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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Orontes (Berg) - Orpheus
Thalebene Cölesyrien (arab. El-Vekaa) im NNO. von
Baalbek (Heliopolis) aus einer wilden Schlucht.
Sein oberer Lauf schließt mit der Einmündung in
den See Kadas oder See von Kuds oberhalb Homs,
dem alten Emesa (s. d.), ab, wo er in die Ebene ein-
tritt. Bereits bei Hamah (s. d.) wird sein Thal wieder
von Gebirgszügen eingeschlossen, im W. vom Dschebel
Ansarijeh, im O. vom Dschebel Ala. Erst in der
Ebene El-Amk oder von Antakiah, dem alten An-
tiochia, wendet er sich, 40 m breit, gegen W.,
nimmt den Abfluß des Sees von Antiochia, Ak-
Denis, auf, durchbricht mit Windungen das Küsten-
gebirge Syriens in felsigem Querthal, tritt dann
aus den Schluchten der Gebirgslandschaft in die
Küsten ebene, in welcher er 14 km südlich von
Sueidie (südlich von den Ruinen von Seleucia
Pieria) ins Meer mündet. Eine Barre hindert die
Ein- und Ausfahrt; zur Zeit der Kreuzfahrer war
Antiochia noch auf dem Flußwege erreichbar.
Orontes, alter Name des Berges Elwend ff. d.).
Orontieen, s. Araceen.
Oropa, Wallfahrtsort bei Viella ff. d.).
Oropesa, Ciudad de, s. Cochabamba.
Oros (grch., "Berg"), Name zahlreicher Berge in
Griechenland, z. B. auf Htgina ff. o.).
Oros, Name Rußlands und der Russen bei den
Magyaren (Orosx) sowie orient. Völkern, den Chi-
nesen, Mongolen, Finnen u. a.; Orosz-, als Vor-
wort bei ungar. und siebenbürg. Ortsnamen, soviel
wie Russisch- oder Ruthenisch-, z. B. Oroszhegy,
Oroszfalu, Oroszlämos u. a.
Oroshaza (spr. oroschhahsa, eigentlich Orosz -
häza, d. i. Ruthenenheim), Groß-Gemeinde und
Kauptort eines Stuhlbezirks (50 626 E.) im ungar.
Komitat Bete's, an den Linien Großwardein-C'sseg
der Ungar. Staatsbahnen und Szarvas-Mezo'he-
gyes, hat (1890) 19 956 meist evang. magyar. E.,
darunter 2705 Katholiken und 874 Israel'iten; be-
deutenden Weinbau und Viehzucht.
Orosius, Paulus, röm. Geschichtschreiber, aus
Tarragona in Spanien gebürtig, christl. Presbyter
zu Braccara in Lusitanien, lebte seit 413 bei dem
heil. Augustinus in Afrika, dann bei dem heil. Hie-
ronymus in Palästina und schrieb neben mehrern
theol. Werken einen bis 410 n. Chr. reichenden Ab-
riß der Weltgeschichte: "llistoriarum aäv6i'8U8 M-
FHN08 lidri VII", der auch den rätselhaften Titel
"llorm68ta" führt. Er widerlegt darin die Behaup-
tung der Heiden, daß in der Einführung des Christen-
tums der Grund zu dem Unglück des Römischen
Reichs und der Menschheit überhaupt liege. Das
Werk wurde im Mittelalter als Leitfaden beim
Unterricht in der Universalgeschichte benutzt und
von König Alfred d. Gr. in das Angelsächsische
übertragen (hg. von Bosworth, Lond. 1855). Nach
der ersten Ausgabe von Schüßler (Augsb. 1471)
lieferte Zangemeister (Wien 1882) die beste Be-
Orosz, s. Oros. "rbeitung.
Oroust, schwed. Insel, s. Orust.
Oroya, Ort in Peru, im Departamento Iunin,
in 3703 m Höhe, ist Endpunkt einer der Cor-
dillereneisenbahnen (s. d.).
Orphamten (grch., d. h. Waisen), eine kleinere
Partei der Hussiten (s. d.), die nach Ziskas Tode
(1424) unter Prokop dem Kleinen eine Sonderstellung
zwischen Taboriten und Kalixtinern einnahm, aber
allmählich mit den erstern wieder verschmolz.
Orpheon (Orpheum), Name von Sänger-
und Musikvereinen; auch das Lokal solcher Vereine.
Orpheus, mechan. Musikwerk, s. Musikinstru-
mente, mechanische.
Orpheus, der berühmteste unter den mythischen
Sängern Griechenlands, der Hauptrepräsentant der
Kunst des Gesangs und Saitenspiels, war nach der
Sage ein Sohn der Muse Kalliope und des Apollon
oder (nach späterer Umbildung der Sage) des
thraz. Oiagros. Durch die Macht seines Gesangs
und Saitenspiels konnte er die wildesten Tiere be-
zähmen und Steine und Bäume bewegen. Als ihm
seine durch den Biß einer Schlange tödlich verwundete
Gattin Eurydike entrissen worden war, stieg er selbst
in die Unterwelt hinab und vermochte den finstern
Beherrscher derselben durch seine Musik zu erweichen,
so daß er ihm gestattete, die Geliebte wieder auf die
Oberwelt zurückzuführen; da aber O. gegen das aus-
drückliche Verbot des Pluton sich nach Eurydike
umschaute, bevor sie an das Tageslicht empor-
gestiegen waren, wurde sie ihm auf immer wieder
entrissen. Auch an der Fahrt der Argonauten soll
er teilgenommen haben und später, da er sich dem
wilden orgiastischen Kult des Dionysos widersetzte,
von wütenden Bacchantinnen (Mainaden) zerrissen
worden sein; sein Haupt und seine Leier sollen nach
einer Sage durch das Meer nach der Insel Lesbos,
später einem Hauptsitz der lyrischen Poesie, ge-
schwommen sein. Die Homerische und Hesiodische
Poesie kennen den Namen des O. noch nicht, sondern
erst die Lyriker gedenken seiner. Spätere haben die
Sage von O. vielfach behandelt. Ein schönes Re-
lief, dessen mehrfache Wiederholungen (in der Villa
Albani zu Rom, im Museum zu Neapel, im Louvre
zu Paris) ein aus dem 5. Jahrh. v. Chr. stammen-
des griech. Werk nachbilden, stellt dar, wie O. seine
von Hermes geleitete Gemahlin wieder verliert. -
O. war ursprünglich gleich dem Eleusimschen Tripto-
lemos (s. d.) vielleicht eine Gottheit und zwar teils
dem Apollon, teils auch dem Bakchos verwandt, wie
denn diese beiden Götter selbst sich an vielen Kult-
stätten, besonders in Delphi, nahe berühren. - Vgl.
Riese, O. und die mythischen Thraken (im "Jahr-
buch für klassische Philologie", 1877).
Unter dem Namen des O. besaß man schon im
frühern Altertum eine Anzahl Dichtungen mystisch-
theol. Inhalts (über den Ursprung der Götter und
die Entstehung der Welt, über Weihungen und Rei-
nigungen, Orakelsprüche u. a. m.), die zum Teil von
Onomakritos in Athen und andern (den sog. Or-
phikern) unter den Pisistratiden, zum Teil noch früher
gedichtet und dem mythischen O. untergeschoben
waren, den man als Stifter einer religiösen Ge-
heimlehre und geheimnisvoller Kultgebräuche (Or-
phische Mysterien und Weihungen, geübt von den
sog. Orpheotelesten) betrachtete. - Vgl. die
epochemachende Sammlung und kritische Unter-
suchung der Fragmente dieser Dichtungen in Lobecks
"^FwopIillmuL" (2 Bde., Königsb. 1829); ferner
E. Gerhard, Über O. und die Orphiker (Berl. 1861);
Schuster, 1)6 vetorig Orpinc^e tIi60Aonia6 inäole
^tciii6 0ri^in6 (Lpz. 1869); Gruppe, Die griech. Kulte
und Mythen, I (ebd. 1887); O. Kern, 1)6 Oi-pkei,
Npim6niäi8 7 ?1i6r6c7äi3 tk60A0nÜ8 (Berl. 1888);
Gruppe, Die rhapsodische Theogonie (Lpz. 1890).
Weit spätern Ursprungs, zum Teil wahrscheinlich
erst dem 4. Jahrh. n. Chr. angehörig, sind die sog.
Orphischen Gedichte: ein Epos über den Argo-
nautenzug ("^i-Aonautica", übersetzt vonI. H. Voß,
"Hesiodos' Werke und O. der Argonaut", Heidelb.
1806), ein didaktisches Gedicht über die geheimnis-