Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

247

Polspannung - Polyästhesie

dem Anker zugekehrten Polflächen der Magnete durch besondere ihnen vorgelegte Eisenmassen, die den Zweck haben, durch Vergrößerung der Ein- und Austrittsflächen für die Kraftlinien den Querschnitt der zwischen Pol und Anker gelegenen Luftstrecken ihres Weges entsprechend der geringen Durchlaßfähigkeit der Luft für Kraftlinien zu vergrößern und damit die Gesamtkapacität des Kraftlinienstromweges zu erhöhen. Freilich ist das nicht durch bloße vorgeschuhte dünne Platten möglich; der Übergang vom Querschnitt des Magneten in den der Austrittsfläche muß ein allmählicher sein (wie man dies schon aus der Analogie mit Flüssigkeits- oder Gasströmen schließen kann), wenn der Strom wirklich, wie beabsichtigt, fließen soll.

Polspannung, s. Klemmenspannung.

Poltáwa. 1) Gouvernement im südwestl. Teil des europ. Rußlands, zu den kleinruss. Gouvernements gehörig, grenzt im N. an die Gouvernements Tschernigow und Kursk, im O. an Charkow, im S. an Jekaterinoslaw und Cherson, im W. an Kiew und hat 49896,3 qkm mit 2894095 E., d. i. 58 auf 1 qkm. Die Oberfläche ist eine nach SW. geneigte Ebene und waldlose Steppe, reichlich bewässert vom Dnjepr, der die Westgrenze bildet, und seinen Nebenflüssen: Sula, Psjol, Worskla, Orel, Trubesh, Supoj u. a. Der sehr fruchtbare Boden besteht aus Schwarzerde und Lehm mit Sand vermischt. Reichlich gebaut werden Roggen, Weizen, Hafer, Kartoffeln; daneben Gemüse, Melonen, Obst, besonders Pflaumen, Tabak, stellenweise Sonnenblumen zur Gewinnung von Öl aus dem Samen. Sehr bedeutend ist die Zucht von Rindvieh, Pferden (in zahlreichen Gestüten) und Schafen. Es giebt 388 Fabriken mit 14,4 Mill. Rubel Produktion, darunter 49 Branntweinbrennereien (6 Mill. Rubel Produktion), Zucker-, Tabakfabriken u. a. Gegenstände des Handels sind Getreide, Spiritus, Vieh, Wolle, Felle (besonders die Schmaschen), Früchte u. s. w. Bedeutend sind die Jahrmärkte. An Eisenbahnen sind 499 km vorhanden. Die Bevölkerung besteht vorwiegend aus Kleinrussen. Es giebt 12 Mittelschulen für Knaben, 11 für Mädchen, 3 Special- und 994 niedere und Elementarschulen. Das Gouvernement, 1803 gebildet, zerfällt in 15 Kreise: Chorol, Gadjatsch, Kobeljaki, Konstantinograd, Krementschug, Lochwiza, Lubny, Mirgorod, Perejaslaw, Pirjatin, P., Priluki, Romny, Sjenkow und Solotonoscha. Das Gebiet umfaßt einen großen Teil des alten Großfürstentums Kiew und des Fürstentums Perejaslaw, gehörte zu der altruss. Ukraine und bildete bis 1797 die Statthalterschaft Jekaterinoslaw. – 2) Kreis im südöstl. Teil des Gouvernements P., von der Worskla durchflossen, hat 3398 qkm und 215427 E.; bedeutenden Ackerbau, Viehzucht, auch Obstbau. – 3) P., auch Pultawa, kleinruss. Piwtawa, Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises P., von Kirschwäldern und Boulevards umgeben, an der Mündung der Poltawka in die Worskla und an der Linie Jelisawetgrad-Charkow der Eisenbahn Charkow-Nikolajew, Sitz des Civilgouverneurs, des Bischofs, hat breite, gerade Straßen, (1891) 43563 E., 19 russ., 1 kath., 1 evang. Kirche, Mönchskloster, Synagoge, 2 Denkmäler zur Erinnerung an die Schlacht von P.: das eine eine Kupfersäule mit bronzenem Adler, das andere ein rechtwinkliges Prisma mit Schwert, Schild und Helm darauf; ferner 1 Knaben-, 1 Mädchengymnasium, Realschule, geistliches Seminar, Kadettenhaus, Mädcheninstitut, Gewerbemuseum, 2 Theater, 3 Zeitungen, 6 Banken, 25 Fabriken (Tabak-, Licht-, Seifen-, Lederfabriken), den Iljinschen Jahrmarkt (zweite Hälfte Juli a. St., 2,8 Mill. Rubel Umsatz). – P., im 12. Jahrh. gegründet, kam 1667 zu Rußland. Es ist bekannt durch die Schlacht vom 8. Juli (27. Juni) 1709, in der Peter d. Gr. über Karl ⅩⅡ. von Schweden einen entscheidenden Sieg davontrug , der die Machtstellung Rußlands begründete. (S. Nordischer Krieg.)

Pöltenberg, Markt bei Znaim (s. d.).

Polterabend, der Abend vor der Hochzeit, der mit Festessen, Aufführungen und Tanz begangen wird und Bekannten und Freunden, zugleich aber auch oft, namentlich auf dem Lande, der mutwilligen Jugend Veranlassung giebt, ihre Teilnahme für das Brautpaar möglichst laut und polternd, hauptsächlich durch sehr geräuschvolles Zerschlagen von Töpfen, zu erkennen zu geben. Dieser letztere Gebrauch ist sehr alt, war schon bei den Juden in Übung und bedeutete ursprünglich die Verscheuchung von bösen Geistern. Andere glauben, daß man die alten Töpfe zusammenwirft, um zu zeigen, daß ein neues Leben beginne.

Poltína, Poltínnik, der halbe Rubel (s. d.).

Poltron (frz., spr. -tróng), eigentlich Hasenfuß, Memme, häufig unter Anlehnung an das deutsche Poltern, soviel wie lärmender Prahler; Poltronnĕrie, Großthuerei.

Polupoltnik, s. Tschetwertak.

Poluschka, die Viertelkopeke, s. Kopeke.

Polverārahuhn, schwarzes in und bei Polverara in Italien gezüchtetes Haubenhuhn mit zwei kleinen Kammspitzen, nach Baldamus’ Ansicht ein Paduaner Huhnschlag, vielleicht auch ein Crèvecoeur-Huhnschlag und härter als dieser.

Poly…, in Zusammensetzungen aus dem Griechischen: Viel….

Polyacánthus, s. Labyrinthfische.

Polyadélphus, polyadelphisch (grch.) oder vielbrüderig, die Verwachsung der Staubgefäße einer Blüte zu mehrern Bündeln. Linné vereinigte in der 18. Klasse seines Systems Polyadelphĭa alle Zwitterpflanzen, deren Staubgefäße zu mehr als zwei Bündeln verwachsen sind.

Polyägos, alter Name der Insel Pelagonisi.

Polyämie (grch.), Vollblütigkeit, s. Plethora.

Polyandrĭa, 13. Klasse des Linnéschen Pflanzensystems , alle Pflanzen, deren Blüten mehr als 20 hypogyne Staubgefäße besitzen. Außerdem je eine Ordnung in den Klassen 16‒18 und 20‒23.

Polyandrie (grch.), Vielmännerei, die Ehegemeinschaft eines Weibes mit mehrern Männern. Dieser früher, wie es scheint, ziemlich weit verbreitete Gebrauch herrscht jetzt noch auf Ceylon, im Nilgirigebirge in Ostindien, im Himalaja und bei einzelnen arktischen Völkern. Gewöhnlich müssen die Männer Brüder sein. Die Kinder sprechen dann von ihrem ältern und jüngern u. s. w. Vater. Diese Sitte scheint in Sparsamkeitsrücksichten ihre Ursache zu haben. (S. Ehe, Bd. 5, S. 738 b, und Gemeinschaftsehe.)

Polyándrus (grch.), vielmännig, jede Blüte, die zahlreiche Staubgefäße enthält.

Polyărchie (grch.), die Herrschaft mehrerer in einem Staat, im Gegensatze zu der Monarchie.

Polyarthrītis (grch.), eine Gelenkentzündung, welche gleichzeitig viele Gelenke befällt.

Polyästhĕsie (grch.), die Vervielfachung der Empfindung, insbesondere der Tastempfindung, in- ^[folgende Seite]