Orientalische Tauben, auch türkische oder am richtigsten
Warzentauben genannt, Tauben, die sich durch nackte, mehr oder minder breite, fleischige oder
warzige Augenringe und eine stark aufgetriebene, wulstige oder gleichfalls warzige Nasenhaut auszeichnen. Ihr Schnabel ist kräftig und
am Grunde sehr breit; ihr Kopf ist meistens rund, doch erscheint er wie eckig, auch ist er stets behaubt; die Füße sind hochbeinig und
unbefiedert. Das Gefieder ist hart und straff, glänzend und fast regelmäßig einfarbig. Sie entwickeln sich erst spät zur vollen Schönheit.
Im wesentlichen können sie nur als Luxustauben gelten, doch hat man aus ihnen unsere jetzigen Brieftauben herausgezüchtet. Die
cyprische, Cyprianer,
Berber- oder Indianertaube, kurz
Indianer (s. Tafel:
Geflügel, Fig. 12), hat alle genannten Merkmale am
besten entwickelt. Ihr zunächst verwandt ist die Bagdette, die bereits in sehr früher Zeit vorkommt
und nach Bagdad benannt sein soll. Man unterscheidet die englische Bagdette oder den
Karrier (s. d.), die türkische Bagdette
oder Türkentaube, orientalische,
französische und Nürnberger Bagdette. Aus dem Karrier ist,
wahrscheinlich durch Kreuzung mit dem Tümmler, ein Mischling zur feststehenden Rasse geworden, die
Drachentaube, verstümmelt Dragonertaube oder
Dragon, von der sodann wiederum die
Antwerpener Brieftaube (s. Taubenposten) abstammt. Zu erwähnen sind auch
noch die Damascener Taube, von zartem Silberweiß, und die
Seglertaube, die der Turmschwalbe oder dem Segler ähnelt.
Orientbahnen. In dem Berliner Vertrage vom 13. Juli 1878 wurden die Balkanländer zum Ausbau der
Eisenbahnen verpflichtet, die Wien und Budapest mit Konstantinopel und Saloniki verbinden sollen. Die vier beteiligten Staaten:
Österreich-Ungarn, Serbien, Bulgarien und die Türkei, einigten sich demnächst über die Grundsätze der Bauausführung in der sog.
«Conférence à quatre». (Vgl. Archiv für Eisenbahnwesen, 1890.)
Österreich-Ungarn hatte die Linie Budapest-Semlin-(Landesgrenze-) Belgrad (344 km) herzustellen;
sie ist als Ungar. Staatsbahn ausgebaut. Auf Serbien entfielen die Linien Belgrad-Nisch-Vranja bis
an die türk. Grenze (367 km) und Nisch-Pirot bis an die bulgar. Grenze bei Caribrod (93 km). Bau und Betrieb beider Linien übernahm die
franz. Bank Union Générale, nach deren Zusammenbruch (1879) die
Compagnie de construction et d’exploitation des chemins de fer de l’Etat Serbe eintrat. Die Strecke
Belgrad-Nisch wurde im Sept. 1885, die Strecke Nisch-Vranja-Türk. Grenze im Mai 1887 und die Strecke Nisch-Pirot im Mai 1888 eröffnet.
Am 2. Juni 1889 hat die serb. Regierung den Betrieb der ihr gehörigen Bahn selbst übernommen, weil die Gesellschaft sich wiederholter
Verletzungen der den Eisenbahnbetrieb betreffenden Gesetze schuldig gemacht hatte. Für das rollende Material und die
Ausrüstungsgegenstände sind der Gesellschaft 9,25 Mill. Frs. gezahlt worden.
Bulgarien hat die in sein Gebiet fallende Linie Caribrod-Sofia-Vakarel-Ostrumel. Grenze (105 km)
im Aug. 1888 als Staatsbahn eröffnet. Der Bau der Bahn über den Balkan war schwierig; Steigungen und Gefälle gleichen denen des
Semmering. ↔
Die türkische Regierung hatte bereits 1869 der vom Baron Hirsch gegründeten
Société de construction et d’exploitation des chemins de fer de la Turquie d’Europe zu Paris den
Bau und Betrieb der Linien:
-
1) Konstantinopel-Adrianopel-Philippopel-Sofia-Nisch-Serb. Grenze (Belgrad),
-
2) Dedeaghatsch-Adrianopel,
-
3) Saloniki-Üsküp-Priština-Mitrovica-Serajewo-Banjulaka (Anmerkung des Editors: Banjaluka?)-Novi-Österr. Grenze,
-
4). Priština-Gilane, Kuršumlija-Prokuplje-Nisch übertragen.
Von diesen waren zur Zeit des Übereinkommens vom 9. Mai 1883 bereits im Betriebe:
-
die Linie 1 bis Belova (562 km),
-
die Zweigbahn zu 2 (Dedeaghatsch-Kuleli-Burgas 113 km) und
-
die Linie 3 bis Mitrovica (363 km).
Nachdem Serbien und Bulgarien den Bau der in ihr Gebiet fallenden Teilstrecken der Linien zu 1, 3 und 4 an Stelle der türk. Gesellschaft
übernommen hatten, verpflichtete sich die türk. Regierung, den Anschluß von Belova nach Vakarel und von Vranja an einen geeigneten,
demnächst bei Üsküp festgesetzten Punkt der Linie Saloniki-Mitrovica zu bauen. Die wegen Ausführung dieser Anschlußbahnen mit
Baron Hirsch eingeleiteten Verhandlungen führten indes nicht zum Ziele. Die türk. Regierung verständigte sich daher mit zwei andern
Bankhäusern, der kaiserl. Ottomanischen Bank und dem Comptoir d‘Escompte in Paris, und
übertrug der von denselben gegründeten Gesellschaft für den Bau der Anschlußeisenbahnen an das Eisenbahnnetz der europ. Türkei
Bau und Betrieb der Linien Belova-Vakarel und Vranja-Üsküp. Der internationale Verkehr auf den O. wurde 13. Aug. 1888 eröffnet. Die in
das Eigentum des türk. Staates übergegangenen Strecken sind der Betriebsgesellschaft der
Orientalischen Eisenbahnen (s. d.) auf 50 Jahre verpachtet. Von der
Ottomanischen Eisenbahngesellschaft Saloniki-Monastir ist die 210 km lange Bahn von Saloniki nach Monastir erbaut, deren
Anfangsstrecke bis Vertekon (96 km) 9. Dez. 1892 eröffnet wurde, während die Reststrecke im Frühjahr 1894 dem Betriebe übergeben
wurde. Verbindungen dieser Bahn mit dem griech. Eisenbahnnetz (Baustrecke Athen-Larissa) sind in Aussicht genommen. Den Betrieb
führt die Betriebsgesellschaft der Orientalischen Eisenbahnen, desgleichen die von der Ottomanischen Eisenbahngesellschaft
Saloniki-Konstantinopel hergestellte Bahn Saloniki-Dedeaghatsch mit Verbindungen Kara-Suli und Feredschik, welche 1. April vollständig
eröffnet war (508 km). In Bulgarien wurde im Mai 1890 die bulgar. Eisenbahnlinie Jamboli-Burgas (am Schwarzen Meer) eröffnet, die eine
Fortsetzung der Zweigbahn Tirnova-Jamboli, eine Verbindung zwischen der Bahn Nisch-Konstantinopel mit dem Schwarzen Meer
herstellt, 7. Juni 1895 die 29,7 km lange Bahn Kaspidžan-Schumla; Ende 1895 wurde der weitere
Ausbau des Eisenbahnnetzes gesetzlich geregelt und an normalspurigen Bahnen genehmigt:
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a. die Hauptbahn (Sofia-) Roman-Plevna-Tirnova-Schumla (1896 bereits im Bau),
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b. (Sofia-) Pernik-Köstendil-türk. Grenze zum Anschluß an die Bahn Saloniki-Vranja (Sofia-Pernik 8. Dec. 1893 eröffnet
[32,8 km]),
-
c. Belova-Čirpan-Jeni-Zagra-Jamboli;
in Rumelien ist der Bau einer Seitenbahn von Straldža (Station der bulgar. Staatsbahn
Jamboli-Burgas) über Sliven und Kazanlik nach Philippopel (208 km) in Aussicht genommen. – Vgl. Archiv für Eisenbahnwesen (1885);
Zeitschrift für Eisenbahnen und Dampfschiffahrt der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1890).