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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nordamerika

Nordamerika, die nördl. Hälfte der Neuen Welt oder Amerikas, hängt mit der südl. kleinern Hälfte nur durch den niedrigen schmalen Isthmus von Panama zusammen und wird durch den Golf von Mexiko und das Karibische Meer von derselben geschieden. Scheidet man Centralamerika (s. d.) als besondern Teil aus, so reicht N. im S. bis zum Isthmus von Tehuantepec. N. bedeckt ohne Grönland und das Arktische Amerika 19,8 Mill. qkm und zählt etwa 84 Mill. E., die sich auf die drei Staaten sehr ungleich verteilen. Alles Nähere über Oberflächengestaltung, Klima, Produkte u. s. w. s. Amerika, Britisch-Nordamerika und Canada, Mexiko und Vereinigte Staaten von Amerika. Über die frühere Entdeckungsgeschichte s. Amerika.

Entdeckungsgeschichte im 19. Jahrhundert. Für das britische Gebiet und Alaska sind folgende Reisen zu nennen: Kapitän John Palliser erforschte 1857-59 die Felsengebirge, daran schloß sich die Red-River-Expedition unter Gladmar, Hind, Napier und Dawson 1857 in das Land zwischen dem Red-River und dem Felsengebirge. 1859 entdeckte McFarlane den nördlich vom Bärensee entspringenden Andersonfluß. Von 1862 bis 1873 machte der franz. Missionar Abbé Petitot die ausgedehntesten Reisen vom Großen Sklavensee bis zum Mackenzie und zum Eismeer. R. C. Mayne und H. I.^[vermutlich korrekt: H. S. - Henry Spencer] Palmer bereisten Britisch-Columbia, R. Brown erforschte 1863 die Insel Vancouver und 1866 die Königin-Charlotte-Inseln. Britisch-Columbia verdankt seine Erforschung namentlich dem Bau des Canadian Pacific Railway.

Durch die 5jährigen Untersuchungen A. Waddingtons über die beste Linie für eine Eisenbahn von Canada nach Britisch-Columbia wurde die erste klare Übersicht über die Gliederung der Felsengebirge in Britisch-Columbia gewonnen. Ihm folgte 1872-73 C. H. Gansby. Besonders wichtig wurden die geolog. Aufnahmen in Canada unter Leitung von A. R. C. Selwyn, am Nord-Saskatchawan 1873 in Gemeinschaft mit N. Bell, am Süd-Saskatchawan durch J.^[James - 1810-83] Richardson und 1875 durch Selwyn selbst in Vancouver und Britisch-Columbia, durch Dawson, Bell u. a. Die auf dem 49. Parallelkreis durch den Kontinent laufende Grenze zwischen Canada und der Union wurde von 1872 bis 1875 von der North-American Boundary Expedition genau aufgenommen und geologisch und botanisch erforscht. Diese Arbeiten im nordwestl. Canada trugen noch den Charakter echter Forschungsreisen, ebenso wie die meisten Reisen, die von den Amerikanern in dem 1867 von Rußland erworbenen Alaska ausgeführt wurden. Dahin sind zu rechnen: die Reisen von Fr. Whymper und W. H. Dall (1866-67), Ch. W. Reymond 1869, A. Pinard (1871 auf den Alëuten), während 1871 und in den folgenden Jahren unter W. H. Dall die Küsten vermessen wurden. Im Sept. 1880 erforschte V. Schulze den Unterlauf des Chilcat-River. 1882 nahmen die Brüder Krause den Chilcat-Inlet auf und machten topogr. und ethnogr. Studien an der Westküste. 1883 befuhr Schwatka mit dem Topographen Homan den Yukon und vermaß ihn in seinem ganzen Laufe. 1885 erforschte H. I.^[korrekt: H. T. - Henry Tureman] Allen das Flußgebiet des Kupferflusses, den Tanana sowie den untern Lauf des Koukuk (Kojukuk). Der Kowak (auch Putnam genannt) wurde 1883 von Stoney entdeckt, 1884 von Lieutenant Cantwell bis zu seiner Quelle befahren. Stoney machte 1885 eine Schlittenreise nach dem Natak aufwärts bis in das Quellgebiet und nahm im Jan. 1886 die Umgebung des Selawiksees auf. Howard erreichte mit Price 25. Juni 1886 den Arktischen Ocean unweit östlich von Point Barrow. Der Geolog Woolfe überwinterte 1884-85 bei Kap Lisburne und nahm die Küste südlich bis zum Nunatak auf; Schwatka unternahm im Juni 1886 auf Kosten der "New York Times" die Erforschung der St.-Elias-Alpen und fand einen in die Jeybai mündenden Fluß, den er Jones-River nannte. In den J. 1881-83 bereiste Kapitän Jacobsen zur Beschaffung ethnolog. Sammlungen für das Berliner Museum für Völkerkunde die Insel Vancouver, die Königin-Charlotte-Inseln und mehrere Punkte der Küste von Britisch-Columbia und Alaska. Im Sommer 1883 erforschte im Auftrage der Regierung von Britisch-Columbia Sproat den durch die Pacificbahn erschlossenen Distrikt Kootenay am Oberlaufe des Columbia-River und am Kootenay (Kootanie) zwischen den Rocky-Mountains im O. und der Selkirk-Range im W. Die bisher noch nicht erforschten Gebiete zwischen den Strömen Mackenzie und Jukon bereisten zwei engl. Touristen Garland und Beatty. Um die Grenze zwischen Alaska und Britisch-Columbia zu bestimmen, ging Kapitän McGarth (1889) den Yukon hinauf; zu demselben Zweck erforschte eine gemischte Kommission die Grenzländer. Besser durchforscht wurde Alaska, als am obern Jukon 1895 Gold gefunden wurde.

Die lebhafte Agitation des canad. Geologen Bell, welche zum Zweck der billigern Verfrachtung der in den westl. Territorien Britisch-Nordamerikas hervorgebrachten Brotstoffe die Erschließung der Hudsonbai und Hudsonstraße für den Dampferverkehr ins Auge gefaßt hat, rief 1884 und 1885 zwei staatlich unterstützte Expeditionen hervor, welche die Schiffbarkeit und die Eisverhältnisse zu untersuchen hatten. Die durch diese Expeditionen angestellten Beobachtungen haben die Schiffbarkeit während der Monate Juli bis Oktober festgestellt. 1886 untersuchte Low die Hudsonbai. 1895 entdeckte Bell südöstlich von der Jamesbai einen die meisten andern Zuflüsse der Hudsonbai an Größe überragenden Strom, der nach ihm Bell-River genannt wurde. Den Westen der Provinz Quebec erforschte 1894-95 O’Sullivan, die Barren Grounds im Westen der Hudsonbai 1893 und 1894 Tyrrell, die Umgebung des Großen Bärensees Petitot.

Labrador wurde in seinem östlichsten Teile 1880 von Stearns, von der kleinen Insel Bonne Esperanol aus, in der Belle-Isle-Straße, nach allen Richtungen durchzogen, um zoolog. und botan. Sammlungen anzulegen. Das nordwestl. Labrador durchkreuzte auf einem Boote im Sommer 1884 der Missionar Peck, Sendbote der Church Missionary Society unter den Eskimo der Hudsonbai, von der Station am Little-Whale-River an der Ostküste der Hudsonbai bis Fort Chimo, Posten der Hudsonbaicompagnie an der Ungavabai. 1885 erforschten Macoun und Low den Süden und 1893-94 Low allein das Innere der Halbinsel, wo er reichlichen Baumwuchs und fischreiche Gewässer fand.

In den Vereinigten Staaten wurde schon zu Anfang des Jahrhunderts (1804-6) ein großer Erfolg erzielt durch Lewis und Clarke, die von Missouri aus über das Felsengebirge gingen, die Quellflüsse des Columbia entdeckten und auf diesem Strom das Meer erreichten.