Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

324
Postwertzeichenalbum - Postwertzeichenkunde
wischt, da sich zwischen Farbe und Papier eine Iso-
lierschicht befindet, welche das Eindringen der Farbe
in das Papier verhindert.
Ehe die P. dem Verkehr übergeben werden, läßt
in der Regel die betreffende Postverwaltnng Probc-
marken, sog. Essais anfertigen, nach welchen be-
stimmt wird, ob gewisse Änderungen in der Zeich-
nung, im Druck, in den ausgewählten Farben u. dgl.
sich als nötig erweisen. Dieses sind die sog. offi-
ziellen Essais, welche von vielen Sammlern eifrig
gesucht werden und die einen höhern Wert haben
als die privaten Essais. Unter letztern versteht
man private Abzüge von Markenentwürfen, die von
der PostVerwaltung abgelehnt wurden und von denen
dann der betreffende Graveur farbige Drucke zu
Sammelzwecken verfertigen läßt. Kommt eine Mar-
kenausgabe außer Kurs, so trifft es sich häusig, daß
gewisse Werte derselben nach einiger Zeit recht sel-
ten werden und für die Sammlerwelt schwer zu be-
schaffen sind. In solchen Fällen lassen sich viele Post-
verwaltungen dazu herbei, von den Originalplatten
neue Druckabzüge, die man Neudrucke nennt, an-
zufertigen. Dieselben werden dann gegen angemes-
sene Entschädigung verkauft und besonders von sol-
chen Sammlern gern erworben, denen die Mittel
zur Beschaffung der viel teurern alten Originale
fehlen. Solche von der Postbehörde angefertigten
Neudrucke sind sog. offizielle. Häusig kommt es nun
vor, daß Privatpersonen auf irgend eine Weise in
den Besitz alter Originalplatten gelangt sind und
hiervon Neudrucke abziehen lassen; diese nennt man
Privatneudrucke und ihr Sammelwert ist ein
weit geringerer als derjenige der offiziellen. Den
Umstand, daß die P. ein ganz bedeutendes Sammel-
objekt bilden (f. Postwertzeichenkunde), haben sich
eine ganze Anzahl von Staaten insofern zu nutze
gemacht, als sie Marken verausgaben, die weniger
aus Notwendigkeit, als für die Sammler gefertigt
werden und deren Verkauf den betreffenden Ländern
eine ganz erhebliche Einnahme gewährt. So giebt
es mehrere mittelamerik. Republiken, deren P. aus
diesem Grunde geradezu in Verruf gekommen sind,
und auch ein und das andere europ. Ländchen ge-
nießt bei den Sammlern nur noch eine zweifelhafte
Achtung. Besonders gehören die seit einigen Jah-
ren massenhaft auftauchenden Iubilänms-P ost-
wert zeichen mit Ausnahme weniger Fälle in die
Kategorie der Spekulationsmarken. Zuerst wurden
und zwar 1876 in den Vereinigten Staaten zwei
Briefumschläge gelegentlich der hundertjährigen
Feier der Unabhängigkeitserklürung verausgabt,
dann in England eine Markenreihe anläßlich der
Feier der 50jährigen Negierung der Königin 1887,
die heute noch in Umlauf ist. 1888 erschien in
Neusüdwalcs eine Jubiläumsausgabe gelegentlich
des hundertsten Jahrestages der Kolonie, welcher
bald darauf zwei Iubilüumskarten folgten zur
Erinnerung an die daselbst schon 1838 verausgab-
ten ersten Briefumschläge. Zur 400jährigen Feier
der Entdeckung Amerikas durch Columbus brachten
die Vereinigten Staaten von Amerika 1893 Marken
und Couverts in den Verkehr. Danach beginnt die
direkte Jagd auf das Geld der Sammler. Argen-
tinien, Venezuela, Portoriko, einige mittelamerik.
Republiken verausgabten gleichfalls sog. Columbus-
marken, Portugal feierte mit einer Jubelserie Hein-
rich den Seefahrer, Montenegro die Errichtung der
ersten Druckerei im Lande, San Marino die Fertig-
stellung eines neuen Regierungspalastes u. s. w.
Manche PostVerwaltungen pflegen, wenn eine Mar-
kensorte plötzlich aufgebraucht ist, sich dadurch zu
helfen, daß sie eine andere Sorte mit dem fehlenden
Wert bedrucken. Auch mit diesen sog. Aufdruck-
marken ist viel Schwindel getrieben worden.
Ziemlich nahe verwandt mit dcn P.si^d dieTele-
graphenwertzeichen. Die Frankatur ist hier
eine andere als bei den Briefen u. s. w., da die auf-
gegebene Depesche die Bezahlung in Marken auf-
geklebt bekommt und dann im Bureau verbleibt,
während die Postmarke anf dem Brief in die Welt
hinausgeht. Dieser Zahlungsart entsprechend giebt
es Depeschcnformulare mit eingeprägtem Wertstem-
pel, oder solä)e, auf welche der Betrag erst in Mar-
ken aufgeklebt werden muß. Im ganzen sind Tcle-
graphenwertzeichen nur in 44 Ländern eingeführt
worden und zwar zuerst in Britisch-Indien 1861,
dann in Preußen 15. Juni 1864, in Spanien 1. Juli
desselben Jahres u. s. w. Entwertet werden sie ähn-
lich wie die Briefmarken mit einem Stempel; in
Indien wurden die Marken zerschnitten, die untere
Hälfte kam auf die Depefche, die obere Hälfte auf
die Empfangsbestätigung, die der Absender erhält.
Weitaus die meisten Länder haben lnne Kindern
Tclegraphenmarken, sondern benutzen auch zu Tele-
graphenzwecken die P.
Poftwertzeichenalbum, Briefmarken-
album, der Briefmarkenliebhaberei dienendes,
zum Einkleben der Marken eingerichtetes, mit erläu-
ternden Abbildungen und meist mit geschichtlichen,
geogr., numismat. Notizen versehenes Sammel-
duch. Die P. sind in mindestens 24 Sprachen ver-
breitet und zum Teil auf das kostbarste ausgestattet.
Postwertzeichenkunde, Briefmarken-
kunde, Philatelie, Beschäftigung mit Postwert-
zeichen (s. d.), insofern sie einen Gegenstand der
Sammelliebhaberei bilden. Wann das Sammeln
der Postwertzeichen begann, ist nicht leicht fest-
zustellen; ein systemloses, massenweises Marken-
sammeln zum Zimmertapezieren u. dgl. soU schon
1846 in England, der Geburtsstätte derBricfmarken,
vorgekommen sein. Jedenfalls dürfte das bammeln
im heutigen Sinn des Wortes, d. h. das systema-
tische Zusammentragen von Postwertzeichen nach
Ländern, Ausgaben u. s. w. erst seit Mitte der fünf-
ziger Jahre aufgekommen sein. Es entstanden in-
folge der Nachfrage nach Postwertzeichen Geschäfte,
die sich mit ihrem Verkaaf zu Sammelzwecken be-
faßten, und heute ist das Postwertzeichen das
weitaus verbreitetste Sammelobjekt. Diese Lieb-
haberei wird von vielen Hunderttauscnden in allen
Ländern der Erde betrieben, und zwar nicht nur
von Privatpersonen, sondern auch viele Staaten
haben ihre eigene Postwcrtzeichensammlung, so
z. V. Deutschland, Frankreich, Bayern, Bulgarien,
England u. s. w. Besonders muß die deutsche
Sammlung, die im Neichspostmuseum in Berlin
aufbewahrt wird, ganz hervorragend genannt
werden; doch steht sie hinter der englischen im
Britischen Museum in London zurück, die das Par-
lamentsmitglied Tapling mit großen Kosten (etwa
800000 M.) anlegte und testamentarisch 1892 dem
Britischen Museum vermachte. Die weitaus größte
Sammlung, deren Wert über 1 Mill. M. beträgt
und die in ihrer Art einzig dasteht, gehört dem
Baron von Ferrary in Paris, während die bedeu-
tendste deutsche Sammlung die des Baron von
Mutzenbecher in Berlin ist; ihr Wert ist ungefähr
350000 M. Die Mehrzahl der Sammler benutzt