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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Obertribunal; Oberursel; Oberverwaltungsgericht; Obervienne; Obervormundschaft

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Obertribunal - Obervormundschaft

Saite kann z. B. als Ganzes mit der Schwingungszahl n, aber auch in 2, 3, 4, 5 Teile abgeteilt mit den Schwingungszahlen 2 n, 3 n, 4 n, 5 n schwingen. Meist werden alle diese Schwingungsweisen in größerer oder geringerer Stärke zugleich auftreten. Dann hört man aber neben dem Grundton n auch alle diese Töne. Folgen sich zwei Klänge von einfachem Schwingungszahlenverhältnis, z.B. 4 n zu 5 n, melodisch, so wiederholt der eine einen Teil der O. des andern. Beide haben z. B. 20 n gemeinschaftlich. Auf diesem gemeinsamen Gehalt der Klänge an O. beruht das Gefühl ihrer Verwandtschaft, das zur Bildung von Tonleitern führt.

Obschon nun jedes Ohr einen Klang wirklich in die ihn konstituierenden Töne zerlegt, so haben doch die wenigsten Menschen ein Bewußtsein davon, und nur besonders feinhörige Musiker vermögen bei Aufmerksamkeit nach längerer Übung aus einem Klange neben dem Grundton die begleitenden O. herauszuhören. Man ist aber im stande, durch geeignete, von Helmholtz (1859) erfundene Vorrichtungen, Resonatoren, diese O. auch jedem ungeübten Ohr wahrnehmbar zu machen. Ein solcher Resonator (s. beistehende Figur) ^[Abbildung] besteht aus einer Hohlkugel aus Metall, deren eine Öffnung t der Tonquelle zugewandt und deren andere o in das Ohr gesteckt wird. Für jede Tonhöhe hat die Kugel eine andere Größe. Die O. können übrigens, je nachdem der tönende Körper mehr oder weniger regelmäßig gestaltet und gleichmäßig in seinen Elasticitätsverhältnissen ist, entweder harmonisch oder unharmonisch sein. Harmonisch sind sie, wenn ihre Schwingungsverhältnisse, wie bei allen musikalisch verwendbaren Tonwerkzeugen, einfache Intervalle mit dem Grundton bilden, unharmonisch, wenn dies nicht der Fall ist. Man nennt dann eine solche Tonmasse nicht mehr Klang, sondern Geräusch, Klirren, Klappern, Brummen, Sausen u. s. w. Die Verschiedenheit in der Anzahl und Stärke der sich bildenden harmonischen und etwaigen unharmonischen O. ist der Grund für die Verschiedenheit in der Klangfarbe (s. d.) der verschiedenen musikalischen Instrumente. Die Theorie der O. ist von größter Wichtigkeit sowohl für die Harmonielehre als für die Akustik. Untersuchungen darüber verdankt man Jean Philippe Rameau (1726), Seebeck (1844) u. m. a. G. S. Ohm erklärte (1843) die wirkliche Existenz der O., auf welcher Basis Helmholtz seine Theorie des Klangs (1859-63) baute.

Obertribunal, s. Oberappellationsgericht.

Oberursel, Stadt im Obertaunuskreis des preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden, an der Ursel und der Linie Frankfurt a. M.-Homburg der Preuß. Staatsbahnen, hatte 1890: 4111,1895: 4544 E., darunter 1145 Evangelische und 22 Israeliten, Post, Telegraph, schöne Kirche (1481), Real-, höhere Mädchenschule, Baumwollspinnerei, Kupferhammer und -Walzwerk, Eisengießerei, Stahlschleiferei, Stock- und Holzschneiderei, Eisendreherei, Maschinenfabrik für Lederindustrie, Fabrikation von Kunstwolle, Filz, Papier, Papierhülsen und Schulbänken, Loh-, Schneide- und Mahlmühlen und Obstbaumzucht.

Oberverwaltungsgericht, s. Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Obervienne, franz. Departement, s. Vienne (Haute-).

Obervormundschaft, die Oberaufsicht über die einzelne Vormundschaft. Nach Gemeinem Recht und der Mehrzahl der geltenden Rechte steht die Oberaufsicht dem Staate zu und wird als ein Bestandteil der sog. nicht streitigen Rechtspflege von den Gerichten ausgeübt. Andere Rechte überweisen grundsätzlich die O. den Gemeinden oder besondern, zum Teil auch mit nicht rechtsgelehrten Personen besetzten Behörden. Hierher gehören z. B. Württemberg (für nichteremte Personen), die meisten mecklenb. Städte, Hamburg, Lübeck und Bremen (letztere nicht für das ganze Gebiet). Andere Rechte haben den Gemeinden eine Mitwirkung bei Ausübung der Vormundschaft und einen gesicherten Einfluß auf deren Führung eingeräumt (z.B. bad. Waisenrichter, die jedoch der Aufsicht und einer gewissen Leitung seitens des Gerichts untergeordnet sind; Hess. Provinzen Starkenburg und Oberhessen; und beschränkt die Vormundschaftsordnung für Preußen von 1875, §§. 52 fg., u. a.). Der Code civil, der hiernach für Deutschland nur noch in kleinern Gebieten in Betracht kommt (Rheinbayern, Rheinhessen, Birkenfeld), hat die O. dem Familienrate übertragen. Das Bürgerl. Gesetzbuch für das Deutsche Reich weist die O. den Gerichten zu, als deren Hilfsorgane der Gemeindewaisenrat und eventuell noch ein Familienrat fungieren (§§. 1849 fg. und §§. 1858 fg.).

Nach Gemeinem Recht äußert die O. ihre Wirksamkeit, abgesehen von der Einsetzung des Vormundes und davon, daß regelmäßig zu Veräußerungen eine Anordnung der O. (sog. Veräußerungsdekret) erforderlich ist, hauptsächlich in der Aufsicht über die Verwaltung; der Vormund kann nötigenfalls durch Zwang zur Erfüllung seiner Pflichten angehalten, auch wegen Pflichtwidrigkeit und aus gewissen andern Gründen des Amtes entlassen werden. Die wichtigste Handhabe besteht in der regelmäßigen Abnahme der Rechnung, auch der Schlußrechnung. Die O. kann aber den Vormund nicht anweisen, wie er handeln soll, soweit nicht das Aufsichtsrecht zu einem Eingreifen Anlaß giebt. Die O. bestimmt den Aufenthaltsort des Mündels. Auf Antrag des Vormunds hat sie den Betrag festzusetzen, welcher für den Bedarf des Mündels verwendet werden darf. Das Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch und eine Reihe anderer Gesetze haben im wesentlichen diese Ausgangspunkte festgehalten. Das Preuß. Allg. Landr. II, 18, §§. 235 fg. und das Osterr. Bürgerl. Gesetzbuch gehen in der Beschränkung des Vormunds viel weiter. Nach ersterm leitete die O. geradezu die Verwaltung. Die Preuß. Vormundschaftsordnung von 1875, §§.27, 37, 43, 49, 51 ist im wesentlichen zum Gemeinen Recht zurückgekehrt, jedoch mit manchen Abweichungen in Einzelheiten. Der Code civil hingegen überträgt die Verwaltung in ihrem ganzen Umfange dem Vormund (Art. 450 fg.); der Vormund ist indessen bei zahlreichen Rechtsgeschäften und Handlungen an die Genehmigung des Familienrats gebunden. Rechnungslegung an den Familienrat findet nicht statt; der Familienrat kann aber die Vorlegung von Übersichten über den Zustand der Verwaltung an den Gegenvormund anordnen. Der Familienrat ist berechtigt, die Verwaltung zu leiten; er erteilt Anweisungen über die Erziehung des Mündels und greift mehrfach unmittelbar in die Verwaltung ein. Das Bürgerl.. Gesetzbuch für das Deutsche Reich (§§. 1837 fg.) folgt im wesentlichen der Preuß. Vormundschaftsordnung. - Vgl. Stobbe, Handbuch