Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

126
Physik
jeder ungewöhnlichen Erscheinung die Äußerungen
des Teufels sah, trat damals in der christl. Welt !
noch die alle Kreise umfassende .Herrschaft der Kirche ^
und der in ihrem Dienste stehenden scholastischen
Philosophie, während andererseits die Araber, so
sorgfältig sie auch die Lehren des Altertums be-
wahrt haben, doch nicht hinreichende geistige Frei-
heit und Kraft zu einer selbständigen Entwicklung
der Wissenschaft besaßen. Der von den Arabern
herrührende Gewinn beschränkt sich auf einige wenige
Sätze der Optik, die mit der von ihnen vorzugsweise
gepflegten Astronomie im Zusammenhang standen. !
Erst mit dem allgemeinen Wiedererwachen der!
Wissenschaften beginnt auch für die P. eine neue ^
Periode der Entwicklung. Als erster siegreicher!
Kampf gegen die Autorität der frühern Lehre er- ^
scheint die Aufstellung des neuen Sonnensystems ^
durch Kopernikus (1554). Vor allem aber schlug
Galilei (1602) zuerst in strenger Weise den Weg ,
des Versuchs ein, dessen Bedeutung er durch seine "
glänzenden Entdeckungen in der Lehre von der Be- ^
wegung der Körper und vom Licht nachwies. Fast l
gleichzeitig unternahm Gilbert in England eine er-'.
perimentelle Untersuchung der magnetischen Kraft, !
bei der er auch die Anfänge der Elektricitätslehre!
schuf, und etwas später entdeckte auf Grund der!
Beobachtungen von Tycho Brahe Kepler (1618) die !
Gesetze der Bewegung der Planeten in ihrem Laufe
um die Sonne. War bis dahin die Forschung vor-
zugsweise auf die Aufstellung der Gesetze, denen die
Erscheinungen in der Natur folgen, gerichtet, fo be-
gann man bald auch nach den Gründen zu fragen,
die jene Erscheinungen bedingen. Indes traten
Mangel an Ausbildung der Mathematik, nament-
lich der Mechanik, besonders aber auch der damals >
nock sehr beschränkte Kreis genau beobachteter Er-
scheinungen als wesentliche Hindernisse einer erfolg-
reichen Entwicklung der P. nach dieser Seite hin
entgegen, wie dies der von Descartes (s. d.) in seinen
"?i-incipi3. pQiloZypKiao" gemachte Versuch einer
Erklärung der Naturerscheinungen beweist. Unter-
des schritt aber die Kenntnis der Thatsachen ohne
Unterbrechung vorwärts. Snell (1615) und Des-
cartes (1637) gaben das wahre Gesetz für die Bre-
chung des Lichts. Otto von Guericke (1650) be- i
richtigte und erweiterte durch die Erfindung der
Luftpumpe die Kenntnis der Eigenschaften der Luft
und zeigte die wichtigsten Eigenschaften der elektri-
schen Kraft, die jedoch von seinen Zeitgenossen nicht
verstanden wurden. Huyghens (1665) führte die von
Galilei begonnenen Untersuchungen über das Pen-
del weiter und benutzte dieses zur Regulierung der
Uhren, lehrte auch die Gesetze der Centrifugalkraft ^
und des Stoßes kennen. Für die Optik schuf i
Huyghens (1690) die Grundlage der jetzt geltenden ^
Wellentheorie. !
Eine neue Epoche begann für die P. mit der Auf- !
stellung des Gravitationsgesetzes durch Newton
(1682). Aus dem Satz, daß alle materiellen Kör-
per sich proportional ihren Massen, aber umgekehrt
proportional den Quadraten ihres Abstandes an-
ziehen, leitete Newton die von Kepler (1618) den
Beobachtungen entlehnten Gesetze der Planeten-
bewegung her und zeigte in jener Anziehung den
Grund der sog. Störungen in dem Laufe der Pla-
neten und ihrer Satelliten. Ferner benutzte er diese
zur Erklärung der Gestalt der Erde und der Ungleich-
heit der Schwerkraft an den verschiedenen Punkten
ibrer Oberfläche, sowie zur Erklärung der Präcession
der Nachtgleichen, der Regression des Saturnrings
und der Entstehung von Ebbe und Flut auf unserer
Erde. Die Optik förderte Newton (1666) durch Ent-
deckung der ungleichen Vrechbarkeit der verschieden-
farbigen Strahlen, die er als Bestandteile des weißen
Lichts erkannte. Auf Grund der Beobachtung der
Farben dünner Blättchen erkannte Newton die pe-
riodische Beschaffenheit der Lichtstrahlen, welche Er-
kenntnis eine wesentliche Grundlage der heutigen
Lichttheorie (Vibrationstheorie) bildet, und es ent-
ging ihm auch nicht die Polarisation des Lichts, die
sich in den Huyghensschen Beobachtungen über die
Lichtbrechung im Doppelspat ausspricht.
Gegen die Mitte des 18. Jahrh, begann die Elek-
tricitätstheorie rasch vorzuschreiten. Nachdem Gray
1729 den Unterschied zwischen den verschiedenen
Substanzen als Leiter und Nichtleiter (Isolatoren)
entdeckt hatte, wies 1733 Dufay das Vorhandensein
zweier verschiedener Modifikationen der elektrischen
Kraft, der sog. positiven und negativen Elektricität,
nach, deren Auftreten Franklin durch eine größere
oder geringere Anhäufung des elektrischen Flui-
dums glaubte erklären zu können. Nach dieser Auf-
fassung bildete Franklin sich seine Theorie über elel-
trische Ladung und Entladung, die ihn zu der Er-
klärung des Blitzes als eines elektrischen Funkens
führte (1752). Die speciellen Gesetze über die An-
ziehungen und Abstoßungen elektrischer und magne-
tischer Massen gab gegen Ende des 18. Jahrh.
Coulomb. In der Wärmelehre wurde die Ausdeh-
nung der Körper, besonders der Gase und Flüssig-
keiten, seit Galilei zur Bestimmung der Temperatur
benutzt' doch dauerte es noch sehr lange, ehe das
Thermometer ein wahres Meßinstrument wurde.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh, erkannte
Black, geleitet durch die Vorstellung einer unver-
änderlichen Wärmestoffmenge, daß zum Erhitzen
gleichgroßer Massen chemisch verschiedener Stoffe
verschiedene Wärmemengen (specifische Wärme) er-
forderlich sind, sowie daß beim Übergang des festen
Zustandes in den flüssigen und ebenso des flüssigen
in den gasförmigen eine gewisse Wärmemenge ge-
bunden (Blacks latente Wärme) und bei dem Rück-
wärtsgehen aus dem gasförmigen in den flüssigen
und festen Zustand dieselbe Wärmemenge wieder
frei wird. Auch die Ansichten über Dämpfe klärten
sich immer mehr, so daß Dalton zu Anfang des
19. Jahrh, eine richtige Darstellung ihres Verhal-
tens zu geben vermochte. Ein ganz neues Feld er-
öffnete sich durch die Entdeckung (1791) Galvanis
ider Erregung von Zuckungen in frisch getöteten
Fröschen durch Belegungen aus zwei verschiedenen
Metallen), die Volta mittels des von ihm kon-
struierten Kondensators zur Entdeckung der Kontakt-
elektricität sowie zur Konstruktion der nach ihm ge-
nannten Säule führte. Nicholson und Carlisle
zeigten sehr bald die zersetzende Eigenschaft des
Stroms dieser Säule, der für Humphry Davy 1807
das Mittel zur Darstellung der Metalle der Alkalien
und Erden wurde. Die magnetischen Eigenschaften
eines von einem elektrischen Strom durchflossenen
Drahtes fand 1820 Örsted (Elektromagnetismus).
Unmittelbar darauf beobachtete Ampere in Verfol-
gung der Orstedschen Beobachtung die Einwirkung
zweier solcher elektrischer Leitungsdrähte aufeinander
(Elektrodynamik) und lehrte Arago durch den elek-
trischen Strom weiches Eisen magnetisch zu machen.
Dann solgte 1822 die Entdeckung des sog. Tbermo-
magnetismus (der Erzeugung elektrischer Ströme