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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Orphica; Orphiker; Orphische Gedichte; Orrhoe; Orsatscher Apparat; Orschowa; Orseille; Orseilleersatz; Orseillin; Orsellsäure; Orsera; Orsi; Orsini

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Orphica - Orsini (Fürstengeschlecht)

vollen Kräfte verschiedener Steine ("Lithika", hg. mit lat. Übersetzung von Thyrwitt, Lond. 1781) und 87 Hymnen (griechisch und deutsch von Dietsch, Erlangen 1822). Nach Dieterich, De hymnis Orphicis capita quinque (Marb. 1891), ist diese Hymnensammlung entstanden oder redigiert in Kleinasien oder Ägypten (Alexandria) im 2. oder 1. Jahrh. v. Chr. Vollständige Ausgaben der Orphischen Dichtungen und Fragmente besorgten G. Hermann (Lpz. 1805) und E. Abel (ebd. und Prag 1885); Maaß, O. Untersuchungen zur griech., röm., altchristl. Jenseitdichtung und Religion (Münch. 1895).

Orphica (O. piccŏla), von K. L. Röllig 1795 erfundenes Musikinstrument, bestehend aus Harfe mit angesetztem Klavier, dessen Tasten mit Hämmern die Metallsaiten anschlagen. Es wurde an einem Bande um die Schultern getragen und war mehr ein Spielzeug, ohne Bedeutung für die Musik.

Orphiker, im alten Griechenland eine nach Orpheus (s. d.) benannte mystisch-religiöse Sekte.

Orphische Gedichte, s. Orpheus.

Orrhoe, Orrhoenisches Reich, s. Edessa.

Orsatscher Apparat, ein Apparat der Gasanalyse zur Untersuchung der Verbrennungsgase einer Feuerung.

Orschowa, s. Orsova.

Orseille (spr. -ßéj), Orchil, Archil, ein Farbstoff, der durch Behandeln verschiedener Flechten (s. Roccella und Lecanora) mit ammoniakalischen Flüssigkeiten (früher gefaulter Harn, jetzt verdünntes Ammoniak) unter Zutritt von Luft erhalten wird. Die im frischen Zustande weißlich aussehenden Flechten kommen an den felsigen Küsten des Mittelmeers, Atlantischen und Stillen Oceans vor und werden hauptsächlich aus Madagaskar, Sansibar, Südamerika und den Canarischen Inseln in den Handel gebracht. Die in den Flechten enthaltenen farblosen krystallisierbaren Flechtensäuren gehen durch den oxydierenden Einfluß der Luft und den des Ammons, indem sie eine Art Gärungsprozeß durchmachen, in Orcin (s. d.) und schließlich in Orceïn (Flechtenrot) über, einen in Alkalien mit scharlachroter Farbe löslichen Farbstoff. Man bringt die so behandelte Masse entweder als Orseillekräuter, im gepulverten und teigförmigen Zustande als O., oder in eingedickter wässeriger Lösung als Orseilleextrakt in den Handel. Persio, Cudbear oder roter Indigo ist eine gereinigte und trockne pulverförmige O., zu deren Herstellung hauptsächlich Lecanora-Arten verwendet werden. Zur Darstellung von Orseillepurpur (Purpur française) werden die Flechten mit verdünntem Ammoniak schnell extrahiert; den Auszug fällt man mit Salzsäure, löst den Niederschlag in Ammoniak und setzt die Lösung der Luft aus, bis sie kirschrot geworden ist, erhitzt dann zum Sieden und erwärmt noch einige Zeit auf 70-75° C., bis die Farbe purpurrot wird, und fällt schließlich mit Chlorkalium oder Alaun. Alle diese Farbstoffe färben Wolle und Seide rot oder violett; man benutzt sie aber, da sie für sich nicht genug echte Farbtöne geben, meist in Verbindung mit andern Farbstoffen hauptsächlich zur Herstellung von braunen Nuancen. Deutschlands Einfuhr an O., Orseilleextrakt, Persio und Lackmus betrug 1895: 257,4 t im Werte von 206 000 M.

Orseille (spr. -ßéj), echte, Pflanze, s. Roccella.

Orseilleersatz (spr. -ßéj, Orseillerot, Azofarbstoffe, welche zum Färben von Wolle dienen und dieser eine orseilleähnliche Nuance erteilen.

Orseillin (spr. -ßejïn), ein zur Gruppe der Tetrazofarbstoffe gehörender roter Azofarbstoff, von ähnlicher chem. Zusammensetzung wie das Biebricher Scharlach (s. d.).

Orsellsäure, s. Lecanorsäure.

Orsera, ital. Name von Andermatt (s. d.).

Orsi, Achille d', ital. Bildhauer, geb. 1845 in Neapel, wurde dort im königl. Institut ausgebildet und ging von da 1875 nach Rom. In Neapel entwarf er die Statue des Salvator Rosa. Die Parasiten, zwei charakteristische Figuren aus dem Volksleben des alten Roms, erregten großes Aufsehen. Wie in diesem entfaltete O. auch in den folgenden Werken die äußerste Detaildurchbildung und Charakterisierung, welches Streben ihn auf die Technik des Erzgusses hinleitete. Arbeiten dieser Art sind: Fischerknaben mit Seetieren, Der Säemann, Das Vöglein, Der Nächste (Galerie Nazionale zu Rom) u. s. w. O. besitzt jene Virtuosität, welche in der Nachbildung der Stoffe, der Zufälligkeiten und aller Details das Äußerste zu erreichen versucht.

Orsini, röm. Fürstengeschlecht, das, im 12. Jahrh. durch Papst Cölestin III. emporgekommen, die Guelfenpartei gegen die um das Haus Colonna (s. d.) gescharten Ghibellinen führte. Nachdem die O. 1266 Marino, 1293 Nepi erworben, dann 1295 Nola, Pitigliano und Soana erheiratet hatten, erbauten sie, gestützt auf Papst Eugen IV., in Rom selbst aus den Trümmern des Altertums, namentlich des Marcellustheaters, feste Burgen im vatikanischen Gebiet und auf dem Monte-Giordano, um nun von diesen und der Engelsburg aus die umliegenden Stadtteile zu beherrschen. Von den bedeutenden Kämpfen des Geschlechts in und um Rom ist hervorzuheben der Widerstand, welchen sie Kaiser Heinrich VII. bei seinem Versuch, ganz Rom zu gewinnen, entgegensetzten; der wütende Krieg mit den Colonna 1333-35, welcher das röm. Volk für Rienzis (s. d.) Bestrebungen reif machte; endlich ihre Verteidigungskriege von 1484 gegen Sixtus IV., welcher sie zu Gunsten der Riario, und von 1496 gegen Alexander VI., welcher sie zum Vorteil der Borgia zu berauben suchte. Das Geschlecht, welches im Kirchenstaat, Neapel, Toscana die ausgedehntesten Besitzungen erlangte, teilte sich in sieben Linien: Grafen von Pitigliano, Grafen von San Savino, Grafen von Tagliacozzo, Grafen von Angiullara, Grafen von Oppido, Herzöge von Bracciano und Marchese von Mentana; eine neapolit. Linie, welche von Francesco O., Grafen von Trani und Conversano, dem ersten Herzog von Gravina ausgeht, blüht noch jetzt in Rom. Ihr Haupt ist gegenwärtig Don Filippo Orsini-Gravina-Sarsina, assistierender Fürst beim apostol. Stuhl, geb. 10. Dez. 1842. Außer den Päpsten Cölestin III., Benedikt XIII. und Nikolaus III. sind von den aus dem Geschlecht der O. hervorgegangenen Kardinälen, Staatsmännern und Feldhauptleuten zu nennen: Paolo O.; er wurde, nachdem er im Dienste Innocenz' VII., Gregors XII. und Alexanders V. als Condottiere sich einen gefürchteten Namen gemacht, zuerst von Francesco Sforza in Rocca Contrada vergeblich belagert (1413), dann von Wladislaw von Neapel in Perugia gefangen genommen; 1415 befreit, fiel er gegen Fortebraccio vor Perugia 19. Juli 1416. Virginio O. machte mit Sixtus IV. und dessen Neffen Girolamo Riario gemeinsame Sache, wurde aber zugleich mit letzterm von Alfons von Neapel 1482 bei Campo Morto in den Pontinischen Sümpfen geschlagen. Von