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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Postwesen

zur Aufbewahrung ihrer Schätze die Postwertzeichenalbums (s. d.). Postkarten, Couverts u. s. w. pflegt man in ganzen Stücken (Ganzsachen) aufzubewahren. Auch schätzen Sammler die Marken "auf Brief" höher als die losgelösten. Da die Zahl der Postwertzeichen mit jedem Jahr zunimmt, so wird das Sammeln derselben in ihrer Allgemeinheit immer schwieriger; man begann daher seit Anfang der achtziger Jahre das sog. Specialsammeln, d. h. viele Sammler beschränken sich auf einen Erdteil, auf Ländergruppen oder auf ein einziges Land, ähnlich wie dies bei andern Sammelgebieten, so beim Münzensammeln, schon längst üblich ist. Da das Beherrschen eines beschränkten Gebietes viel leichter ist, auch sonst viele Vorteile bietet, besonders das leichtere Eindringen in Einzelheiten, so ist das Specialsammeln auf dem Gebiete der P. die Sammelart der Zukunft. Da es für einen einzelnen Sammler, wenn er allein steht, nicht leicht ist, mit Erfolg seine Sammlung weiter zu führen, es sei denn, daß er über unbeschränkte Mittel verfügt, so bildeten sich schon früh, hauptsächlich zum Zweck des Tausches, Briefmarkensammlervereine. Ihre Haupttendenz war stets: wissenschaftliches Betreiben der P. durch Vorträge und Haltung von Fachblättern, ferner durch Tausch unter den Mitgliedern und billige Beschaffung von Postwertzeichen für deren Sammlungen. Die ältesten Vereine sind die Philatelic Society in London, gegründet im April 1869, die Société française de timbrologie in Paris (1874) und der Internationale Philatelistenverein in Dresden (1. Jan. 1877). Letzterer Verein ist gegenwärtig der größte von allen und zählt über 2000 Mitglieder, während der bayr. und der mitteldeutsche Philatelistenverein je etwa 300 Mitglieder aufweisen. Die Gesamtzahl aller Vereine zur Pflege der P. dürfte etwas über 400 betragen, von denen die Mehrzahl auf Deutschland und auf die Vereinigten Staaten fällt; die übrigen verteilen sich auf fast alle Länder, in denen Sammler sind; in neuerer Zeit sind sogar in Süd- und Nordafrika, wie auch in Australien Vereine entstanden. Infolge des regen Vereinslebens stellte sich bald das Bedürfnis ein, wenigstens in Deutschland, zu alljährlich stattfindenden Zusammenkünften der Vertreter der verschiedenen Vereine. Diese Zusammenkünfte erhielten den Namen Deutsche Philatelistentage und haben sich zu einer festgefügten, wohlorganisierten Einrichtung herangebildet. Der erste Philatelistentag fand 18. Aug. 1889 in Mainz statt, es folgten dann 1890 Frankfurt a. M., 1891 Dresden, 1892 Prag, 1893 Berlin, 1894 Kiel; für 1895 ist Mannheim bestimmt.

Eins der Hauptmittel, wodurch das Postwertzeichensammeln weitern Kreisen bekannt wurde, bestand von jeher im Veranstalten von Ausstellungen aller Arten von Postwertzeichen. Auf diesen Ausstellungen wurden nicht nur eigentliche Postwertzeichen dem Laien vorgeführt, sondern man sah in wissenschaftlich angelegten Sammlungen noch manche andere interessante Stücke, bei denen weniger das Frankaturwertzeichen als die Beförderungsart beachtenswert waren. So z. B. Ballonbriefe und Ballonkarten, welche aus und nach Paris sowie aus Metz im Kriege von 1870 befördert worden waren, Taubendepeschen aus Paris, aus derselben Periode stammend, Unterwasserpostbriefe, die in Metallkugeln, in halber Tiefe des Wassers schwimmend, im Winter 1870 durch die Seine nach Paris befördert werden sollten, was übrigens mißlang. Hierher gehören auch Briefe der nordamerik. Hundepost, der Bicyclepost, die gelegentlich des Eisenbahnstreiks (1894) zwischen San Francisco und Fresno, allerdings als Privatunternehmen, eingerichtet worden war. Auch die Briefe aus untergegangenen Schiffen, wie Schiller, Eider u. a., welche nach Monaten durch Taucher heraufgeholt und noch befördert wurden, sind nicht ohne Interesse. Zu den bedeutendsten Firmen auf dem Gebiete des Markenhandels gehören Gebrüder Senf (Leipzig), J. B.^[Jean-Baptiste] Moens (Brüssel), Stanley Gibbons Limited (London), Maury (Paris), Scott Stamp & Coin Co. (Neuyork). Mit dem Briefmarkengeschäft befassen sich mehrere tausend Händler; außerdem finden an Hauptplätzen Auktionen und regelmäßige Börsenabende statt. Für Raritäten werden hohe Preise bezahlt; die rote Dreier-Sachsen kostet etwa 100 M., eine 2 Cents rosa der 1. Ausgabe von Britisch-Guayana erzielte 1010 Doll., ein Paar der seltenen Mauritius 1 Penny und 2 Pence Post Office ungebraucht sogar 14500 M.

Die Litteratur der P. ist sehr bedeutend, obschon ihre Anfänge sich nicht viel über 30 Jahre zurückverfolgen lassen. Die erste Briefmarkenzeitung wurde im Dez. 1862 in Liverpool verausgabt, es war "The Stamp Collector’s Review and Monthly Advertiser"; kurz darauf 1. Febr. 1863 erschien "The Stamp Collector’s Magazine" gleichfalls in England und am 15. desselben Monats "Le Timbre-Poste" in Brüssel; letzteres Fachblatt existiert heute noch. Am 1. Mai 1863 erschien als erstes deutsches Blatt das "Magazin für Briefmarkensammler" in Leipzig, dem 1864 das "Börsenblatt für Briefmarkenhandel" in Kaufbeuren folgte. In Frankreich wurde 15. Juli 1864 "Le Collectionneur de Timbres-Poste" herausgegeben und 15. Nov. "Le Timbrophile", beide in Paris. Bis heute dürften über 800 verschiedene Briefmarkenzeitungen in etwa 13 Sprachen herausgekommen sein, deren weitestverbreitete, das "Illustrierte Briefmarkenjournal" der Gebrüder Senf, jetzt im 22. Jahrgang steht und die stattliche Zahl von 17000 Abonnenten aufzuweisen hat. Ferner sind von deutschen Briefmarkenzeitungen zu nennen die "Illustrierte Briefmarkenzeitung" (Leipzig), die "Deutsche Briefmarkenzeitung" (Berlin), "Der Philatelist" (Vereinsorgan des Internationalen Philatelistenvereins zu Dresden) u. s. w. Noch früher als die erste Fachzeitung wurde der erste Katalog herausgegeben, es war der von Potiquet, der im Dez. 1861 in Paris erschien; auf ihn folgte schon im Jan. 1862 ein "Manuel du Collectionneur de Timbres-Poste" von Moens in Brüssel. Die bis heute verausgabten Kataloge und Handbücher dürften die Zahl 720 überschreiten; große Verbreitung hat namentlich Senfs "Illustrierter Postwertzeichenkatalog" (Lpz. 1892 fg.) gefunden. Vgl. ferner Moens, Bibliothèque des Timbrophiles (Brüssel); Lindenberg, Die Briefumschläge der deutschen Staaten (Berl. 1892 fg.).

Postwesen, der Inbegriff aller Einrichtungen zur Beförderung von Brief-, Geld-, Paketsendungen, Zeitungen und auch von Personen durch die Post (ital. posta, vom mittellat. posita, Standort [für Pferdewechsel], Posthaus). Das P. ist, als Ausfluß des Postregals (s. d.), in allen civilisierten Ländern als Staatsanstalt unter gesetzlichen Garantien eingerichtet, weil die Notwendigkeit vorlag, das Verkehrsbedürfnis der Staatsangehörigen durch öffent-^[folgende Seite]