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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pfersee
lich werden; so z. V. Allgemeines deutsches Gestüt-
lmch ftr Vollblut (10 Bde. mit Supplement; Bd. 6
-9, Verl. 1874-91), Stutbuch des königlich preuß.
Hauptgestüts Trakehnen (ebd. 1878: mit 2 Nach-
trägen 1882,1888), Offizielles Gestütbuch für Öster-
reich-Ungarn (4 Bde. mit Supplement, Wien 1878
-92); Goos, Die Stammmütter des engl. Vollblut-
pferdes (01 Stammtafeln, Hamb. 1891).
Preußen hat drei Hauplgestüte: in Trakehnen
bei Gumbinnen (360 Halbblutstuten), in Graditz bei
Torgau (56 Vollblut-, 150 Halbblutstuten) und in
Beberbeck bei Hofgeismar (108 Halbblutstuten).
Nur Graditz betreibt Vollblutzucht. Das gesamte
Gestütswesen steht unter der Gestütsverwaltung im
landwirtschaftlichen Ministerium. - Bayern hat
Hauptgestüte zu Bergstetten und Zweibrücken;
Württemberg königl. Privatgestüte zu Weil,
Scharnhausen und Mein-Hohenheim; Braun -
schweig ein herzogt. Gestüt zu Harzburg, das Für-
stentum Lippe, das früher das berühmte Gestüt in
der Senne besaß, ein Hauptgestüt zu Lopshorn.
Land gestüte hat Preußen in Rastenburg,
Insterburg, Gudwallen, Braunsberg, Marien-
werder, Zirke, Gnesen, Kreuz bei Halle (für Pro-
vinz Sachsen), Neustadt an der Dosse (für Provinz
Brandenburg), Leubus, Cosel, Labes, Warendorf
(Westfalen), Wickrath (Nheinprovinz), Dillenburg
(Nassau), Celle (Hannover), Traventhal (Schleswig-
Holstein). Für das Reichsland besteht ein Land-
gestüt zu Straßburg im Elsaß. Bayern hat vier
Landgestüte und das Stammgestüt Achsclschwang;
Württemberg vier Gestütshöfe und den all-
gemeinen Landesbeschälerstall zu Stuttgart. Auch
iu den übrigen deutschen Staaten ist das Landes-
Beschälwesen wohl geregelt.
Eine andere Art der Aufzucht der Pferde ist die
landwirtschaftliche P. Sie besteht darin, daß
der Landwirt von den zum Ackerbau dienenden
Pferden jährlich einige Fohlen aufzieht, und wird
dadurch begünstigt, daß der Staat Beschäler hält
und sie zur Deckung der Stuten der Landwirte
in besondern Beschälstationen aufstellt. Auf die
größere oder geringere Ausbildung der P. hat die
Veschaffenheit'des Landes Einfluß. Wo Weidcflächen
und Wiesen in großer Ausdehnung vorkommen, wie
z. B. in Mecklenburg, Oldenburg, Holstein, Hanno-
ver, Ostpreußen, Ungarn, Galizien, da wird die P.
sehr begünstigt, während sie dagegen in dichtbevöl-
kerten Gegenden, wo Grund und Boden sorgsam
benutzt werden, und in Indnstriegegenden nur im
kleinen betrieben wird. Bei der P. ist, wie über-
haupt bei der Tierproduktion, Vererbung der Eigen-
schaften der Zuchttiere auf die Nachkommen Haupt-
sache. Es sind daher nur solche Pferde zur Zucht
auszuwählen, deren Abkunft verbürgt, daß die ge-
wünschten Eigenschaften konstant auf die Nachkom-
men vererbt werden. Hinsichtlich der Abkunft unter-
scheidet man gewöhnlich Vollblut, Halbblut, Land-
l'lut. Vollblut entsteht durch Neinzucht der durch
Registrierung in Stutenbüchern als Vollblut aner-
kannten Zuchttiere, Halbblut, wenn Vollblut-
hengste mit Stuten geringerer Abstammung gepaart
werden. Land blut heißt der zu veredelnde ein-
heimische Schlag.
Bei der Auswahl der Zuchttiere ist darauf zu
seben, daß der Hengst von reiner Abstammung sei,
einen regelmäßigen Körperbau, gute Stellung und
Haltung, Kraft, Gewandtheit und Ausdauer, voll-
kommen entwickelte und gesunde Zeugungsteile,
angemessene Größe, eine entsprechende Farbe habe
und guten Temperaments sei. Die Stute soll in
Größe und Gestalt dem Hengste ähnlich sein, gut
gestelltes Vorderteil, einen tiefen Leib, sowie Weite
des Beckens, Gesundheit, Kraft und gute Futter-
verwertung zeigen. Der Hengst ist erst nach dem
vierten, die Stute nach dem dritten Lebensjahre zur
Zucht zuzulassen. Vierzig, höchstens fünfzig Stuten
sind einem ausgewachsenen kräftigen Hengste zum
Beschälen zuzuteilen. Die Veschälzeit fällt gewöhn-
lich in die Monate Februar bis Mai. Die Stute
geht elf Monate trächtig. Drei Wochen nach der
Geburt ist sie schon wieder zu leichter Arbeit ver-
wendbar. Die Entwöhnung der Fohlen erfolgt nach
Ablauf des vierten bis sechsten Monats. Wie eine
gute Fütterung, trägt auch eine gute Pflege zur
Erstarlung der Fohlen sehr viel bei; Reinlichkeit ist
nicht zu vernachlässigen. Das abgesetzte Fohlen soll
im ersten Jahre unangebunden gehalten werden.
Schon vor der Entwöhnung erhält es Hafer, Heu
und Grünfutter, am besten auf der Weide. Da
junge Pferde am besten im Freien gedeihen, so ist
es rätlich, sie täglich auf einen besondern, eingeheg-
ten, ebenen Platz (Fohlentummelplatz) oder auf die
Weide zu. bringen, wobei jedoch im zweiten Jahre
meistens die Geschlechter geschieden werden müssen.
Das zurückgelegte dritte Jahr, bei schweren kalt-
blütigen Pferden schon srüher, ist der richtige Zeit-
punkt, wo das junge Pferd, unbeschadet seiner kör-
perlichen Entwicklung und Ausbildung, zu Dienst-
leistungen aufgestellt werden darf, obschon Pferde,
welche erst mit dem vierten oder fünften Jahre zum
Dienst verwendet werden, Vorzüge vor den früher
benutzten behaupten. Nie soll ein junges Pferd
mehrere Tage hindurch ruhig im Stalle stehen. Um
ruhige Arbeitspferde zu erhalten, werden die nicht
zur Zucht bestimmten Hengste zu Wallachen kastriert.
Die beste Zeit zum Wallachen ist der Februar und
März oder der Oktober und November. Zur Zeit
des Wechsels der Eckschneidezähne, gewöhnlich im
Herbst zwischen dem vierten und fünften Jahre, sind
die Pferde zu schonen.
Litteratur. Außer ältern Schriften von Ammon,
Hering, Iustinus,Baumeister,Schönberg, Dieterichs,
Stewart u. a. vgl. von Heydebrand und der Lasa,
Handbuch für Halbblutzüchter (Wien 1884); H. von
Nathusius, Nber die Zucht schwerer Arbeitspferde
(Berl. 1885); Sanders, Die P. unter Anwendung
der allgemeinen Vererbungsgesetze auf die praktische
Züchtung (deutsch von Nathusius, Bresl. 1888);
Graf Lehndorff, Handbuch für Pferdezüchter (3. Aufl.,
Berl. 1889); von Mendel-Steinfels, Anleitung zur
Auswahl und Pflege der Zuchtstute und zur Aus-
zucht des Fohlens (Halle 1889); Stöckel, Die könig-
lich preuß. Gestütsverwaltung und dieprcuß. Landes-
pferdezucht (Berl. 1890); Baumeister, Anleitung
zur Kenntnis des äußern des Pferdes (ebd. 1891);
Schwarznecker, P., Nassen, Züchtung und Haltung
des Pferdes (3. Aufl., ebd. 1894). Periodisch erschei-
nen: Zeitschrift für Pferdekunde und P., Organ
der Pferdezuchtvereine Bayerns (Jahrg. 1-11,
Stuttg., Kaiserslautern und Erlangen 1884-94);
Der Pferdefreund (Jahrg. 1-10, Darmst. 1885
-94); Das Pferd. Illustrierte Zeitschrift für fach-
gemäße Anwendung, Haltung und Züchtung des
Gebrauchspferdes (Jahrg. 1-10, Dresd. und Verl.
1885-94), dazu seit 1894 die Beilage: Der Traber.
Pferfee, Dorf im Bezirksamt Augsburg de<?
bayr. Reg.-Bez. Schwaben, an der Wertach, hat