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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pandschab - Pandschab-Staaten
Zeus das Weib, dem er noch ein Gefäß (die sog.
Büchse der P.) mitgab, worin allerlei übel für
die Menschen eingeschlossen waren, durch Hermes
dem Epimetheus zu, der die Warnung seines Bru-
ders Prometheus, von Zeus kein Geschenk an-
zunehmen, vergessen hatte. P. öffnete nun die
Büchse; sogleich flogen alle Arten übel daraus her-
vor und verbreiteten sich über die ganze Erde; nur
die Hoffnung war noch darin, als P. den Deckel
wieder schloß. Diese Sage wurde von Spätern
dahin umgestaltet, daß das Gefäß der P. Segens-
gaben der Götter enthalten habe, die den Menschen
geblieben sein würden, wenn nicht P. das Gefäß
geöffnet Hütte. - P. beißt auch der 55. Plauetoid.
Pandschab (pers., Land der fünf Ströme), engl.
Punjab oderPuujaub geschrieben, bei den alten
Indiern Pantschanada (d. i. Fünsstrom) genannt,
die nordwestlichste Provinz, Lieutenantsgouverneur-
schaft, des Britisch-Indischen Reichs, wurde 1849
aus den Gebietsteilen des frühern Staates der
Siih und andern gebildet. Seinen Namen Füns-
stromland hat das Land von fünf Flüssen, welche
im Himalaja entspringen und zuletzt vereinigt in
den Indus münden. Es sind von W. nach O.: der
Dschihlam, der Tschinab, der Rawi, der Viaß und
der Satladsch oder Ghassa; der letzte Name bezeichnet
die vereinigten Flüsse Biaß und Satladsch bis zur
Einmündung in den Tschinab (etwa 483 km). Das
P., im N. von den Bergstaaten Swat und Boner in
Kasiristan und von Kaschmir, im O. von China uud
den Nordwestprovinzen (von denen es durch die
Dschamna getrennt wird), im S. von Radschputana,
dem Ran von Katschh und dem Arabischen Meere,
im W. von Kelat (Belutschistan) und Afghanistan be-
grenzt, von dem es durch das östl. Suleimangebirgc
geschieden wird, umfaßt ein Areal von 509111 ykm
mit (1891) 25130127 E. Davon entfallen 408810
gkni mit 20 866 847 E. auf das unmittelbar brit.
Gebiet, 98811 hkm mit 4263280 E. auf die Va-
sallenländer. Letztere bestehen aus den 36 sog.
?unM> K5ttiv6 8wt68 (s. Pandschab-Staaten) uud
dem Staate Chairpur (s. Sindh).
Das Land wird durch diese Flüsse und den Indus
in fünf größere Abschnitte, Doab (d. h. Zweistrom-
länder), geteilt, nämlich das Sindh(u) - Sagar-
Doab zwischen Indus und Dschihlam, das Dschetsch-
Doab, das Ritschna-Doab zwischen Tschinab und
Rawi, das Vari-Doab und das Dschalandhar-Doab
zwischen Viaß und Satladsch. Im Bari-Doab liegen
die Hauptstadt Lahaur (s. d.), Amritsar (s. d.) und
Multan (s. d.). Der nördl. Teil besteht aus frucht-
baren, sorgsam angebauten, zugleich an Koniferen
reichen Terrassen und Thälern am Fuße des Hima-
laja. In der Ebene ist der Boden, soweit die Be-
wässerung durch Überschwemmungen und Kanäle
reicht, ergiebig; an andern Stellen besteht Weide-
land, strichweise sogar dürre Sand- und Steinwüste.
Im allgemeinen hat das P. Überstuß an Korn,
Wein, Öl und Steinsalz (bei Pind-Dadan). Es lie-
fert auch Steinkohlen, Eisen, Goldsand im Tschinab
und Indus, Alaun und Schwefel, Salpeter in den
Ebenen, Rohrzucker und Indigo. Auch Thee wird
mit Erfolg kultiviert sowie Seidenzucht. Viehzucht
wird namentlich von den Sikh betrieben. Rindvieh-
herden sind zahlreich, Schafherden feltener. Handel
mit Wollwaren und mit Salz sowie der Transit
zwischen Indien und Afghanistan beschäftigen einen
großenTeil der Bevölkerung. Beliebt sind dieDhuni-
pferde und die Maulesel. Der Indus wird von Dam-
pfern befahren, doch ist die Schiffahrt schwierig; auf
dem Satladsch fahren Dampfer zur Regenzeit bis
Firozpur. Bahnlinien bis Pifchawar im W. verbin-
den das P. mit dem großen Vahnnetz Oberindiens
und mit dem Meere (Karatschi). (Vgl. Karte: Ost-
indien I. Vorderindien.)
Die Bevölkerung besteht aus zahlreichen
Stämmen und Klassen, teils Mohammedanern, teils
Hindu, wie Dschat, die zahlreichste Klasse, Radsch-
puten, Gudschar, Tschuhra, Kumbhar, Tarchan,
Na'i, Lobar (Schmiede), Dschhinwar u. s. w. Reine
Hindukasten sind die Vrahmanen, Khattri (Kscha-
trija), Vanjanen (s. d.), Tschamar, Sunar (Gold-
schmiede), Kanet, Arora, Ghirat, Saini, Ahir,
Rathi und Mali. Nur Mohammedaner sind die
Sajjid, Schech, Belutschen, Pathanen oder Afghanen,
Mugbal sowie fast alle Kaschmirer des P. und die
Sindhi im Sindh. Der Religion nach sind (1891)
12 915 643 Mohammedaner (besonders in der Divi-
sion Pischawar sowie im Sindh), 1023"? 700 Hindu,
ineist in den Divisionen Dehli und Hißar, 1870481
Sikh (99 Proz. sämtlicher in Indien lebender Sikh),
die meist um Amritsar sowie in den Distrikten Dscha-
landhar, Lahaur, Ludhiana und Firozpur leben,
53 909 Christen, 45683 Dschain, 6236 Buddhisten
(fast alle in dem von Tibetanern bewohnten Land-
strich Spiti), 412 Parhi, 33 Juden. Der siebente Teil
der Einwohner beschäftigt sich mit Ackerbau. Das
Land zerfällt in die 11 Divisionen: Dehli, Hißar,
Ambala, Dschalandhar, Amritsar, Lahaur, Rawal-
pindi, Multan, Deradschat, Pischawar und Sindh.
Dazu kommt noch das Gebiet des Chaibarpasses
(s. d.), das mit Pischawar verbunden ist.
Seit der Zeit Alexanders d. Gr. war das Füns-
stromland immer die erste Beute aller von Westen
kommenden Eroberer. Seit der energischen Admini-
stration des Oberstatthalters Dalhousie (1848-56)
haben die Engländer innerhalb weniger Jahre in
allen Verhältnissen des Landes eine großartige Um-
gestaltung hervorgerufen. - Vgl. Latif, Hi3toi^ ok
t1i6 ?HNMd, troiQ tll6 6Äl1i68t KQtiquit^ tO ttl6
I)1'686Nt tiN6 (Lond. 1896).
Pandfchabi, eine der sieben ncnern Indischen
Sprachen (s. d.), die im Pandschab gesprochen wird.
Als heilige Sprache der Sikh wird das klassische P.
Gurmukhi genannt, von Guru (Prophet), und mukh
(Mund), also Prophetensprache. Neben vielen re-
ligiösen Gedichten hat das P. eine reiche volkstüm-
liche Lieder- und Legendenlitteratur. - Vgl. Temple,
'Ik6 i6F6nä3 0k tk6 ?unM (Bd. 1, Lond. 1884);
Grammatik von Leach (Bombay 1838); Wörterbuch
von Starkey^(Kalk. 1850).
Pandfchab-Staaten unter einheimischen
Fürsten (engl. ?nn^d Dative 8tat68), außer Chair-
pur im Sindh, 36 kleinere Staaten im nordwestl.
Ostindien, die unter der Oberaufsicht des Lieutenant-
Governor des Pandschab (s. d.) stehen. Vier von
ihnen (Patiala, Bahawalpur, Dschind und Nabha)
stehen unmittelbar unter dem Lieutenant-Governor;
Tschamba unter dem Commissioner von Amritsar:
Maler-Kotla und Kalsia, mit den 22 Bergstaaten
von Schimla, unter dem Commissioner von Am-
bala; Kapurthala, Mandi und Suket unter dem
Commissioner von Dschalandhar; Faridkot unter
dem Commissioner von Lahaur; Patodi unter dem
Commissioner von Dehli; Luharu und Dudschana
unter dem von Hißar. Die Beziehungen der brit.
Negierung zu Bahawalpur sind durch Vertrag ge-
regelt, die zu den übrigen Staaten durch sog. Sanad