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Myronsäure – Myrtifloren
Wiedergabe des Haares, die altertümliche Strenge und Einfachheit beibehielt. Die erhaltenen Marmorkopien verschiedener seiner Werke, die vorwiegend in Erz ausgeführt waren, bestätigen dieses Urteil. Am berühmtesten ist sein Diskoswerfer (s. die Textfigur beim Artikel Diskos). Von ähnlichem Reiz des Motivs wie dieses Werk ist die Gruppe des Marsyas, dem Athena die Flöten aus der Hand schlägt (ebenfalls in verschiedenen Kopien erhalten), die Statue des Läufers Ladas, des Perseus, der die Medusa ereilt. Ein Originalwerk des M. glaubt man jetzt in der berühmten Bronzestatue des Idolino in Florenz zu erkennen (vgl. Kekulé, 49. Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft in Berlin, 1889). Auch Tierfiguren des M. waren berühmt, namentlich die Kuh.
Myrōnsäure, C₁₀H₁₉NS₂O₁₀, ein saures Glykosid, das als Kalisalz im Samen des schwarzen Senfs vorkommt und bei Berührung mit Wasser durch ein in diesem Samen enthaltenes Ferment, Myrosin, in Senföl, Dextrose und saures schwefelsaures Kalium zerlegt wird.
Myrosīn, s. Myronsäure.
Myroxy̮̮̮lon L, Balsambaum, Pflanzengattung aus der Familie der Leguminosen (s. d.), Abteilung der Papilionaceen, mit sechs, den wärmern Gegenden Südamerikas angehörigen Arten, Bäume mit unpaarig gefiederten Blättern und weißen, in Trauben stehenden Blüten. Die Stämme enthalten reichlich balsamartige Stoffe. Von dem Balsambaume Salvadors, Hoitziloxitl genannt (M. sansonatense Kltsch., Myrospermum pereirae Royle), stammt der sowohl in der Medizin als auch in der Parfümerie vielfach benutzte, vanillenähnlich riechende Perubalsam. Der ähnliche Tolubalsam stammt von M. toluiferum H. et B. in Columbien. Die Balsame fließen aus der Rinde beigebrachten Einschnitten und Bohrlöchern.
Myrrha, Mutter des Adonis (s. d.).
Myrrhe, Myrrhenharz, das freiwillig aus dem Stamm fließende und an der Luft erhärtete Gummiharz von Balsamodendron myrrha Nees (s. Balsamodendron). Es gelangt über Aden und Bombay in Seronen zu etwa 85 kg Inhalt in den Handel und bildet Stücke von ungleicher Größe und Gestalt, die halb durchsichtig, äußerlich mehr oder weniger braun gefärbt sind und ein mattes, bestäubtes Ausehen haben. Die Oberfläche ist uneben und mit Höhlungen versehen. Die Masse ist spröde. Der Bruch ist wachsglänzend, uneben, mit weißlichen Adern durchzogen. Der Geruch der M. ist balsamisch, der Geschmack gewürzhaft bitter. Die M. besteht aus einem Gemenge von Harz, ätherischem Öl, Gummi, Salzen und Wasser. Man benutzt sie in der Medizin als Myrrhentinktur (Lösung von 1 Teil M. in 5 Teilen Spiritus) bei Krankheiten der Mundhöhle, bei kariösen Zähnen als fäulniswidriges Mittel. Früher wandte man sie zum Salböl und zum Einbalsamieren von Leichen an, auch dient sie als Bestandteil von Räuchermitteln. M. kostet (1894) im Großhandel je nach der Beschaffenheit 2‒5 M. das Kilogramm.
Myrrhenöl, aus Myrrhenharz durch Destillation mit Wasserdampf darzustellendes Öl; es siedet oberhalb 260° und besteht hauptsächlich aus einer der Formel C₂₂H₃₂O entsprechenden Verbindung.
Myrrhentinktur, s. Myrrhe.
Myrtacēen, Pflanzenfamilie aus der Gruppe der Dikotyledonen, Ordnung der Myrtifloren (s. d.), gegen 1800, meist in den Tropen, besonders in Australien, selten in außertropischen Breiten einheimische Arten umfassend. Es sind Bäume oder Sträucher mit einfachen, meist ganzrandigen, häufig Öldrüsen enthaltenden und daher durchscheinend punktierten Blättern, meist viergliedrigem Blütenblattkreise, Kelch- und Blumenblättern und zahlreichen Staubgefäßen. Die Frucht ist eine Kapsel, Beere oder Steinfrucht. Zu den M. gehören viele Gewürz- und Arzneipflanzen sowie auch technisch und gärtnerisch wichtige Gewächse, so Arten der Gattungen Myrtus, Eugenia, Eucalyptus, die Stammpflanzen der Gewürznelken und des Nelkenpfeffers, die schön blühenden Melaleuca- und Callistemonarten, die Stammpflanze der Paranüsse; auch den Granatbaum stellt man hierher.
Myrte (Myrtus L.), Pflanzengattung aus der Familie der Myrtaceen (s. d.). Ihre Arten, lauter immergrüne Bäume und Sträucher der warmen und wärmern gemäßigten Zone beider Hemisphären, haben achselständige Blütenstände, Blüten mit vier- bis fünfteiligem Kelchsaum, vier bis fünf Blumenblättern, zahlreichen freien Staubgefäßen, einem fast kugeligen, unterständigen Fruchtknoten und eine zwei- bis dreifächerige, mit dem Kelchsaume gekrönte Beere mit nierenförmigen Samen. Seit den ältesten Zeiten ist die gemeine M. (Myrtus communis L.) beliebt, ein immergrüner, gewürzhafter, 2‒4 m hoher Strauch oder kleines Bäumchen mit weißen Blumen, in allen Ländern am Mittelländischen Meere einheimisch und sonst häufig kultiviert. Man hat Varietäten mit schmälern und breitern Blättern, die auch in der Natur vorkommen, sowie mit gefüllten Blüten. Da die M. den Winter Deutschlands nicht verträgt, so muß sie bei uns im Kalthause überwintert werden. Ihre bitterlich-zusammenziehenden und gewürzhaft schmeckenden Blätter und Beeren dienten ehedem als Heilmittel. In den klassischen Zeiten Griechenlands war sie als Symbol der Jugend und Schönheit der Aphrodite geweiht. Selbst bis auf unsere Zeiten ist der Gebrauch eines Myrtenkranzes als Ehrenschmuck jungfräulicher Bräute bei Vermählungen geblieben. Dazu wählt man die Varietät mit kleinen, am obern Ende abgerundeten Blättern, während die großblätterige (die gewöhnliche Form der wildwachsenden Pflanze) zu Kränzen und Guirlanden für Verstorbene benutzt zu werden pflegt und deshalb den Namen Totenmyrte erhalten hat. Die M. läßt sich durch Stecklinge leicht vermehren; da sie in ihrer Heimat auf sumpfigem Boden wächst, muß sie während des Sommers feucht gehalten werden.
Myrtengrün, s. Chromgrün.
Myrtenkranz, s. Myrte.
Myrtenöl, aus den Blättern und grünen Früchten der gewöhnlichen Myrte durch Destillation mit Wasserdampf darzustellendes Öl; es enthält besonders Myrtol (s. d.).
Myrtenwachs, s. Myrica und Wachs.
Myrtiflōren, Ordnung aus der Gruppe der Dikotyledonen, Abteilung der Choripetalen, charakterisiert durch regelmäßige, zwittrige Blüten mit meist vier- oder fünfzähligem Kelch und Blumenkrone, zahlreichen, in zwei oder mehr Kreisen angeordneten Staubgefäßen und einen in der Regel unterständigen, aus mehrern Fruchtblättern verwachsenen Fruchtknoten mit nur einem Griffel. Die Ordnung der M. umfaßt die Familien der Combretaceen, Lythraceen, Melastomaceen, Myrtaceen,