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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Rechtspraktikant; Rechtsquellen; Rechtsrheinische Eisenbahn; Rechtsritter; Rechtsschulen; Rechtssprecher

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Rechtspraktikant - Rechtssprecher

histor. Rechtsverhältnisse den Begriff des Rechts und seine frühesten Gestaltungen festzustellen sucht.

Aus der umfangreichen Litteratur über R. sind hervorzuheben: F. von Raumer, Die geschichtliche Entwicklung der Begriffe von Staat, Recht und Politik (Lpz. 1826; 3. Aufl. 1861); Stahl, Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht (3 Bde., Bd. 1: Geschichte der R., 5. Aufl., Freib. i. Br. 1853); Hinrichs, Geschichte der Rechts- und Staatsprincipien seit der Reformation (3 Bde., Lpz. 1848‒52); I. ^[Immanuel] H. Fichte, Die philos. Lehren von Recht, Staat und Sitte seit der Mitte des 18. Jahrh. (ebd. 1850); Vorländer, Geschichte der philos. Moral, Rechts- und Staatslehre der Engländer und Franzosen mit Einschluß des Machiavelli (Marb. 1855); Röder, Grundzüge des Naturrechts oder der R. (2. Aufl., Lpz. 1860 u. 1863); Geyer, Geschichte und System der R. in Grundzügen (Innsbr. 1863); Bluntschli, Geschichte des allgemeinen Staatsrechts und der Politik seit dem 16. Jahrh. bis zur Gegenwart (3. Aufl., Münch. 1881); Trendelenburg, Naturrecht auf dem Grunde der Ethik (2. Aufl., Lpz. 1868); Ahrens, Naturrecht oder Philosophie des Rechts und des Staates (2 Bde., 6. Aufl., Wien 1870); Schäffle, Bau und Leben des socialen Körpers, Bd. 4 (Tüb. 1878); Lasson, Rechtsphilosophie (Berl. 1882); Ihering, Der Zweck im Recht (2 Bde., 2. Aufl., Lpz. 1884‒86); Bergbohm, Jurisprudenz und R. (Bd. 1, ebd. 1892); Post, Grundriß der ethnolog. Jurisprudenz (Bd. 1 u. 2, Oldenb. 1894).

Rechtspraktikant, s. Referendar.

Rechtsquellen, zunächst die Faktoren, welche das objektive Recht schaffen, also die Gesetzgebung und die das Gewohnheitsrecht erzeugende Rechtsübung. Die Ansicht, daß auch die Rechtswissenschaft, insoweit sie die Lücken des geltenden Rechts durch Analogie (s. d.) ergänze, oder daß die Natur der Sache, d. h. die innere Natur der gegebenen Rechtsverhältnisse, aus der die Juristen vielfach rechtliche Folgerungen ziehen, R. seien, ist unberechtigt. Sodann versteht man unter R. die Erkenntnismittel, aus denen der Jurist die geltenden Rechtssätze erschließt, also die publizierten Gesetze, die durch Gewohnheitsrecht mit Gesetzeskraft versehenen Rechtsbücher (s. d.), und für das ungeschriebene Recht die Übungsfälle des Gewohnheitsrechts, wie sie durch die jurist. Praxis, durch die Aussagen sachverständiger Zeugen, glaubwürdige Aufzeichnungen konstatiert werden, oder sich aus im Munde des Volks lebenden Rechtssprichwörtern (Rechtsparömien) ergeben.

Rechtsrheinische Eisenbahn, von Ehrenbreitstein über Neuwied und Oberkassel nach Siegburg (73 km, 1866 genehmigt, 1869‒1872 eröffnet), Strecke der ehemaligen Rheinischen Eisenbahn (s. d.), jetzt preuß. Staatsbahn.

Rechtsritter oder Gerechtigkeitsritter, die höhere Stufe der Ritter des Johanniter- oder Malteserordens im Gegensatze zu den Ehren- oder Devotions- (Gnaden-) Rittern.

Rechtsschulen, Gruppen von Juristen, welche in der Auffassung des Rechts gleichen Grundsätzen oder Methoden folgen. So bei den Römern die Proculianer und Sabinianer (s. Labeo). In Deutschland sind namentlich die historische und die philosophische Schule hervorgetreten, letztere anknüpfend an die naturrechtliche Schule des 18. Jahrh. Der Hauptrepräsentant der ersten ist Savigny, welcher in seiner berühmten Schrift vom «Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft» (Heidelb. 1814) dem von Thibaut und andern Juristen vertretenen Begehren nach einem Deutschen bürgerlichen Gesetzbuch mit der Ansicht entgegentrat, daß das Recht durch Sitte und Gewohnheit entstehe, also durch innere still wirkende Kräfte, nicht durch die Willkür eines Gesetzgebers. Das Recht entstehe und bilde sich weiter wie die Sprache aus dem Volke heraus. Der Gesetzgebung bliebe nur die Aufgabe, abgesehen von durch polit. Bedürfnisse veranlaßten Einzelgesetzen, Kontroversen zu entscheiden und alte Gewohnheiten zu verzeichnen. Der heutigen Rechtswissenschaft aber liege die Aufgabe ob, den überlieferten Rechtsstoff historisch zu ergründen, ihn bis zu seiner Wurzel zu verfolgen und so sein organisches Princip zu entdecken, wodurch sich das, was noch Leben hat, von dem absondern müsse, was abgestorben sei und nur noch der Geschichte angehöre. In seiner «Geschichte des röm. Rechts» hat Savigny das grundlegende Werk der histor. Schule geschaffen. – Die übermäßige Betonung des histor. Elements in der Rechtsbildung fand allmählich einigen Widerspruch, besonders auf Grund der geschichtlichen Thatsache, daß unser heutiges bürgerliches Recht zum größten Teil gar nicht auf nationaler Grundlage ruht, sondern röm. Recht ist. Zu verschiedenen Zeiten haben große Gesetzgeber nicht bloß kodifiziert, sondern auch mit gutem Erfolg neues Recht mit vollem Bewußtsein geschaffen. Savigny gab durch seine Arbeiten unzweifelhaft den Anstoß zu einer bedeutenden Förderung der deutschen Wissenschaft sowohl auf dem Gebiete des röm. (Puchta, Keller, Vangerow, Bruns, Windscheid u. a.) als des deutschen Privatrechts (Eichhorn, Albrecht, Homeyer, Beseler, Stobbe u. a.), der Partikularrechte (Preußisches Landrecht von Dernburg, Österreichisches bürgerliches Recht von Unger, Württembergisches Privatrecht von Wächter, Bayrisches Privatrecht von Roth u. a.), des Handelsrechts (Thöl und Goldschmidt), des Civilprozesses (Wetzell, Planck u. a.). Noch heute beherrscht die histor. Schule Savignys die meisten deutschen Lehrstühle. Als großer grundsätzlicher Gegner Savignys trat Ihering in seinem Werke «Der Zweck im Recht» auf. Der Anstoß, den Ihering gab, fand vielfache und lebhafte Zustimmung, wirkte in zahlreichen kleinern Werken weiter und hat heute schon die Alleinherrschaft der histor. Schule gebrochen. Auf den Gebieten des Staatsrechts und des Strafrechts hatten philosophische Anregungen und Gesichtspunkte schon früher starken Einfluß gewonnen, zumal hier die neuere Zeit in ihren Verfassungsgesetzen und Strafgesetzbüchern mit der deutschen Vergangenheit vielfach gebrochen hatte. Als dauernder Gewinn ist die Überzeugung geblieben, daß eine tüchtige wissenschaftliche Behandlung und praktische Handhabung des Rechts die Grundlage einer philos. und histor. Bildung des Geistes erfordert, damit die Juristen nicht am Buchstaben haften bleiben und, wie Baco von Verulam sich ausdrückte, e vinculis sermocinantur (aus Fesseln reden). – Vgl. Bluntschli, Die neuern R. der deutschen Juristen (2. Aufl., Zür. 1862); Windscheid, Recht und Rechtswissenschaft (Lpz. 1884); Bekker, Über den Streit der histor. und philos. Rechtsschule (Heidelb. 1886).

Rechtssprecher, Gesetzsprecher, Rechtsmann, Lagmann, in Island, Schweden und Norwegen früher der mit der Abhaltung von periodischen Rechtsvorträgen in den Dingen (Gerichtsversammlungen) betraute Mann. Er hatte also das