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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Osmanisches Reich (Geschichte)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Osmanisches Reich (Geschichte)'

tien angriffen und die Ionischen Inseln von den türk. Truppen säuberten, nahmen die Österreicher unter dem Herzog von Lothringen (1684) Višegrad, Waizen (1685), Neuhäusel und (2. Sept. 1680) die Landeshauptstadt Ofen ein, die 145 Jahre in türk. Besitz gewesen war. Eine neue Armee erlitt am Berge Harsán bei Mohacs von den Kaiserlichen (12. Aug. 1687) abermals eine völlige Niederlage; Peterwardein, Erlau, Stuhlweißenburg wurden nacheinander erobert, und sogar Belgrad fiel den Christen in die Hände. Der Verlust Ungarns kostete Mohammed IV. den Thron. Die Janitscharen meuterten, der Scheich ul-Islam erklärte ihn für abgesetzt, und sein ebenso unfähiger Bruder, Suleiman III. (1687–91), wurde zu seinem Nachfolger ernannt. Der festen Hand Mustapha Kjöprilis, der als Großwesir die Regierung übernahm, gelang es aber bald, Zucht und Ordnung wiederherzustellen. In einem neuen Feldzuge wurden die Kaiserlichen 1690 über die Donau und Save zurückgeworfen und büßten ihre Eroberungen, unter anderm Belgrad, Semendria und Vidin, wieder ein. Als aber Mustapha im nächsten Jahre (1691) das Waffenglück weiter verfolgen wollte, erlitt er von den Österreichern unter dem Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden 19. Aug. bei Slankamen eine entscheidende Niederlage, bei der er selbst den Tod fand. Kurz vor diesem Unfall war Suleiman III. gestorben und hatte seinen Bruder, Achmed II. (1691–95), zum Nachfolger, der nach einer kurzen thatenlosen Regierung die Krone auf seinen Neffen Mustapha II. (1695–1703), den Sohn Mohammeds IV., vererbte. Dieser brach sofort in Ungarn ein, wo er noch 1695 einige Vorteile errang, während die türk. Flotte die Venetianer schlug und Asow erfolgreich gegen Peter d. Gr. von Rußland verteidigt wurde. Aber schon 1696 ging dieser Platz an den Zaren verloren, und als Mustapha II. 1697 wieder in Ungarn erschien, wurde er von dem Prinzen Eugen von Savoyen 11. Sept. bei Zenta an der Theiß geschlagen. Die Folge dieses Sieges war 26. Jan. 1699 der Friede von Karlowitz, worin Siebenbürgen und Ungarn, mit Ausnahme der Stadt Temesvár und des Banats, vom Sultan dem Deutschen Kaiser abgetreten wurden; Rußland erhielt Asow und dessen Gebiet, Venedig Morea und den größten Theil von Dalmatien; Polen wurde mit der Ukraine und Podolien entschädigt.

Erbittert über diesen Frieden setzten die Janitscharen Mustapha II. ab und erhoben seinen Bruder, Achmed III. (1703–30), auf den Thron, auf dessen Regierung sein Großwesir, der «weise» Hussein Kjöprili, den größten Einfluß ausübte. Unter Achmed erschien Karl XII. von Schweden, nach seiner Niederlage bei Pultawa, als Flüchtling auf türk. Boden und wußte den Sultan zur Teilnahme an dem Kriege gegen Rußland zu bestimmen. Bei einem Einfall in die Moldau wurde Peter d. Gr. mit seinem Heer am Pruth von den türk. Truppen unter dem Großwesir Baltadschi-Mohammed (1711) eingeschlossen; durch Bestechung desselben gelang es Peter, sich zu retten und gegen Abtretung Asows 1711 den Frieden am Pruth zu erlangen. Mehr Ruhm erwarben sich die Türken in Morea. Anfang 1715 griff der Sultan die Halbinsel an; viele Griechen kämpften gegen die Venetianer in den Reihen der Türken, und in acht Monaten wurde die Eroberung vollendet. Der Angriff auf Morea war eine Verletzung des Vertrags von ↔ Karlowitz gewesen. Österreich verlangte Genugthuung, und es kam darüber zu einem abermaligen Krieg, in dem der Prinz Eugen (1716) bei Peterwardein wiederum einen glänzenden Sieg davontrug. Temesvár, der letzte türk. Besitz auf ungar. Boden, und bald darauf Belgrad fielen infolgedessen den Kaiserlichen in die Hände. Die Pforte sah sich zu dem Frieden von Passarowitz (21. Juli 1718) genötigt, worin sie das Banat mit Temesvár, einen Teil Serbiens mit Belgrad, die Walachei bis zur Aluta und einen Teil Bosniens an Österreich abtrat, aber, gegen eine der Republik Venedig in Dalmatien gewährte Entschädigung, im Besitz von Morea blieb. Die Anarchie in Persien (s. d.) sich zu nutze machend, sandte die Pforte hierauf ihre Heere in den Osten, welche Eriwan, Täbris und Hamadan dem Sultan unterwarfen. Aber der meuterischen Soldateska hatte der Sultan schon zu lange regiert; ein Aufstand stürzte ihn und hob seinen Neffen Mahmud I. (1730–54) auf den Thron. Unter ihm gingen die pers. Eroberungen wieder verloren. Die Russen fielen in die Krim ein, eroberten Asow und nahmen Chotin in Bessarabien sowie Jassy in der Moldau, dagegen wurden die Österreicher in den Feldzügen 1737–39 geschlagen und mußten sich zu dem Friedensschluß von Belgrad (1. Sept. 1739) verstehen, worin sie Belgrad und Orsova, Nordserbien und die Kleine Walachei wieder an die Türkei abtraten. Rußland gab Chotin heraus und behielt Asow nur mit geschleiften Festungswerken. Auf Mahmud I. folgte sein Bruder Osman III. (1754–56), der den Thron auf seinen Vetter, Mustapha III. (1756–74), einen Sohn Achmeds III., vererbte. Während der ersten Hälfte seiner Regierung dauerte der äußere Friede fort, und im Innern brachte der Großwesir Raghib Pascha Ordnung in die Provinzialverwaltung, vollendete die Unterwerfung Ägyptens durch Vernichtung der Macht der Mamlukenbeis, stellte das Gleichgewicht in den Finanzen her und wußte die Janitscharen im Zaum zu halten. Unter seiner Sorge gelangte das O. R. in einen Zustand der Blüte, zu dem es sich später kaum wieder erhoben hat.

Die Intriguen, durch die Katharina II. von Rußland das Polnische Reich gänzlich von ihrem Willen abhängig zu machen bemüht war, erfüllten den Diwan mit Besorgnissen. Aufstände der Montenegriner und der Walachen, die Rußland angestiftet haben sollte, reizten den Zorn der Pforte, und als die sog. Konföderierten von Bar, die Gegner Stanislaus Poniatowskis (s. d.), des von Rußland begünstigten poln. Königs, sie um Hilfe ansprachen, entschloß sie sich zum Kriege gegen Rußland. Im Frühjahr 1769 zog eine zahlreiche türk. Armee gegen die russ. Grenze, wurde aber am Dnjestr geschlagen, worauf die Russen wieder Chotin nahmen. 1770 siegten die Russen am Pruth (18. Juli) und am Kagul (1. Aug.) und eroberten die Moldau und Walachei; eine russ. Flotte erschien im Archipel und vernichtete die türk. Seemacht 16. Juli auf der Reede von Tschesme. Im Feldzug von 1771 eroberte Fürst Dolgorúkij die Krim. Im Juni 1771 wurde ein Waffenstillstand abgeschlossen; aber die in Focşani und Bukarest 1772 und 1773 eröffneten Friedensverhandlungen blieben erfolglos, und der Krieg begann von neuem und verlief wieder ungünstig für die Türken. Das O. R. schien der völligen Auflösung entgegenzugehen. In Akka hatte ein Beduinenscheich, Daher, einen unabhängigen Staat

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 683.