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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ostindien (Geschichte)

Schah (s. d.) in der Schlacht bei Panipat gebrochen, und nun stritten sich Engländer und Franzosen um die Herrschaft. Ein mohammed. Heerführer Haidar Ali (s. d.) hatte sich zum Sultan von Maisur gemacht und suchte mit den Franzosen im Bunde die Engländer aus Südindien zu vertreiben. Der Nisam von Haidarabad und die Mahratten traten ebenfalls auf die Seite der Franzosen. Nur der Klugheit und Energie des engl. Generalgouverneurs Warren Hastings verdankte die Compagnie ihre Rettung. Er bewog die Mahratten zu einem Separatfrieden, und Tipu Sahib (s. d.), der Sohn und Nachfolger Haidar Alis, mußte 1784 mit der Britisch-Ostindischen Compagnie Frieden schließen.

Lord Cornwallis, zweiter Nachfolger von Warren Hastings, sah sich durch Tipu Sahibs Verhalten genötigt, gegen diesen den Kampf wieder aufzunehmen. Dieser Krieg (1789-92) kostete dem Sultan von Maisur die Hälfte seiner Besitzungen. In großer Zahl kamen franz. Emissäre und Offiziere nach O., um die Truppen der den Engländern feindlich gesinnten ind. Fürsten militärisch zu disciplinieren. Auch die Expedition Napoleons nach Ägypten war im Grunde gegen die engl. Machtstellung in Indien gerichtet. Marquis Wellesley, der neue Generalgouverneur (1798-1805), begriff die drohende Gefahr. Er gewann zunächst den Nisam zu einem für die Engländer sehr vorteilhaften Vertrag. Tipu Sahib brach darauf los, aber zu früh, und verlor Thron und Leben tapfer kämpfend auf den Wällen seiner Hauptstadt Erirangapatan (4. Mai 1799). Noch standen den Engländern die Mahratten drohend entgegen, aber innere Parteiung und ihre furchtbare Niederlage bei Panipat durch die Afghanen brachen ihre Kraft. Ende des 18. Jahrh. brachen die langwierigen Kriege mit ihnen aus, die 1818 mit ihrer völligen Unterwerfung endigten, so daß die Engländer seitdem ihre Herrschaft über Indien gefestigt sahen.

Nur der Radscha von Nepal, die Emire von Sindh, der Maharadscha von Lahaur und der Maharadscha Sindhja blieben noch unabhängige ind. Fürsten. Der 1824 zwischen der Compagnie und den Birmanen ausgebrochene Krieg endigte ebenfalls zum Nachteile der Birmanen, die im Frieden zu Jandabu 24. Febr. 1826 Arakan und die Tenasserimprovinz an der Küste Hinterindiens, südlich von Martaban, an die Compagnie abtreten mußten. Je mehr aber die Compagnie ihr Gebiet ausgedehnt und sich im Innern befestigt hatte, desto schwieriger ward ihre Stellung nach außen, da sie nun auf Feinde traf, deren Niederwerfung größere Schwierigkeiten machte. Der erste dieser Kämpfe war der mit den Afghanen, zu dem die Intriguen Rußlands in Persien und Afghanistan Veranlassung gaben. iS. Afghanistan, Bd. 1, S. 171 b.) Während dieses wechselvollen Kampfes war eine große Unzufriedenheit unter den Fürsten O.s gegen die Engländer entstanden, und diese würden es ohne den rechtzeitigen Rückzug aus Afghanistan mit vielfachen Feinden zu thun gehabt haben. Nur der Sindhja war in den Vorbereitungen zu einem Losbruch schon zu weit gegangen, als daß der Kampf hätte vermieden werden können, der zu Ende 1843 mit seiner völligen Unterwerfung endete. Während dieses Kampfes waren auch die Belutschen und die Emire von Sindh gegen die Engländer aufgestanden. Doch General Sir Charles Napier vernichtete durch die Schlacht von Miani 17. Febr. 1843 das Reich der Sindh, das nach der Einnahme von Haidarabad zur brit. Provinz gemacht wurde. (S. Sindh.)

Alle diese Eroberungen waren den Direktoren der Compagnie nicht angenehm. Sie schrieben die Schuld davon der Kriegslust des Generalgouverneurs Lord Ellenborough zu, der daher plötzlich 1844 zurückgerufen wurde. Sein Nachfolger, General Hardinge, sah sich alsbald in einen Krieg mit den Sikh verwickelt, die 11. Dez. 1845 über den Satladsch gingen und die Engländer unversehens angriffen. Die Tapferkeit der Sikh und die Mangelhaftigkeit der vom Generalgouverneur selbst und dem Oberbefehlshaber Sir Hugh Gough geleiteten Operationen brachten die Engländer anfänglich in Nachteil, bis sie nach den Kämpfen von Mudki, am 18., und Firozschah, 21. Dez. 1845, die entscheidenden Schlachten bei Alival, 28. Jan., und Sobraon, 10. Febr. 1846, gewannen, wodurch die Macht der Sikh gebrochen wurde. Der Friede kam 9. März 1846 zu Lahaur unter Bedingungen zu stande, welche die Selbständigkeit des Reichs Lahaur vernichteten. Man setzte nämlich nachträglich im Abkommen von Amritsar, 16. März, eine Teilung dieses Reichs fest, wonach Gulab-Singh, der heimliche Anhänger der Engländer, den nördl. Teil längs des Himalaja nebst Kaschmir und Hasara als förmlicher Vasall der Compagnie mit dem Titel Maharadscha erhielt, während der übrige Teil dem Maharadscha Dalip Singh blieb, unter der Bedingung, nur eine gewisse Anzahl Truppen zu halten und den Engländern den Durchgang durch sein Gebiet zu gestatten. Ferner wurde das fruchtbare Land zwischen Biaß und Satladsch der Compagnie als unmittelbares Eigentum abgetreten und bedeutende Kriegssteuern geleistet.

Lord Hardinge hielt jetzt den Frieden so sicher, daß er im angloind. Heere bedeutende Verminderungen eintreten ließ. Sein Nachfolger, Lord Dalhousie, traf 12. Jan. 1848 ein; Gough blieb Oberbefehlshaber der Armee. Trotz ihrer herkömmlichen Feindschaft aber verschworen sich die Sikh und die Afghanen aufs neue gegen die Engländer, und schon Anfang 1848 war insgeheim eine gemeinsame Erhebung vorbereitet. Dost-Muhammad und andere Häuptlinge hatten ihren Beitritt zu diesem Kriege versprochen. Den Aufstand begann Malradsch, Häuptling von Multan, mit seinem Abfall von den Sikh. Zwei engl. Offiziere, die zur Absetzung des Statthalters und Ordnung des Landes abgesendet waren, wurden im April 1848 ermordet. Als die Engländer sahen, daß der Kampf unvermeidlich geworden sei, lieferte Sir Hugh Gough rasch hintereinander die drei blutigen Schlachten zu Ramnagar, auf dem östl. Ufer des Tschinab, 22. Nov., zu Saadullapur bei einer Furt des Flusses, 25. Dez. 1848, und im Moorgebüsch von Chillianwallah, 13. Jan. 1849, in denen zwar die Engländer das Schlachtfeld behaupteten, in der That aber Niederlagen erlitten. Die Entscheidungsschlacht fand sodann 21. Febr. 1849 bei Gudschrat, östlich vom Tschinab, statt. Dost-Muhammad entkam mit 16000 Reitern über den Indus. Um neuen Kriegen vorzubeugen, wurde 29. März 1849 die Vereinigung des Pandschab sowie die von Pischawar, d. h. dem ganzen Reiche der Sikh ohne Kaschmir, mit Britisch-Indien verkündet. Ein neuer Eroberungskrieg wurde 1852 gegen Birma (s. d.) unternommen, in welchem Pegu von den Engländern bis zu der von ihnen bestimmten Grenze gewonnen und die Schiff-^[folgende Seite]