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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Nota bene; Notabilität; Notadresse; Notălgie; Notār

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Nota bene – Notar

Verwaltungen zusammengesetzt, 22. Febr. 1787 eröffnet, 25. Mai geschlossen, stellte einerseits zwar den Antrag auf Herstellung von Provinzialversammlungen, Abschaffung der Fronen, der Salzsteuer und Entlastung des Getreidehandels; ja mehrere Bureaus der N. empfahlen die Berufung der Reichsstände; auf der andern Seite aber wiesen die N., mißtrauisch gegen die Regierung und ängstlich, ihre materiellen Vorrechte zu verlieren, Calonnes Antrag auf Errichtung einer allgemeinen Grundsteuer zurück, stürzten so, im Sinne der Standesselbstsucht, den Minister und wiesen dessen Nachfolger Loménie de Brienne gleichermaßen ab. So wurden denn die allgemeinen Reichsstände zur Notwendigkeit; die Frage, wie in diesen die drei Stände abstimmen, ob dem dritten Stande eine angemessene Stimmweise bewilligt werden sollte, wurde von dem unentschlossenen Necker den nochmals (Nov.-Dez. 1788) berufenen N. vorgelegt; wiederum entschieden sie schließlich für die Privilegierten gegen den dritten Stand und thaten so das Ihrige zur Herbeiführung der Revolution. – Vgl. Chérest, La chute de l’ancien régime (3 Bde., Par. 1884‒86).

Nota bene (lat., abgekürzt NB. oder n. b.), bemerke wohl; auch substantivisch: ein Notabēne, soviel wie Merkzeichen, Denkzettel.

Notabilität (lat.), das Angesehensein; angesehene Persönlichkeit.

Notadresse, s. Ehrenannahme.

Notălgie (grch.), Rückenschmerz.

Notār (lat. notarius), ein öffentlicher Beamter, welcher 1) öffentliche Urkunden namentlich über für privatrechtliche Verhältnisse erhebliche Akte, z. B. Kauf-, Miet- und Pachtverträge, Schuld- und Pfandverschreibungen, Ehestiftungen, letztwillige Verfügungen, Erbauseinandersetzungen, Nachlaßverzeichnisse, Wechselproteste, aufnimmt; 2) Akte, welche durch öffentliche Urkunden bezeugt werden, wie Versiegelungen, Entsiegelungen, Versteigerungen von Grundstücken, vornimmt; 3) die Echtheit ausgestellter Urkunden und das Datum der Ausstellung oder die Treue von Abschriften zum öffentlichen Glauben urkundlich bezeugt. Er hat die aufgenommenen Urkunden aufzubewahren und einfache oder vollstreckbare Ausfertigungen davon zu erteilen. Die N. sind der staatsdienstlichen Disciplin unterworfen und stehen in dieser Beziehung gewöhnlich unter der Aufsicht und Disciplinargewalt der Gerichte oder deren Präsidenten und des Justizministers, in Elsaß-Lothringen auch der Notariatskammer. Sie führen ihren Beruf wie der Rechtsanwalt und der Arzt für eigene Rechnung, beziehen also, mit Ausnahme der Amts- und Gerichtsnotare in Württemberg, keinen Gehalt, sondern eine ihnen von der Partei, für welche sie den Akt vornehmen, zu zahlende Gebühr, meist nach gesetzlicher Taxe, aber sie dürfen nicht, wie Rechtsanwalt und Arzt, ihre Dienste schlechthin verweigern, sondern nur bei genügendem Ablehnungsgrund. In Oldenburg, Sachsen-Weimar, Schwarzburg-Rudolstadt, Hessen-Darmstadt rechts vom Rhein giebt es keine N. In den meisten übrigen deutschen Staaten konkurrieren sie in der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit den Amtsgerichten; jedoch sind oft gewisse Geschäfte den Gerichten vorbehalten, namentlich die Führung der Grund- und Hypothekenbücher, das Vormundschaftswesen, Fideïkommißsachen; im Gebiet des Preuß. Allg. Landrechts überdies Auflassung von Grundstücken, Schenkungen, Adoptionen und Entlassung aus der väterlichen Gewalt u. s. w. Umgekehrt sind den N. in Elsaß-Lothringen, Rheinpreußen und Bayern die meisten oder eine große Anzahl von Geschäften der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausschließlich vorbehalten; in Württemberg sind die Amts- und Gerichtsnotarien zur Unterstützung der Waisengerichte und Gemeindeämter in Behandlung der Rechtsgeschäfte, welche besondere Gesetzes- und Geschäftskenntnisse erfordern, in Baden die Gerichtsnotarien zur Führung gewisser Geschäfte bei den Amtsgerichten berufen, während hier wie dort die immatrikulierten (gewöhnlichen) N., unter Konkurrenz der Amts- und Gerichtsnotare, dieselbe Stellung einnehmen wie die N. anderwärts. In beiden Staaten, in Bayern, in Elsaß-Lothringen, Rheinpreußen, Rheinhessen und Österreich bilden die N. einen besondern Stand; in den übrigen Staaten sind die N. gewöhnlich zugleich Rechtsanwälte. Nirgends besteht ein freies Notariat in dem Sinne wie eine freie Advokatur. Vielmehr werden die N. in gesetzlicher fixierter (Bayern) oder dem Bedürfnis entsprechender Zahl für einen bestimmten Bezirk, in Preußen den eines Oberlandesgerichts, in Sachsen für das ganze Königreich, mit Anweisung eines bestimmten Wohnsitzes vom König (Bayern und Württemberg) oder vom Justizminister (Preußen, Sachsen, Baden), in Elsaß-Lothringen vom Statthalter ernannt. Gewöhnlich wird die Qualifikation zur Ausübung des Richteramtes gefordert, doch giebt es noch hie und da unstudierte N. Notariatskammern bestehen unter anderm in Rheinpreußen, Bayern, Baden, Elsaß-Lothringen. Es besteht ein Notariatsverein für Deutschland und Österreich. In verschiedenen Staaten ist den N. die Verpflichtung auferlegt, vor Antritt ihres Amtes eine Kaution zu leisten; auf gewissenhafte Amtsführung werden sie überall beeidigt. Im alten Reiche wurden die N. von den Hofpfalzgrafen im Namen des Kaisers ernannt, maßgebend war die Notariatsordnung von 1512. – In diesem Jahrhundert haben die meisten Staaten besondere Notariatsordnungen erlassen (auch mit Bestimmungen über Form der Notariatsurkunden): Preußen, nach Vorbild des franz. Gesetzes vom 25. Ventôse ⅩⅠ (10. März 1803), für den Bezirk des Oberlandesgerichts Köln in dem Gesetz vom 25. April 1822 mit Nachträgen; für die Provinz Hannover ist die Hannoverische Notariatsordnung vom 18. Sept. 1853 im wesentlichen maßgebend geblieben und auf den Kreis Rinteln ausgedehnt; für die übrigen Landesteile gilt das preuß. Notariatsgesetz vom 11. Juli 1845; für ganz Preußen ist das Gesetz vom 15. Juli 1890, für Preußen mit Ausnahme der Rheinprovinz das Gesetz vom 8. März 1880 erlassen; für Bayern das Notariatsgesetz vom 10. Nov. 1861; für Sachsen das Gesetz vom 5. Sept. 1892; für Württemberg Gesetz vom 14. Juni 1843; für Baden Gesetz vom 6. Febr. 1879; für Österreich Gesetz vom 25. Juli 1871. Die aus der Mitte der N. öfters gewünschte gemeinsame Notariatsordnung für das ganze Deutsche Reich steht vorläufig nicht in Aussicht; wichtiger ist die Frage des Bestandes der N. Das Bürgerl. Gesetzbuch für das Deutsche Reich steht dem nicht entgegen. Es stellt meist gerichtliche und notarielle Beurkundung einander gleich und überläßt sogar den Einzelstaaten in solchen Fällen die N. für ausschließlich zuständig zu erklären (Einführungsgesetz, Art. 141).

Litteratur. Franz, Das Notariat in Elsaß-Lothringen (Straßb. 1884); Mayer, Das württemb.