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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Opĭum

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Opium

Fürsten von Siebenbürgen, an das Gymnasium zu Weißenburg (jetzt Karlsburg). Eine Frucht seines Aufenthalts in Siebenbürgen war das Lehrgedicht «Zlatna oder von Ruhe des Gemüts» und sein Horaz nachgedichtetes «Lob des Feldlebens». 1624 ward er Rat beim Herzog von Liegnitz und Brieg. In demselben Jahre erschien sein epochemachendes «Buch von der deutschen Poeterey» (neue Ausg., Halle 1876, 1882; zugleich mit dem «Aristarchus» hg. von G. Witkowski, Lpz. 1888) und die Ausgabe seiner «Deutschen Poemata». 1625 reiste er nach Wien, empfahl sich hier durch ein Trauergedicht auf den Tod des Erzherzogs Karl, Fürst-Erzbischofs von Breslau, dem Kaiser Ferdinand Ⅱ. und trat 1626 als Sekretär in die Dienste des großen Protestantenfeindes Karl Hannibal von Dohna. 1627 dichtete er das Textbuch der ältesten deutschen Oper «Dafne» (nach Rinuccini), komponiert von Heinr. Schütz. 1628 wurde er vom Kaiser als Martin O. von Boberfeld geadelt und 1629 unter dem Namen des Gekrönten in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Sein Lehrgedicht «Vielguet» (1629) und vor allem seine «Schäfferey von der Nimfen Hercinia» (1630) zeugen abermals von den idyllischen Neigungen, die er sich im Hofleben bewahrte. In diplomat. Angelegenheiten schickte ihn 1630 der Burggraf von Dohna nach Paris, wo er Hugo Grotius kennen lernte. Nach der Verjagung des Burggrafen aus Breslau (1632) blieb O. zunächst ohne Amt in Breslau und gab sein Lehrgedicht «Vesuv», das schon in Jütland gedichtete «Trostgedichte in Widerwärtigkeit des Krieges», seine beste Dichtung, und das Singspiel «Judith» heraus. Nachdem er hierauf eine Zeit lang im Dienste der Herzöge von Liegnitz, Brieg und Öls, besonders als Agent bei den Schweden, gestanden hatte, zog er 1635 nach Danzig, wo ihn König Wladislaw Ⅳ. von Polen, an den er 1636 ein Lobgedicht gerichtet hatte, 1637 zum königl. Historiographen und Sekretär ernannte. Er starb 20. Aug. 1639 in Danzig an der Pest. Außer Originaldichtungen sind von O. zu nennen Übersetzungen: der «Trojanerinnen» des Seneca (1625), der «Argenis» Barclays (1626), der «Arcadia» Sidneys (1629), der Schrift des Grotius «Von der Wahrheit der christl. Religion» (1631), der «Antigone» des Sophokles (1636), der Psalmen Davids (1637); die Erhaltung des altdeutschen «Annoliedes» verdanken wir lediglich seiner Ausgabe (1639).

O.’ großer Einfluß auf die zeitgenössische Dichtung erklärt sich zum Teil daraus, daß er Theoretiker und Praktiker zugleich war. In seinem Büchlein «Von der deutschen Poeterey» vertrat er lehrhaft eine Reform des deutschen Verses; strenge Wahrung des natürlichen Wortaccentes innerhalb des Verses, strenge Silbengleichheit der einzelnen Verstakte, im Gegensatz zu der die Wortbetonung entweder ganz willkürlich versetzenden oder nur nach Hebungen den Vers bestimmenden Rhythmik der letzten zwei Jahrhunderte. In seinen fast auf alle Dichtungsarten sich erstreckenden eigenen poet. Versuchen bewies er mit großem formalem Geschick die Anwendbarkeit seiner Theorie in der Praxis. Sein Lieblingsvers ist der Alexandriner, der seine Herrschaft im 17. Jahrh. nicht zum wenigsten O. verdankt.

Seine Verdienste um die deutsche Litteratur sind vorwiegend formale, sein dichterisches Talent war weder reich noch stark. Seinen Vorbildern Ronsard und Daniel Heinsius eiferte er nicht ohne Geschick und Geschmack nach; aber nüchterne Reflexion herrscht fast überall vor; nur einige Jugendgedichte klingen frischer und naiver. Der deutschen Litteratur seiner Zeit gab er das Gepräge und sein Einfluß blieb mehr als hundert Jahre lebendig, wie er denn auch als das Haupt der ersten Schlesischen Dichterschule gilt. (S. Deutsche Litteratur, Bd. 5, S. 10.) Ein Denkmal des Dichters (Marmorbüste von Michaelis) wurde 1. Juli 1877 in Bunzlau enthüllt. Von O.’ Dichtungen sind mehrere Ausgaben sowohl bei seinen Lebzeiten als später erschienen, aber keine ist vollständig. Eine Auswahl gaben J. ^[Julius] Tittmann in den «Deutschen Dichtern des 17. Jahrh.», Bd. 1 (Lpz. 1869), und Österley (in Kürschners «Deutscher Nationallitteratur»). – Vgl. die Biographien von Strehlke (Lpz. 1856), Palm (Bresl. 1862), Hoffmann von Fallersleben (Lpz. 1858) sowie O. Fritsch, Martin O.’ Buch von der deutschen Poeterey (Halle 1884).

Opĭum (Laudanum, Meconium), der eingetrocknete Milchsaft der unreifen Mohnkapseln von Papaver somniferum L. (s. Papaver), der am meisten wirksame Bestandteile enthält, wenn er etwa 14 Tage vor dem Reifen der Köpfe gewonnen wird. Beim Anritzen oder Anschneiden derselben dringt ein weißer Milchsaft hervor, der an der Luft bald braun wird; derselbe wird gesammelt und in Kleinasien nach seiner Verdickung (freiwillig an der Luft, bei gelinder Wärme oder durch Zusatz konsistenter Mittel) zu flachen, braunen, narkotisch riechenden Kuchen von 200 bis 800 g Gewicht geformt. In Indien, wo die Opiumkultur einer Licenz der Regierung bedarf, formt man aus Mohnblumenblättern und den Abfällen der Opiumbereitung halbkugelige Formschalen, welche mit der noch weichen Opiummasse gefüllt werden. In China bereitet man aus dem Rohopium durch Wiederauflösen und Einkochen ein Extrakt, Tschandu, welches zum Rauchen dient. Der hierbei bleibende halbverkohlte Rückstand, Tyc oder Tinco, wird von den weniger Bemittelten auf die Pfeife genommen und der Rest, Samsching, von den Ärmsten nochmals benutzt. Um das Zusammenkleben der einzelnen Kuchen zu verhüten, werden dieselben in Mohnblätter, zuweilen auch in Papier eingehüllt und mit Ampferfrüchten bestreut. Die Opiumkultur, die in Ägypten, der asiat. Türkei, Persien, Indien und China zu Hause ist, beschäftigt viele Kräfte und ist ein überaus wichtiges Gewerbe. In Kleinasien beträgt die Opiumernte gegenwärtig jährlich etwa 5000 Kuffen (1 Kuffe = 60 kg). Das Kilogramm kostet (1894) im Großhandel 20 M.

Bei der großen Bedeutung und Unentbehrlichkeit des O. hat man die Opiumkultur auch in andern Ländern einzubürgern versucht, so in Württemberg, Schlesien, am Rhein, bei Berlin, in Österreich (namentlich auf den Herrschaften des Fürsten Schwarzenberg), in den Vereinigten Staaten und in Australien, und hat, was den Wert des gewonnenen O. betrifft, recht gute Ergebnisse erzielt. Obgleich 1 ha Land mit Mohn bepflanzt in Deutschland neben etwa 15 Ctr. Mohnsamen 20‒25 kg O. liefern kann, so herrscht doch die Ansicht, daß in Centraleuropa die Opiumkultur in Anbetracht der hohen Arbeitslöhne nicht lebensfähig sei, obgleich das in Europa produzierte O. im allgemeinen reicher an Alkaloiden als das asiatische ist. In den Vereinigten Staaten ist mit chines. Arbeitern die Opiumkultur versucht worden. Nach dem Arzneibuch für das Deutsche Reich soll das O. im ausgetrockneten Zustande mindestens 10 Proz. Morphin enthalten, welcher Forderung außer dem