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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Müller

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Müller (Johs.) – Müller (Karl, Naturforscher)

genossenschaft», Bd. 1‒5, Lpz. 1786‒1808) ist allgemein anerkannt, wenn es auch durch ihre kritischen Mängel, durch die einer ungleichen Darstellung und einer rauhen und abgebrochenen, oft schwerfälligen und dunkeln Sprache verringert wird. Jetzt ist das Werk inhaltlich veraltet. Die Fortsetzung und Neuausgabe lieferten Glutz-Blozheim, Joh. Jak. Hottinger, Vulliemin und Monnard (Bd. 5, Abteil. 2, bis Bd. 15, Zür. 1816‒53). Aus seinen Vorlesungen in einem Privatzirkel zu Genf im Winter 1777 über die Universalhistorie entwickelten sich seine «24 Bücher allgemeiner Geschichte» (3 Bde., Tüb. 1811 u. ö.). Josephs Ⅱ. Staatsreformen veranlaßten ihn zur Herausgabe der «Reisen der Päpste» (anonym; Frankf. a. M. 1782), worin die Hierarchie als Schutzwehr der Völker gegen fürstl. Gewaltherrschaft dargestellt wird. Ferner veröffentlichte er die «Darstellung des Fürstenbundes» (Lpz. 1787), «Briefe zweier Domherren» (Frankf. 1787) und «Erwartungen Deutschlands vom Fürstenbunde» (anonym; ebd. 1788). In Berlin beteiligte er sich unter anderm an der Herausgabe der Herderschen Werke, zu denen er namentlich die «Geschichte des Cid» lieferte. M.s «Sämtliche Werke» (27 Bde., Tüb. 1810‒19; Neue Folge, 40 Bde., Stuttg. 1831‒35) wurden von seinem Bruder, dem Oberschulherrn und Professor in Schaffhausen, Johann Georg M. (geb. 1759, gest. 20. Nov. 1819), und seine «Briefe an seinen ältesten Freund in der Schweiz» (Zür. 1812) von J. H. Füßli herausgegeben. – Vgl. M.s Biographien von Heeren (Lpz. 1809), Wachler (Marb. 1809; auch in den «Biographischen Aufsätzen», Lpz. 1835), Woltmann (Berl. 1810), Roth (Sulzb. 1811), Windischmann (Winterth. 1811), Döring (Zeitz 1835); Der Briefwechsel der Brüder J. Georg M. und Joh. von M. 1789‒1809, hg. von Haug (1. Hlbbd., Frauenf. 1891). Über Johann Georg M. vgl. Karl Stokar, Johann Georg M. (Bas. 1885).

Müller, Johs., Naturforscher, geb. 14. Juli 1801 zu Koblenz, studierte seit 1819 in Bonn und Berlin und schrieb noch als Student «De respiratione foetus» (Lpz. 1823). Im Herbst 1824 habilitierte er sich in Bonn und wurde daselbst 1826 außerord. und 1830 ord. Professor. 1833 erhielt er die ord. Professur für Physiologie in Berlin. Er starb in der Nacht vom 27. auf den 28. April 1858 zu Berlin.

M. ist nicht nur der eigentliche Begründer der physik.-chem. Schule in der Physiologie, sondern hat auch durch seine Arbeiten einen mächtigen Einfluß auf die Medizin und deren Umgestaltung ausgeübt. Von seinen zahlreichen Leistungen und Entdeckungen sind namentlich hervorzuheben seine Untersuchungen über das Sehen des Menschen und der Tiere, über die Reflexbewegungen, die Mitempfindungen und das Gesetz der excentrischen Empfindung, über die Sinnesempfindungen und ihre Beziehungen zur psychischen Thätigkeit, über die Organe und Gesetze der Stimmbildung, die Schallleitung in der Paukenhöhle, über die Zusammensetzung des Blutes, der Lymphe und des Chylus; auch begründete er zuerst experimentell den Bellschen Lehrsatz über die Verrichtungen der Wurzeln der Rückenmarksnerven und verwertete als einer der ersten in methodischer Weise das Mikroskop für die Erforschung der Gewebe des gesunden und kranken Körpers. Viele seiner Schriften und Abhandlungen sind speciellen zoolog. und zootom. Untersuchungen gewidmet. Die Physiologie des Menschen betreffen u. a.: «Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Tiere» (Lpz. 1826), «Über die phantastischen Gesichtserscheinungen» (Kobl. 1826), «De glandularum secernentium structura penitiori earumque prima formatione in homine atque animalibus» (Lpz. 1830, mit Kupfern), vor allem das «Handbuch der Physiologie des Menschen» (Bd. 1, 4. Aufl., Kobl. 1841‒44; Bd. 2, 1837‒40), in welchem M. eine umfassende Darstellung der gesamten Physiologie, Gewebelehre und vergleichenden Organologie gab und die Grundlage für die physik.-chem. Richtung der modernen Physiologie schuf. Mit der Schrift «Über den feinern Bau und die Formen der krankhaften Geschwülste» (Lief. 1, Berl. 1838) wirkte M. bahnbrechend auf dem Gebiete der histologischen Pathologie. Während der letzten beiden Jahrzehnte seines Lebens widmete er sich vorzugsweise vergleichend-anatom. und zootom. Untersuchungen. Dahin gehören die «Vergleichende Anatomie der Myxinoiden» (nebst 3 Fortsetzungen, Berl. 1835‒41) sowie seine Untersuchungen «Über die Larven und die Metamorphose der Echinodermen» (ebd. 1849) u. s. w. Kleinere Arbeiten von ihm enthält das «Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medizin», das er seit 1834 redigierte. – Vgl. Virchow, Johannes M. (Berl. 1858); Du Bois-Reymond; Gedächtnisrede auf Johannes M. (ebd. 1860).

Müller, Karl, Maler, Bruder von Andreas M., geb. 28. Okt. 1818 zu Darmstadt, besuchte die Düsseldorfer Akademie und übernahm nach einem Aufenthalt in Italien (1839‒43) einen Teil der Arbeiten in der Apollinariskirche zu Remagen (unter anderm Krönung Maria, 1845). 1857 wurde er Professor an der Düsseldorfer Akademie, später Direktor derselben und starb 15. Aug. 1893 in Neuenahr. Seine Werke, meist religiösen Inhalts, sind weniger durch kraftvolles und harmonisches Kolorit als durch zierliche Zeichnung, sorgfältige Ausführung und feine Empfindung ausgezeichnet. Für den Fürstbischof Förster in Breslau entstand eine als Geschenk für den Kardinal Viale Prela bestimmte Madonna mit den Heiligen Hedwig und Heinrich, ferner eine Heilige Familie mit Elisabeth und Johannes. Die Galerie in Prag besitzt eine Madonna vor der Grotte, die Remigiuskirche in Bonn die heil. Anna mit Maria, Joseph und Jesuskind; eine andere Heilige Familie malte er für den Marquis of Bute, Das Rosenwunder der heil. Elisabeth für die Fürstin Josephine von Hohenzollern, eine Himmelskönigin als Altarbild für die Kirche zu Altena; eine Verkündigung ist in der Düsseldorfer Galerie. – Vgl. Finke, Karl M. Sein Leben und künstlerisches Schaffen (Köln 1896).

Müller, Karl, genannt von Halle, Naturforscher, geb. 16. Dez. 1818 zu Allstedt, wandte sich zuerst der Pharmacie zu und studierte 1843‒46 in Halle Naturwissenschaften, besonders Botanik. Er klassifizierte die bis dahin bekannten Laubmoose der ganzen Welt in der «Synopsis muscorum frondosorum» (Berl. 1849‒51), welches Werk noch jetzt die Grundlage der Mooskunde bildet. Seit dieser Zeit war M. unausgesetzt für die Bryologie thätig, und zahlreich sind seine Arbeiten über die Moose der ganzen Welt, die ihm infolge davon so massenhaft zuströmten, daß seine Sammlung die Zahl von 10000 Arten erreichte. 1852 begründete er mit Otto Ule die Zeitschrift «Natur». Von M. erschien ferner als Versuch einer kosmischen Botanik «Das Buch der Pflanzenwelt» (2 Bde., Lpz. 1857; 2. Aufl. 1869), «Der Pflanzenstaat oder Entwurf einer Ent- ^[folgende Seite]