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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Niederländisches Heerwesen

regimentern zu je 5 Schwadronen nebst Depot und ist mit schweren Pferden beritten, ferner aus 1 Ordonnanzenschwadron und einer Reit- und Beschlagschmiedeschule. Die größtenteils berittene Maréchaussée (Gendarmerie) zerfällt in 3 Divisionen mit im ganzen 12 Distrikten. Die Feldartillerie besteht aus 3 Regimentern von je 6 Batterien (zu 6 Geschützen) und 2 Parkcompagnien und einem Korps reitender Artillerie von 2 Feldbatterien zu 6 Geschützen und 1 Lehrbatterie. Die Geschützausrüstung besteht aus 8 cm-Krupp-Geschützen; seit 1896 sind einige Schnellfeuergeschütze zum Versuch eingestellt, auch ist das rauchschwache Pulver in der Einführung begriffen. Die Festungsartillerie ist wegen der bedeutenden Zahl fester Plätze verhältnismäßig stark und besteht aus 4 Regimentern zu je 10 Compagnien und 1 Korps Panzerfortartillerie für die Küsten- und Panzerfortbatterien, 1 Lehrcompagnie, 2 Pontonier-Compagnien, 1 Arbeitercompagnie, 1 Artillerieschießschule. Die Genietruppe besteht aus 9 Compagnien, wovon 3 Feld-, 4 Festungscompagnien, 1 Telegraphen- und Eisenbahn- und 1 Schul- und Depotcompagnie. Die Sanitätstruppe besteht aus 3 Offizieren, 693 Unteroffizieren und Mannschaften in 3 Compagnien. Ferner gehören 2 Torpedocompagnien zur Genietruppe. Zur Anwerbung von Rekruten für die Kolonialarmee (In- und Ausländer) befindet sich im Mutterlande 1 Kolonialwerbedepot, bestehend aus 1 Stab und den Cadres von 2 Compagnien. Zur Infanterie gehörig giebt es endlich noch eine Kolonialreserve, bestehend aus Stab und 5 Compagnien, wovon 1 als Rekonvalescentencompagnie und 1 zur Aufnahme von Artilleristen bestimmt ist. Unterrichtsanstalten sind die höhere Kriegsschule zu ’sGravenhage für Truppenführung und Generalstabs- sowie Intendantendienst; die königl. Militärakademie zu Breda; Hauptkursus zu Kampen; Kadettenschule zu Alkmaar. Zum Zweck der Remontierung besteht ein Remontedepot mit 450 Pferden. Die Schutterij ist eine Bürgerwehr und zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern des Landes bestimmt; im Kriege kann dieselbe als Besatzungstruppe verwendet werden und wird bei den ausgedehnten Befestigungen, zu deren Besetzung die vom stehenden Heer auszuscheidenden Besatzungstruppen nicht ausreichen, herangezogen werden. Die «dienstthuende» Schutterij besteht zu drei Vierteln aus Leuten, die niemals im Heer gedient haben, nämlich aus allen Männern zwischen dem 25. und 35. Jahre; diese gehören 5 Jahre der aktiven Schutterij an, und zwar nur in Gemeinden von wenigstens 2500 Köpfen. Zur Ausbildung der Mannschaft dienen jährlich 50 Übungsstunden. Die Bewaffnung ist ganz veraltet, und die Schutterij daher im Kriegsfalle ernstlich nicht in Betracht zu ziehen. Es giebt 212 Compagnien aktive Schutterij zu je 110‒150 Mann, aus Infanterie und Festungsartillerie bestehend, 1894 zusammen 43487 Mann, die gemeindeweise organisiert sind, auch zuweilen, namentlich bei öffentlichen Aufzügen, im Frieden zusammengestellt werden. Die übrigen fünf Jahrgänge werden «ruhende Schutterij» genannt und sind ohne jegliche Organisation; sie zählen etwa 74819 Mann in 89 Bataillonen. Außerdem giebt es einen Landsturm, der ebenfalls nicht militärisch organisiert ist und aus allen Männern von 19 bis 50 Jahren besteht, die weder dem stehenden Heere noch den Schutterijen angehören, ferner Schützenvereine (Weerbaarheids- oder Scherpschutter-Vereenigingen), die sich im Frieden in der Handhabung des Gewehrs üben und im Kriege der Regierung zur Verfügung stellen. ^[Spaltenwechsel]

Die niederländisch-ostindische Armee wird ausschließlich aus Freiwilligen (Europäern und Inländern) durch Werbung ergänzt und war 1893: 1437 Offiziere, 29739 Mann stark.

Truppengattungen Offiziere Mannschaften

Höhere Stäbe und Specialkorps 468 2669

Infanterie 777 22482

Kavallerie 32 847

Artillerie 149 3085

Genietruppe 11 656

Zusammen 1437 29739

Von den Mannschaften waren 14258 Europäer, 1482 Amboinesen, 13999 Eingeborene. Die Infanterie besteht aus 18 Feld-, 10 Garnisonbataillonen, 5 Garnisoncompagnien, 4 Depotbataillonen, 5 Subsistentencadres, 1 Ergänzungsdepot; die Kavallerie aus 1 Regiment zu 4 Feldeskadrons, 1 Depoteskadron und 1 Detachement; die Artillerie aus 8 Feld- und Bergbatterien und 15 Compagnien Festungsartillerie; die Genietruppe aus 2 Compagnien. An Kolonialreserve sind vorhanden 5 Compagnien Schutterijen und bewaffnete ind. Korps (Pradjoerits), Legionen (Barissans) u. s. w., im ganzen 8775 Mann, davon 4780 Eingeborene.

In den westindischen Besitzungen stehen: in Surinam 2 Compagnien Infanterie, 1 Artilleriedetachement, in Curaçao 1 Compagnie Infanterie.

Ⅱ. Kriegsflotte. Die Flotte ist gegenwärtig von geringer Bedeutung, da sie meist aus veraltetem Material besteht. Jedoch ist durch einen neuen Flottengründungsplan, der 1. Jan. 1893 in Kraft trat, mit einem Bauziel von 10 Jahren und Kostenanschlag von ungefähr 60 Mill. Fl., ein Anlauf zur Herstellung einer aus zeitgemäß gepanzerten und armierten Schiffen bestehenden Flotte genommen worden. Danach sollen zur Verteidigung des Mutterlandes neu gebaut werden: 6 Panzerschiffe zu je 3400 t, 16‒20 Knoten pro Stunde, 17 Geschütze vom 21 cm- herunter bis zum 3,7 cm-Schnellfeuergeschütz, Rammvorrichtung und Torpedobewaffnung, 3 davon sind 1894 vom Stapel gelaufen; 6 Schiffe zu je 400 t, 22 Knoten pro Stunde, 6 Schnellfeuergeschütze und Torpedobewaffnung, für Aufklärung und Avisodienst; 8 Schiffe zu je 200 t, 22 Knoten, mit 2 Schnellfeuer-, 4 Revolverkanonen und Torpedobewaffnung; 6 Schiffe zu je 100 t, 13‒14 Knoten, 2 Schnellfeuer-, 4 Revolverkanonen; 13 große und 4 kleine Torpedoboote. – Ferner sind für Niederländisch-Indien vorgesehen 4 Panzerschiffe zu je 3400 t, 1 Schiff zu 400 t und 4 große Torpedoboote. Bestand der Flotte 1896, einschließlich der Schiffe der ind. Militärmarine: 1 modernes, 2 alte Panzerschiffe Ⅲ. Klasse, 3 moderne große Küstenpanzerschiffe, 1 modernes, 16 alte kleine Küstenpanzerfahrzeuge, 1 moderner Kreuzer Ⅳ. Klasse, 56 meist alte Kanonenboote, 10 alte Kreuzer verschiedener Größe, 14 Torpedoboote Ⅱ. Klasse, 28 Torpedoboote Ⅲ. Klasse, sowie außerdem 16 Schul- und Wachtschiffe, 1 Torpedodepotschiff, 6 Raddampfer, 1 königl. Jacht, 7 Segelschiffe, 4 Lotsendampfer, 2 Schiffe für den Seefischereischutz. Im Bau sind 3 moderne Kreuzer Ⅲ. Klasse. Das Marinebudget für 1896 beträgt 15758026 Fl. (gegen 15759030 1895); 16 Schiffe