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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Oberösterreich

Land- und Forstwirtschaft. Die Landwirtschaft steht auf sehr hoher Stufe. Von der Gesamtfläche (1198541 ha) sind 35,08 Proz. Äcker, 18,54 Proz. Wiesen, 1,99 Proz. Gärten, 1,88 Proz. Hutweiden, 0,61 Proz. Alpen, 34,02 Proz. Waldungen, 0,77 Proz. Seen, Teiche, Sümpfe und 4,16 Proz. unproduktives Land. 1894 wurden geerntet 971380 hl Weizen, 1812870 Roggen, 913240 Gerste, 2216300 Hafer, 381600 Mengfrucht, 3190 Buchweizen, 3600 hl Hülsenfrüchte, 839720 t Stroh, 167538 Kartoffeln, 106243 Runkelrüben, 51735 Kraut, 2100 Raps, 1593 Flachssamen, 1702 Flachsbast, 207 Hanfsamen, 358 Hanfbast, 116 Hopfen, 2591 t Cichorie, 61 Mill. Stück Weberkarden, 10,4 Mill. t Heu, 32270 Kern- und 3040 t Steinobst. Außerordentlich entwickelt ist der Obstbau; statt des Weines, der in O. nicht gebaut wird, wird Obstwein in sehr großen Mengen erzeugt. Ebenso hoch steht die Viehzucht, insbesondere die Pferde- und Rinderzucht. 1890 wurden gezählt 60404 Pferde, 61 Esel, 553074 Rinder, 31592 Ziegen, 63310 Schafe, 247902 Schweine und 38125 Bienenstöcke. Von den Pferden werden insbesondere die schweren Schläge gezogen. Der Waldstand besteht aus 52121 ha Laub-, 339866 ha Nadel- und 15771 ha Mittel- und Niederwald mit 1457830 Festmeter jährlichem Holzzuwachs, darunter 37 Proz. Bau- und Nutzholz. Die Jagd ergab (1890) 10051 Stück großes, 55453 Stück kleines Haarwild, 65330 Feder- und 3553 Raubwild.

Bergbau. Der Bergbau beschäftigte 1894 (ohne die Salinen) 1439 Arbeiter. Gewonnen wurden 374502 t Braunkohlen im Werte von 858619 Fl. Der staatliche Salzbergbau beschäftigte 1208 Arbeiter und förderte 214 t Steinsalz, 71931 Sudsalz, 5473 t Industriesalz im Werte von 7003420 Fl. Der Bergbau auf Salz wird vom Staat als Monopol in Hallstadt und Ischl betrieben und die Sole ebendaselbst und in Ebensee versotten. An Steinen und Erden ist das Land reich. Erwähnenswert sind die Gipsbrüche bei Ischl, die Mühlensteinbrüche zu Perg und Dachsberg, der Schleifsteinbruch in der Gosau und die berühmten Granitbrüche bei Mauthausen.

Industrie. Die gewerbliche Industrie steht nicht auf der Höhe wie in Niederösterreich. Von größerer Bedeutung sind jedoch die Verfertigung von Eisenwaren, insbesondere die berühmte Waffenfabrikation in Steyr, welche (1890) 9072 Arbeiter beschäftigte, 469077 Gewehre und 534000 Waffenbestandteile herstellte, und die Erzeugung von Sensen (3126832), Sicheln (70000), Strohmessern (30000), Messern (1847000), Klingen (414000) und andern Stahlwaren (390000 Stück), die in Stadt Steyr und Umgebung am schwunghaftesten betrieben wird, sowie die Leinen- und Baumwollindustrie, zumeist in Kleinmünchen bei Linz. Es bestanden 9 Baumwollspinnereien mit 1467 Arbeitern und 128000 Spindeln, 4 Baumwollwebereien mit 640 Stühlen und 500 Arbeitern, 1 Flachsspinnerei (10700 Spindeln), 3 Leinenwebereien, 1 Schafwollweberei, 3 Holzstofffabriken, 24 Papierfabriken mit 1471 Arbeitern und 14630 t Produktion, 1 Uhrenfabrik in Ebensee mit 200 Arbeitern, über 2000 Mühlen, darunter 2 große in Kleinmünchen und Wels (mit je 15000 t Produktion). 1894 gab es 204 Brauereien, welche 1018758 hl Bier, 2130 Brennereien, welche 507332 Hektolitergrade Alkohol, endlich eine staatliche Tabakfabrik, welche mit 843 Arbeitern 1820 t Tabakfabrikate und 32,6 Mill. Cigarren erzeugte. Als Hausindustrie wird die Eisen- und Stahlwarenerzeugung in den Bezirken Steyr und Kirchdorf, die Holzwarenerzeugung in der Viechtau bei Gmunden und die Leinenweberei im Mühlviertel nördlich von der Donau betrieben. Gegen Unfall waren (1893) 7091 Betriebe mit 554 Beamten und 52653 Arbeitern mit einer jährlichen Lohnsumme von 10,39 Mill. Fl. versichert.

Handel und Verkehrswesen. Der Handel erstreckt sich auf Erzeugnisse der gewerblichen Thätigkeit, am Holzwaren, nutzbare Steine, Salz und Holz und wird durch die Donau und die österr. Staatsbahnen sowie durch gute Landstraßen unterstützt. Die Zahl der Handelsgewerbe betrug (1890) 14655. Der Großhandel ist in Linz konzentriert. Es bestanden (1892) 6 Aktiengesellschaften mit 3,05 Mill. Fl. Aktienkapital, 97 Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und 40 Sparkassen mit 113,97 Mill. Fl. Einlagen. O. hatte (Ende 1894) 8450 km Straßen, wovon 717 dem Staate, 88 km dem Lande gehörten, 369 km schiffbare, 249 km flößbare Wasserstraßen, 860,8 km Eisenbahnen, darunter 254,3 km Lokalbahnen, 1563 km Telegraphenlinien und 4624 km Drähte, 354 Post- und 126 Telegraphenämter.

Unterrichtswesen und Kultus. Von Lehranstalten besaß das Land (1892) 502 öffentliche, 32 Privat-, Volks- und 10 Bürgerschulen mit 1637 Lehrern, 632 Lehrerinnen und 117396 Schülern, d. i. 99,5 Proz. der schulpflichtigen Kinder (1871: 82,3, 1885: 98,5 Proz.), 4 Gymnasien, 2 Realschulen, 2 Handelsschulen, 5 gewerbliche Fach-, 1 allgemeine Handwerker- und 10 gewerbliche Fortbildungsschulen, 1 Ackerbau-, 1 Obstgarten- und Weinbauschule, 1 Lehrer- und 1 Lehrerinnen-Bildungsanstalt, 2 kath.-theol. Lehranstalten, 9 Gesang- und Musik-, 58 weibliche Arbeitsschulen, 19 Lehr- und Erziehungsanstalten, 1 Hebammenschule und 1 öffentliche Studienbibliothek. In der Landeshauptstadt Linz bestehen ein Museum und verschiedene gemeinnützige Vereine. Die kath. Konfession besaß (1890) 1 Bistum (Linz), 402 Pfarreien und zählte 694 Weltgeistliche, 587 Mönche und 1199 Nonnen in 101 Stiftern und Klöstern; die evang. Superintendenz 2 Seniorate mit 16 Pfarreien und 19 Gemeinden.

Verfassung und Verwaltung. Nach der Landesordnung vom 26. Febr. 1861 begreift der Landtag 50 Mitglieder, nämlich den Bischof von Linz und 49 auf sechs Jahre gewählte Abgeordnete (10 vom großen Grundbesitze, 17 von den Städten und Industrialorten, 3 von der Handels- und Gewerbekammer in Linz und 19 von den Landgemeinden). Nach dem neuen Wahlgesetz (1896) wählt O. 20 Abgeordnete in das österr. Abgeordnetenhaus, und zwar 3 Vertreter des Großgrundbesitzes, 6 der Städte, 1 der Handels- und Gewerbekammer in Linz, 7 der Landgemeinden und 3 der allgemeinen Wählerklasse (gewählt durch allgemeines Stimmrecht). Das Gemeindewesen des Landes hat durch die Gemeindeordnung vom 28. April 1864 eine neue Organisation erhalten. An der Spitze der polit. Verwaltung steht der Statthalter in Linz. Für die Rechtspflege sorgen das Landesgericht in Linz und die 3 Kreisgerichte in Ried, Steyr und Wels sowie 46 Bezirksgerichte, sämtlich in erster Instanz. Zweite Instanz ist das Oberlandesgericht in Wien. Die Finanzverwaltung leitet die Finanzdirektion in Linz, der die Finanzprokuratur, das Gebührenbemessungsamt, die Finanzlandeskassa, das Hauptzollamt und das Lottoamt, alle in Linz, 4 Finanzinspektorate, 18 Zoll- und 46 Steuerämter unterstellt sind. In Linz besteht ferner eine k. k. Eisenbahnbetriebsdirektion mit