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Mühlenrecht – Mühlhausen (in Thüringen)
Handseils läßt die Antriebscheibe B in das Bremsband L fallen und bringt jede auf- oder niedergehende Fahrstuhlbewegung zum Stillstand.
Mühlenrecht, die Berechtigung zu Anlage und Betrieb von Mühlen, insbesondere von Wassermühlen. In früherer Zeit suchte man vielfach den Bau und Betrieb einer Wassermühle dadurch zu veranlassen, daß der Unternehmer ein Zwangs- und Bannrecht erhielt, d. i. das Recht, daß die Bewohner des Bezirks ihr Getreide in dieser Mühle mahlen lassen mußten (Mahl-, Mühlzwang), und zugleich das Monopol, kraft dessen die Anlage einer andern Mühle in dem Bezirk untersagt wurde. Andererseits bestanden obrigkeitliche Taxen über die Höhe des Mahllohnes (Mahlmetze) und polizeiliche Vorschriften zum Schutz gegen Verfälschungen und Verunreinigungen des Mehls und der andern Mühlenfabrikate. Man konstruierte vielfach zur Erklärung dieser Bestimmungen ein Mühlenregal, von welchem die einzelnen Mühlengerechtigkeiten abgeleitet seien. Gegenwärtig sind diese privatrechtlichen Bestimmungen veraltet, die Zwangs- und Bannrechte aufgehoben, die Theorie vom Mühlenregal ist beseitigt. Dagegen kommen hinsichtlich der Anlage von Wassermühlen und dazu erforderlichen Stauanlagen die wasserpolizeilichen Anordnungen und die Vorschriften der Gewerbeordnung und der Bauordnungen in Betracht. Nach der Gewerbeordnung §. 16 ist die Genehmigung der Verwaltungsbehörde hinsichtlich aller Stauanlagen für Wassertriebwerke nötig, und die Genehmigung kann im öffentlichen Interesse untersagt werden.
Mühlen-Rhin, s. Rhinwasserstraße.
Mühlenspiel, auch Mühlziehen, ein verbreitetes Brettspiel, welches von zwei Personen auf einer aus drei konzentrischen, in der Mitte jeder der vier Seiten durch eine Linie durchschnittenen Vierecken bestehenden Figur gespielt wird. Jeder der Spielenden hat neun Steine und sucht nun, indem beide abwechselnd je einen Stein entweder in eine Ecke oder in die Mitte der Linien setzen, eine Mühle zu bekommen, d. h. drei Steine nebeneinander auf einer Linie zu erhalten. Gelingt ihm dies, so darf er einen Stein des Gegners wegnehmen, doch nie einen, welcher den Teil einer Mühle bildet. Sind alle Steine gesetzt, so beginnt das Ziehen, d. h. das Rücken je eines Steins nach einem zunächst gelegenen Punkt. Das Spiel hat der verloren, der nicht mehr ziehen kann oder alle Steine bis auf zwei eingebüßt hat, so daß es ihm nicht mehr möglich ist, eine Mühle zu stande zu bringen.
Mühler, Heinr. von, preuß. Staatsmann, geb. 4. Nov. 1813 zu Brieg in Schlesien, studierte seit 1830 in Berlin die Rechte. Aus dieser Zeit stammt der größere Teil seiner «Gedichte» (Berl. 1842), darunter das Studentenlied «G’rad aus dem Wirtshaus komm’ ich heraus». M. arbeitete 1837 bei dem Oberlandesgericht in Naumburg a. S., dann 1838 in Halle und 1839 in Berlin und Köln und kehrte 1840 nach Berlin zurück. 1838 hatte er einige «Rechtshandschriften des Naumburger Stadtarchivs» (Berlin) herausgegeben. Im Nov. 1840 rief ihn Eichhorn als Hilfsarbeiter in das Kultusministerium, in dem er 1846 vortragender Rat, seit 1845 vorzugsweise bei den Arbeiten für Herstellung einer geordneten evang. Kirchenverfassung beschäftigt und 1846 der nach Berlin berufenen Generalsynode als Sekretär beigegeben wurde. In dieser Stellung veröffentlichte M. seine «Geschichte der evang. Kirchenverfassung in der Mark Brandenburg» (Weim. 1846). 1849 wurde er in die Abteilung für die innern evang. Kirchensachen, dann in den Evangelischen Oberkirchenrat versetzt und 18. März 1862 zum Kultusminister ernannt. Die Begünstigung der kirchlich-orthodoxen Richtung namentlich auch auf dem Gebiete der Schule rief im Landtage heftige Opposition hervor. Wiederholte Konflikte erweckte ihm sein konfessioneller Standpunkt zumal in den neu erworbenen Provinzen seit 1867, und seit Ende 1870 kam er auch gegenüber der kath. Kirche in eine schwierige Lage, in der er bei seiner Unbeliebtheit auch bei den Liberalen keine Unterstützung mehr fand. Ein Konflikt mit dem Kronprinzen infolge einer Personalfrage des Kultusministeriums kam dazu, und M. nahm nun 1872 seine Entlassung. Er starb 2. April 1874 zu Potsdam. Seine kirchlich-konservative Weltanschauung faßte er in dem Werke zusammen: «Grundlinien einer Philosophie der Staats- und Rechtslehre nach evang. Principien» (Berl. 1873).
Mühlf., hinter lat. Tiernamen Abkürzung für K. M. von Mühlfeld (s. d.).
Mühlfeld, Julius, Pseudonym von Rob. Rösler (s. d.).
Mühlfeld, Karl Megerle von, Naturforscher, geb. 1765, gest. 1840, war Kustos am k. k. Naturalienkabinett in Wien; er besaß bedeutende naturhistor. Sammlungen und war als Fachschriftsteller thätig (z. B. «Entwurf eines neuen Systems der Schaltiergehäuse», im «Magazin der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin», 1811).
Mühlhausen. 1) M. in Thüringen, Landkreis im preuß. Reg.-Bez. Erfurt, hat 396,56 qkm und 1890: 33315, 1895: 34256 (15968 männl., 18288 weibl.) E., 1 Stadt, 42 Landgemeinden und 8 Gutsbezirke. – 2) Stadtkreis (4,38 gkm) und Kreisstadt des Landkreises M., ehemals Freie Reichsstadt, an der Unstrut und der Linie Gotha-Leinefelde der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes des Landkreises, eines Amtsgerichts (Landgericht Erfurt), Bezirkskommandos, einer königl. Gewerbeinspektion, Reichsbanknebenstelle und Handelskammer, hatte 1890: 27538 E., darunter 1417 Katholiken und 256 Israeliten, 1895: 30113 (14464 männl., 15649 weibl.) E., Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, neun evang. Kirchen, darunter die got. Marienkirche mit fünf Schiffen, eine kath. Kirche, Gymnasium, Realprogymnasium, höhere Mädchen-, Handelsschule, Krankenhaus, Bürgerhospital, Waisenhaus, Wasserleitung, Kanalisation, Gasbeleuchtung und bedeutende Industrie, u. a. Fabrikation von wollenen, halbwollenen und baumwollenen Waren, Kamm-, Streich- und Strumpfgarn, Cigarren, Fahrrädern, Näh- und Strickmaschinen; ferner Färbereien, Gerbereien, Leimsiedereien, Brauereien und Mälzereien. M. wird schon sehr früh genannt, war bereits 1300 bedeutende Handelsstadt an der Reichsstraße von Nürnberg und Augsburg nach Bremen und Hamburg und gehörte mit ihrem Gebiete zum Niedersächsischen Kreis. Im Bauernkriege war sie 1525 das Hauptquartier Thomas Münzers, der bei M. enthauptet wurde. Durch den Reichsdeputationshauptschluß wurde sie 1803 Preußen zuerteilt, kam durch den Tilsiter Frieden (1807) zum Königreich Westfalen, 1813 wieder zu Preußen. – Vgl. Herquet und Schweineberg, Ur- ^[folgende Seite]
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