch zur Leitung von Nährstoffen dienen. Außerdem findet sich bei manchen Arten dieser Gruppe noch eine weitere Gewebedifferenzierung, insofern als schleimführende Gänge und Schläuche zwischen den mit Chlorophyll erfüllten parenchymatischen Zellen des Thallus auftreten.

Die Geschlechtsorgane der M. werden an den Moospflänzchen auf verschiedene Weise gebildet: entweder stehen sie an der Spitze der Stämmchen (akrokarpe M.), wenn sie sich aus der Scheitelregion entwickeln, oder sie stehen auf kleinen Seitensprossen (pleurokarpe M.), oder sie gehen, bei den thallosen Formen, aus oberflächlich liegenden Zellgruppen hervor und sind dann dem Thallus entweder eingesenkt oder sie gelangen auf besonders ausgebildeten Zweigen desselben zur Entwicklung. Die männlichen Organe, die Antheridien (Fig. 3a u. b), haben in den beiden erstern Fällen gewöhnlich eine keulenförmige oder ellipsoidische Gestalt und sind gestielt; bei den thallosen Lebermoosen hingegen stellen sie krugförmige Höhlungen im Thallus dar. Im Innern der Antheridien werden sehr zahlreiche Spermatozoiden gebildet, die bei der Reife durch Zerreißung der Antheridienwand frei werden und mittels zweier Cilien sich sehr lebhaft bewegen können. Die weiblichen Organe, die Archegonien (Fig. 3c u. d) haben bei sämtlichen M. ungefähr dieselbe Gestalt; es sind flaschenförmige Organe, die in ihrer untern Partie kugelig gewölbt sind und nach oben in einen langen Hals auslaufen; in dem weiten basalen Teil liegt die Eizelle, die nach der Befruchtung mehrfache Teilungen erfährt und so zu einem mehrzelligen, gewöhnlich etwas gestreckten Embryo heranwächst, aus dem sich dann die ungeschlechtliche Generation, die Moosfrucht oder das Sporogonium entwickelt. Bei der Vergrößerung des Embryos erweitert sich zunächst der Archegoniumbauch ganz bedeutend und wird so zu einem Gebilde, welches das junge Sporogonium wie eine Hülle umschließt. Nur bei einer Gattung der Lebermoose bleibt das Sporogonium zeitlebens in dieser Hülle eingeschlossen, bei den übrigen bleibt dasselbe zwar ebenfalls fast bis zur Sporenreife in jener Hülle, dann aber wird dieselbe durch lebhaftes Längenwachstum des Stiels durchbrochen und das Sporogonium tritt hervor, um bald danach mit mehrern Längsspalten aufzuspringen und die Sporen auszustreuen; die Hülle bleibt als ein scheidenartiges Gebilde am Grunde des Sporogoniumteils sitzen. Bei den Laubmoosen hingegen wird sie bei der Weiterentwicklung des Embryos zur Moosfrucht an der Basis abgerissen und bleibt dann als sog. Mütze oder Haube (Fig. 4e) auf dem Sporogonium bis zu dessen Reife sitzen.

Die Entwicklung des Sporogoniums bis zur Sporenreife nimmt in der Regel ungefähr 3–12 Monate in Anspruch. Das Sporogonium der Laubmoose öffnet sich mit sehr wenigen Ausnahmen nicht mittels Klappen, sondern die obere Partie desselben hebt sich als Deckel (Fig. 4d) ab. Durch die dabei gebildete Öffnung gelangen die Sporen ins Freie; häufig ist dieselbe umgeben von zahlreichen hygroskopischen, oft sehr zierlich gebauten Zähnen oder Zipfeln, Peristom (Fig. 1d, 4c, 5b) genannt, deren Form und Anzahl für die systematische Unterscheidung der einzelnen Arten wichtig ist. Das Sporogonium der M. besteht der äußern Form nach fast

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 1034.