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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nassau (Stadt) - Nassau-Dillenburg
DiejüngereLiniedesHausesN.,die Ottonische,'
die den Grafen Otto (gest. 1292) zum Stifter hat
und im Königreich der Niederlande (s. d.) herrscht,
teilte sich 1303 in die Linien Dillenburg und Hada-
mar (erloschen 1394). Von der Linie Dillenburg
zweigte sich 1343 ab die Linie Nassau-Beilstein (er-
loschen 1561) und im 16. Jahrh, die oranische
Linie dadurch, daß Fürst Philibert das Fürstentum
Oranien an seine mit Heinrich III. von Nassau-
Dillenburg vermählte Schwester Claudia und deren
Sohn Renatus vererbte (1530). Bei dessen Tode
(1544) siel das Fürstentum an seines Vatersbruders
(Wilhelms des Reichen) ältesten Sohn Wilhelm I.
(s. d.), der sich nun Prinz von Oranien nannte.
Er wurde 1574 von den aufständischen Niederländern
zum Generalkapitän und Statthalter erwählt und
starb 1584 durch Meuchelmord. Sein erstgeborener
Sohn Philipp Wilhelm, Prinz von Oranien,
geb. 1554, starb 1618. In der Statthalterschaft
der Niederlande folgten dem Vater nacheinander
seine beiden jüngern Söhne Moritz (geb. 1567,
gest. 1625) und Friedrich Heinrich (geb. 1584,
gest. 1647), der auch, da seine beiden ältern Brüder
ohne Erben starben, das Fürstentum Oranien erbte.
Friedrich Heinrichs Sohn und Nachfolger in der
Statthalterschaft der Vereinigten Niederlande, Wil-
helm II. (geb. 1626, gest. 1650), erlebte zwar 1648
die Anerkennuna des Freistaates; allein seine Ver-
heiratung mit Maria, der Tochter Karls I., und die
von seinem Hause begünstigten Unternehmungen der
königl. Partei in England erregten den Groll Crom-
wells gegen die Niederländer und die blutigen See-
kriege zwischen beiden Nationen. Sein kriegerischer
Sohn Wilhelm III. (s. d.) von Oranien, geboren
wenige Tage nach des Vaters Tode, wurde 1674
Erbstatthalter von Holland und 1689 König von
England. Er starb 1702 ohne männliche Erben. Aus
Dankbarkeit für den Beistand, den das Zaus Bran-
denburg ihm bei der Besitznahme des Throns von
England geleistet hatte, vermachte er diesem Hause
die Fürstentümer Oranien und Mors nebst mehrern
Herrschaften in Westfalen. Alles übrige erbte sein
nächster Agnat, Johann Wilhelm Friso, Fürst
von Nassau-Diez und Erbstatthalter von Friesland
lgeb. 1687, gest. 1711). Dieser stammte ab von dem
Bruder Wilhelms 1., vom Grafen Johann von
Dillenburg, der im Revolutionskriege als Statt-
halter in Geldern und Zütphen 1606 gestorben war.
Von Johanns von Dillenburg Söhnen stiftete Jo-
hann der Mittlere die Linie Nassau-Siegen
(erloschen 1743), Georg Nassau-Dillenburg
oder Beilstein (erloschen 1739), Johann Ludwig
Nassau-Hadamar (erloschen 1711) und Ernst
Kasimir Nassau-Diez. Nacheinander waren Wil-
helm Ludwig (gest. 1620), Ernst Kasimir (erschossen
1632), dessen Sohn und Enkel Wilhelm Friedrich
(gest. 1664) und Heinrich Kasimir (gest. 1696) Statt-
halter von Friesland und Groningen. Des letztern
Svhnwar der obengenannte Johann Wilhelm Friso,
der sich seit Wilhelms III. Tode Prinz von Oranien,
sein Fürstentum Oranien-Nassau nannte und
1711 ertrank. Sein Sohn Wilhelm IV., dersämt-
liche nassau-ottonische Besitzungen wieder vereinigte
und durch den Einfluß der oranischen Partei in der
Republik neben der Statthalterschaft in Friesland
allmählich auch die Statthalterschaften Geldern,
Zütphen, Groningen, Omeland und Drenthe erhielt,
wurde 1748 Erbstatthalter, Generalkapitän und Ad-
miral der Vereinigten Niederlande und starb 1751.
Ihm folgte sein Sohn Wilhelm V., geb. 1748, ver-
mählt mit einer Schwester Friedrich Wilhelms II.
von Preußen. In bestündigem Kampfe mit der von
Frankreich begünstigten Partei der sog. Patrioten,
vermochte er nur durch die Hilfe Preußens, das 1787
mit einem Truppenkorps in Holland einrückte, sich zu
behaupten. Unter ihm wurde 1783 zwischen den ver-
schiedenen Linien des Hauses N. ein Erbverein ge-
schlossen. Bei dem Einmarsch der Franzosen 1795
genötigt nach England zu fliehen, muhte er 1802 sei-
nen Würden und Besitzungen in den Niederlanden
entsagen, wofür er in Deutschland mit dem Bistum
Fulda und den Abteien Corvei und Weingarten ent-
schädigt wurde. Er starb 9. April 1806. Sein Sohn
Wilhelm I. (s. d.) verlor 1806 durch die Rhein-
bundsakte seine deutschen Erblande und bei dem
Kriege Napoleons gegen Preußen (1806-7) auch
Fulda wieder. Nach der Niederlage der Franzosen
kehrte er im Dez. 1813 nach Holland zurück und
wurde 1815 König der Niederlande und Grohherzog
von Luxemburg. Er dankte 1840 ab und starb 1843.
Ihm folgte sein Sohn Wilhelm II. (s. d.), diesem
17. März 1849 dessen Sohn Wilhelm III. (s.d.), der
23. Nov. 1890 starb. Damit erlosch die Ottonische
Linie im Mannsstamm; es folgte in den Nieder-
landen die Tochter des letzten Königs, Wilhelmina
(geb. 31. Aug. 1880), in Luxemburg der frühere Her-
zog Adolf (s. d.) von Nassau.
Litteratur. Hauptwerk: Schliephake, Geschichte
von N. (fortgesetzt von K. Menzel, 7 Bde., Wiesb.
1864-89); Sauer, Das Herzogtum N. in den I.
1813-20 (ebd. 1893); Keller, Geschichte N.s von
der Reformation bis zum Anfang des Dreißigjäh-
rigen Krieges (ebd. 1865); Arnoldi, Geschichte der
Oranien-Nassauischen Länder und ihrer Regenten
(3 Bde., Hadamar 1799-1819); Annalen des Ver-
eins für nafsauische Altertumskunde und Geschichts-
forschung (Bd. 1-27, Wiesb. 1827-95).
Nassau, Stadt im Unterlahnkreis des preuß.
Reg.-Bez. Wiesbaden, an der Lahn und der Linie
Koblenz-Gießen der Preuß. Staatsbahnen, Sitz
eines Amtsgerichts (Landgericht Limburg) und Ka-
tasteramtes, hatte 1890: 1824 E., darunter 291 Ka-
tholiken und 56 Israeliten, 1895:1796 E., Post-
amt zweiter Klasse, Telegraph, ein Schloß der
Gräfin von Kielmannsegge, ehemals dem Freiherrn
vom Stein gehörig, einen got. Turm zur Erinnerung
an die Befreiungskriege, Realschule, internationales
Erziehungsinstitut, Krankenhaus, Mineralbrunnen,
Wasserheilanstalt: zwei Brauereien und ein Dampf-
sägewerk. Hier wurden 1877 röm. Grüber aufgefun-
den. - N. kommt urkundlich zuerst 790 vor und erhielt
1348 Stadtrechte. - Jenseit der Lahn liegen auf
einem Berge die Ruinen der 1101 erbauten Stamm-
burg N. und der Burg Stein mit einem 1872 er-
richteten Marmorstandbild des Freiherrn vom Stein.
Nassau, Hauptstadt der Bahama-Inseln (s. d.).
Nasfau-Diez, f. Diez (Kreisstadt) und Nassau
(Herzogtum).
Nafsau-Dillenburg, Ludw., Graf von, Bruder
Wilhelms I. von Oranien, geb. 20. Jan. 1538, trat
an die Spitze der Geusen und wurde 1567 vom Her-
zog von Alba geächtet. Er floh nach Deutschland,
siel 1568 von Ostfriesland her in die Provinz Gro-
ningen ein, schlug 24. Mai die Spanier bei Kloster
Heiligerlee, wurde dann aber von Alba 25. Juli
bei Jemgum an der Ems geschlagen. Später
kämpfte N. in Frankreich auf ^eite der Hugenotten,
fiel mit deren Hilfe 1572 in die Niederlande ein