Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

146
Nadeln
und Spicknadeln, ferner die N. für Näh-, Stick-,
Strick- und Wirkmaschinen. Als N. bezeichnet man
auch die nadelsörmigen Instrumente für chirurg.
Zwecke. Beim Iacquardstuhl (s. Weberei) nennt
man N. die zur Verschiebung der Platinen dienen-
den Drahtstäbchen; in der Sammetweberei heißen so
Drähte von herzförmigem oder rundem Querschnitt,
die neben den Schußfäden eingetragen werden, um
die Maschen (Noppen) für den Sammetflor zu bilden.
Die Fabrikation der N. läßt sich am besten an
den beiden wichtigsten Arten derselben, den Steck-
nadeln und den Nähnadeln, erläutern. Die
Herstellung dieser beiden Arten, die früher als ein
Gewerbe betrieben wurde, reicht bis ins 14. Jahrh,
zurück (um 1370 blühte das Nadlergewerbe bereits
in Nürnberg). Jetzt ist sie durch den ungeheuren
Bedarf zum rationellen Betrieb in gesonderten Fa-
briken ausgebildet, wobei der äußerst niedrige Preis
durch die Massenfabrikation mit weitgehender Ar-
beitsteilung ermöglicht wird; eine Nähnadel geht
bis zur Fertigstellung durch 30 bis 40 Hände.
Stecknadeln. Die Stecknadel besteht aus zwei
Teilen: dem unten zugespitzten Schaft und dem
kugelförmigen Kopf. Als Material dient entweder
Messing- oder Eisendraht. Man unterscheidet Steck-
nadeln aus einem Stück und solche mit angesetztem
Kopf aus Eisen, Messing oder Glas. Der gerichtete
Draht wird in einige Meter lange Stücke zerteilt
und, zu Bündeln von 20-30 solcher Enden ver-
einigt, auf einer Stockschere in Stücke von der
doppelten Schaftlänge zerschnitten. Ein Arbeiter
ist im stände, bis 50000 Doppelschäfte, die also
100000 N. geben, in einer Stunde zu schneiden.
Die Schäfte werden beiderseitig zugespitzt, wozu
man Schleifsteine aus Sandstein oder Schmirgel
benutzt. Ein Arbeiter faßt mit der linken Hand 20-
40 Schäfte und hält sie gegen den rasch rotierenden
Schleifstein, während er sie mit dem Daumen der
rechten Hand langsam rollt, wodurch eine schlanke
Spitze entsteht. Die angespitzten Schäfte werden in
der Mitte durchgeschnitten und sind alsdann zum
Ansetzen der Köpfe fertig. Diese werden aus sehr
feinem Draht in der Weise gebildet, daß derselbe
auf einer Drehbank zu langen Spiralen von solcher
Weite aufgewickelt ("gesponnen") wird, daß sie ge-
rade noch bequem auf die Schäfte aufgezogen werden
können. Die Spiralen werden in Stücke von zwei
Nmwindungen geschnitten, die, nachdem sie durch
Glühen erweicht worden sind, auf die Schäfte auf-
gesteckt werden und, in Gesenken von Kugelform
festgeschlagen, die Nadelköpfe ergeben. Jetzt wird
ledoch der weitaus größte Teil der Stecknadeln auch
mit Hilfe von Maschinen aus einem Stück hergestellt.
Hierbei werden die Köpfe mittels federnder Hämmer
ähnlich wie bei den Drahtstiftmaschinen (s. d.) an
die Schäfte angestaucht. Die gleiche Maschine spitzt
dann die N. selbstthätig zu. Die fertigen Stecknadeln
werden entweder nur gebeizt, so daß sie die reine
Messingfarbe zeigen, oder oberflächlich verzinnt,
oder auch weih gesotten; die sog. Trauernadeln
erhalten durch Abbrennen mit Öl ihre schwarze
Farbe. Öfters werden die Stecknadeln in ungeord-
neten Massen dem Gewicht nach verkauft, meist findet
man sie jedoch auf Papierstreifen gesteckt. Zum Aus-
lesen der Stecknadeln aus dem wirren Haufen be-
nutzt man eine mit Kämmen versehene endlose Kette,
die bei langsamer Bewegung die N. aufnimmt.
Nähnadeln. Das Material für die Nähnadeln
ist meist Stahldraht, für geringere Sorten auch
Eisendraht, der erst im Gang des Fabrikations-
prozesses oberflächlich in Stahl umgewandelt wird.
Der Draht wird, wie bei den Stecknadeln, mittels
besonderer Drahtschneidemaschinen in Stücke
von der doppelten Nadellänge geschnitten. Eine
solche Maschine ist im stände, täglich 360000 Schäfte
(alfo für 720000 N.) zu schneiden. Die zugeschnit-
tenen Schäfte werden gerichtet, indem man sie mit-
tels eiserner Ringe in Bündel von 500 bis 600
packt, dann gemeinsam schwach glüht und in noch
warmem Zustand mittels der Nichtmaschine
rollt. Die nächste Arbeit ist das Anschleifen der
Spitzen mittels besonderer Nadelspitzmaschinen.
Zur Herstellung des Nadelöhrs werden die Schaft-
enden zunächst breit geschlagen ("gepflöckt"); dann
erfolgt das Ausstechen oder Aushacken des
Öyrs, das jetzt ausschließlich durch Maschinen be-
sorgt wird. Das Pflöcken auf mechan. Wege gefchieht
mittels der Stampfmaschine, einer Art Präg-
werk. Es kann jetzt das Aushacken erfolgen, wofür
jetzt allgemein selbstthätige Stechmaschinen in
Gebrauch sind. Zum beiderseitigen Überseilen wer-
den die Schäfte zu etwa 100 Stück Zwischen flache
Schienen gespannt, durchgebrochen und reihenweise
in Feilkloben oder breitmäulige Zangen gespannt,
um sie beim Abnehmen des Grats, sowie beim Ab-
runden des stumpfen Endes bequem handhaben zu
können. Diese Arbeit erfolgt entweder mit der Hand
durch Feilen oder Schleifen, oder mechanisch mittels
Schleifmaschinen. Hiermit ist die Grundform
der N. vollendet; die nun noch folgenden Arbeits-
phasen gehen meist darauf hinaus, das Fabrikat
nachzuarbeiten. Zunächst erhalten die N. die er-
forderliche Härte, zu welchem Zweck die wirren
Haufen vorläufig durch Schütteln und Schwingen
in Blechmulden geordnet werden. So nebeneinander
aufgereiht, kommen sie auf Schiebern von Eisenblech
in den Härteofen, um bis zur Rotglut erhitzt zu
werden, worauf man sie sofort in kaltem Wasser oder
Öl (Bergener Thran) abschreckt. Durch das Ab-
schrecken sind die N. zu spröde geworden, weshalb
sie wieder angelassen werden müssen, was entweder
durch gelindes Erhitzen auf Eisenplatten (auch in
einer großen Trommel, die einer Kaffeetrommel
ähnlich ist), bis sie violett anlaufen, oder durch
Sieden in Öl geschieht. Auf einer groben, gehörig
festen Leinwand werden nun die parallel gelegten
N. mit dazwischen gestreutem scharfem Sand oder
Schmirgelpulver in mehrern Lagen geschichtet und
mit Rüb- oder Leinöl (auch mit Olivenöl und Pott-
asche) durchfeuchtet. Die Leinwand wird gerollt und
durch Umwickeln von schmalen Lederstreifen zu einer
Walze gebildet; 12 solcher Walzen, stark beschwert,
werden in der Scheuerbank, einer der Wäsche-
mangel ähnlichen Maschine, hin und her gerollt.
Der Rolltisch der Scheuerbank ist entsprechend den
Riffeln der Walzen mit Rippen versehen, so daß die
N. auf einer möglichst großen Oberfläche encrgifch
gegeneinander gerieben werden. Das Scheuern
dauert je nach der Qualität der N. einige Stunden
bis einige Tage. Die Walzen werden öfter gewickelt,
die aus Sand, Schleifstaub, Öl u. s. w. bestehende
Masse wird entfernt und die N. werden, nachdem
sie in Sägespänen getrocknet und mittels einer Ge-
bläsemaschine oder auf eine andere Art von diesen
gereinigt sind, mit neuem Schleifmaterial in der
vorhin beschriebenen Weise verpackt. Das Scheuern
wird oft wiederholt, wobei jedesmal ein feineres
Schleifmittel, schließlich ein Poliermittel, wie Polier-