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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Oderwitz - Odessa
null bei Fürstenberg, ersteigt in 5,9 km Länge nüt
3 Schleusen die auf -1^0,80 liegende 36,i km lange
Scheitelstrecke und fällt von dieser nüt 4 Schleusen
zu dem auf > 32,42 gelegenen, von der Dahme
12 km vor deren Mündnng in die Spree gebildeten
Seddinsee. In der Scheitelstrccke benutzt der O. auf
H4,s km den entsprechend vergrößerten Friedricb-
Wilhelms-Kanal und in dem nach der Spree abfal-
lenden Teile anf 19 km Länge die kanalisierte
Spree. Der von der Oder bis zur Dahme 86,6 km
lange O. hat 2 m Tiefe, 23,2 - 27,2 m Wasser-
spiegel- und 14-18 m Eohlbreite. Die Schlensen
sind teils 65, teils 55 m lang und 8,6 m weit,
2,5 m tief. Eigenartig sind die Thore der der Spree
zunächst gelegenen Wernsdorfer Schleuse konstruiert,
die nahezu 5 m Niveaudifferenz auszuhalten haben.
Sie drehen sich um horizoutale Achsen und werden
hydraulisch bewegt. Nachdem 1895 der Verkehr auf
17 315 Schiffe (darunter 1876 Dampfer) und 2500
Floßholzzüge gestiegen war, wurde mit der von vorn-
herein vorgesehenen Verbreiterung der Sohle auf
durchweg 18 m und den damit Zusammenhängen-
den Bauten begonnen.
Oderwitz, s. Oberoderwitz und Niederoderwitz.
Odessa (von den Nüssen gesprochen adjeM).
1) Militärbezirk im südwestl. Teil des europ. Ruß-
lands, umfaßt die Gouvernements Bessarabien (mit
Ausschluß des Kreises Chotin, s. Kiew), Cherson,
Iekaterinoslaw und Taurien und hat 239772,3 hkm
mit 6 539963 E., d. i. 27,2 auf 1 hkm. - 2) Kreis
im südwestl. Teil des Gonvernements Cherson, zwi-
schen dem Bug und dem Dnjestr, hat 10180 hkm
idavon 430,i hkm Seen), 411788 E., darunter
Bulgaren, Rumänen und viele deutsche Kolo-
nisten; Weizen-, Mais-, Wein-, Tabak-, Garten-
bau und Schafzucht. - 3) Stadthauptmamtschaft
(Fr^äonktäciiHiZ^vo) im Südwesten des Kreises O.,
hat 462,5 hkm und umfaßt die Stadt O. mit zwölf
Dörfern ihrer Umgebung. - 4) Die bedeutendste
See- und Handelsstadt Südrnßlanos und die viert-
größte Stadt des Russischen
Reichs, liegt unter 46" 28'
nördl. Br. und 30° 45' östl. L.
von Greenwich, auf einer 47 m
hohen, zum Meere jäh abfallen-
den .Hochebene, westlich ander
35 hkm großen BuchtvonO.
Die mittlere Jahrestemperatur
beträgt 9,5", die des Julis 21,2°,
des Januars -^-2,2° (,'., die Höhe
der Niederschläge 343 mm. O. hat einen durchaus
europ. Charakter, zieht sich 10 km weit amphithcatra-
lisch längs der Küste hin und zählte 1811: 25000,
1852: 97000, 1867: 121335, 1892: 345000 E.,
darunter 21697 nichtruss. Unterthanen, 12000
Dentsche, 18000 Mann Militär. Der Religion
nach sind 195679 russisch-orthodox, 934 Raskol-
niken, 19 862 Katholiken, 8065 Evangelische, 112235
Israeliten, 958 Karüer, 919 Mohammedaner und
660 andersgläubige Ausläuder. In Garnison lie-
gen das 57. und 59. Infanterie-, das 8. Donische
Kosaken-, 4 Schützenregimenter, Sappeure, Feld-
gendarmerie, Abteilungen des Telegraphcnparks.
(S. den Textplan, S. 529.)
Anlage, Straßen, Bauten. Der Kern der
Stadt liegt unmittelbar am Ufer und wird von den
Vorstädten durch den ehemaligen Wall des Frei-
hafens, jetzt Portofrankostraße, getrennt. Diese Vor-
städte sind: südwestlich Moldawanka, Woronzowka
und Melnizy, westlich Tiraspolskaja Sastawa, nörd-
lich Nowaja Slobodka und Perejsyp. Den Glanz-
pnnkt O.s bildet der Nikolai-Boulevard mit dem
Denkmal des Herzogs von Richelieu (Vronzestatue
auf Granitunterlage, 1826 errichtet), von dem eine
breite Treppe mit 200 Stufen unmittelbar zum
Hafen herabführr. An ihn schließen sich die schönsten
und hauptsächlichsten Geschäftsstraßen der Stadt:
die Deribassowskaja, Rischeljewskaja, Iekaterinen-
skaja, Pnschkinskaja, Preobrashenskaja. Hauptplätze
sind: der Kathedral- oder Sobornajaplatz mit dem
Denkmal des Fürsten M.S. Woronzow, derIekateri-
nenplatz, worauf 1894 der Grund zu einem Kolossal-
denkmal der Kaiserin Katharina II. gelegt wurde;
der Theaterplatz. Parkanlagen: der Deribassow-
(früher Krons- oder Stadt-)Garten, die Anlagen
des Palais-Royal, der Alexanderpark mit der La-
bradorsäule zu Ehren Kaiser Alexanders II. und da-
neben der Neue Boulevard. Außerdem steht noch eine
Büste Puschtius am Rathaus und ein Standbild Ge-
neral Radezkijs auf dem alten Friedhof, über die
Balken führen die steinerne Strogonow-, die eiserne
Polizei-, die Nowikowbrücke u. a. O. hat 30 russ.-
orthodoxe Kirchen, 2 Klöster, 1 Bethaus der Ras-
kolniken, je 1 griech., kath. (1805 gegründet), luth.,
reform., anglikan., armenifch-gregorianische Kirche,
gegen 20 Synagogen (darunter 1 karäische) und
1 mohammed. Vethaus. Von den russ. Kirchen sind
die wichtigsten die Sobornaja-(Kathedral-) Kirche,
1794-1848 gebaut, mit 80 m hohem Glockenturm,
die Kirche des Michajlowschen (Nonnen-) Klosters,
die Preobrashenskaja- (Verklürungs-), die Uspen-
skaja- (Maria Himmelfahrts-), Srjetenskaja-, Petro-
pawlowskaja-Kirche u. a. Von den weltlichen Bauten
sind bemerkenswert: das prachtvolle Stadttheater
(in ital. Renaissance, 1887 eröffnet, 1600 Plätze),
das Woronzowpalais, das Kloster der Athosmö'nche,
das crzbischöfl. Palais, das Ratbaus (Duma; zu-
gleich Sitz der Börse), die öffentliche Bibliothek (im
griech. Stil, 1883 erbaut), der Passagierbahnhof (in
ital. Renaissance, 1884 eröffnet) auf dem Kulikowo
Pole, die Uuiversität, das adlige Fräuleinstift u. a.
Eine Getreide- und Effektenbörse ist seit 1894 im Bau.
Behörden, Verwaltung. O. ist Sitz des
Militürgouverneurs, des Erzbischofs, eiues Censur-
komitees für russ. und ausländische Litteratur, des
Kommandos des 8. Armeekorps, der 15. Infan-
teriedivision und mehrerer Brigaden. Die Ver-
waltung der Stadt steht unter "dem Stadtbaupt-
mann (ArHäonatZ^iiaiink). Der Stadtrat (Duma)
besteht aus 60 Mitgliedern. Das jährliche Budget
beträgt 3-4 Mill. Rubel, wovon 700000 zu Wohl-
thätigkeits- und 300000 Rubel zu Unterrichts-
zwecken verwendet werden. Die Beleuchtung der
Stadt erfolgt durch eine Gasanstalt in Peressyp.
Daneben bestehen zwei elektrische Stationen, die
eine ausschließlich zur Beleuchtung des Hafens.
Eine 48 km lange Wasserleitung (1874 erbaut) führt
Wasser von der Stadt Majaki am Dnjestr zn.
Unterrichts- und Bildungswesen. Die
sog. Neurussische Universität in O. wurde 1864 aus
dem Richelieulyceum (gegründet 1817) gebildet nnd
hat je eine physik.-mathem., jurist., philol. und seit
1894 auch mediz. Fakultät, eine Bibliothek (131000
Bände), Sternwarte, Museen, andere Institute und
(1896) 65 Docenten und 581 Studenten. An Mit-
telschulen sind vorhanden: 4 Gymnasien, 1 Pro-
gymnasium, 2 Realschulen, 2 Gymnasien für Mäd-
chen, 1 Institut adliger Fräulein und viele Privat-