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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Referent - Reflexbewegungen

jedes Gesetz an offener Landsgemeinde durch Stimmenmehrheit angenommen oder verworfen wird, dieses Volksrecht althergebracht ist, hat es in den übrigen Kantonen erst seit 1863, im Bunde durch die Bundesverfassung von 1874 Eingang gefunden. Das eidgenössische R. ist fakultativ, d. h. Gesetze und allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse werden nur dann dem Volk vorgelegt, wenn dies von 30000 Stimmberechtigten oder von 8 Kantonen verlangt wird. In den Kantonen heißt das R. obligatorisch, wenn alle Gesetze und alle Ausgaben, welche eine bestimmte, in den einzelnen Kantonen verschiedene Summe übersteigen, der Volksabstimmung unterbreitet werden müssen: so in Zürich, Bern, Schwyz, Solothurn, Basel-Land, Graubünden, Aargau, Thurgau und in den Landsgemeinde-Kantonen Uri, Ob- und Nidwalden, Glarus und Appenzell beider Rhoden. Fakultativ heißt es, wenn, wie in eidgenössischen Dingen, Gesetze und Beschlüsse ohne weiteres in Kraft treten, sofern nicht binnen einer gewissen Zeit von einer bestimmten Zahl von Stimmberechtigten (Veto) oder von Mitgliedern der gesetzgebenden Behörden die Volksabstimmung verlangt wird; so in Luzern, Zug, Basel-Stadt, Schaffhausen, St. Gallen, Tessin, Waadt, Neuenburg und Genf. Wallis hat nur ein partielles, auf Finanzfragen beschränktes R. Rein repräsentativ-demokratisch ist einzig noch der Kanton Freiburg. In Zürich, Zug, Solothurn, Basel-Stadt und -Land, Schaffhausen, Aargau, Thurgau, Waadt und Neuenburg und ebenso in den Landsgemeinde-Kantonen ist mit dem R. die Initiative verbunden, d. h. das Volk hat nicht nur das Recht, über Gesetzesvorlagen zu entscheiden, sondern es darf auch eine gesetzlich bestimmte Zahl Stimmberechtigter von sich aus Gesetzprojekte aufstellen, den Behörden zur Vorberatung und der Gesamtzahl der Stimmberechtigten zur Entscheidung zuweisen. (S. auch Plebiscit.)

Referént (lat.), Berichterstatter (s. Bericht).

Referénz (lat.), Verweisung auf einen Auskunftgeber, Berufung, Bezugnahme auf jemand behufs Empfehlung.

Referénzbücher, s. Auskunftsstellen.

Referieren (lat.), sich auf etwas beziehen, berichten. So spricht man im öffentlichen Dienst zunächst von Berichten (Relationen), welche Gerichte oder Verwaltungsbehörden oder einzelne Beamte, seien es höhere oder Unterbeamte, ihren Vorgesetzten oder den Kollegien über die Ausführung erteilter Aufträge erstatten. Im eigentlich jurist.-technischen Sinne versteht man aber unter R. das Vortragen und Begutachten des Inhalts von Akten. (S. Bericht.) Die Referierkunst bildete im schriftlichen Verfahren einen wichtigen Teil der praktischen Jurisprudenz. Bei Verhandlungen, an denen Bevollmächtigte oder einzelne Mitglieder einer Interessengemeinschaft teilnehmen, spricht man davon, daß dieselben Vorschläge von anderer Seite bloß zum R. (ad regerendum) nehmen, wenn sie erst die Ansicht des Machtgebers oder der Gemeinschaft einholen wollen und deshalb die Vertagung der Verhandlung beantragen.

Reff, eine Vorrichtung, um die Segel der Stärke des Windes gemäß zu verkleinern. Sie besteht darin, daß in gewissen Höhen quer durch das Segel eine Menge dünner Leinen gezogen ist, die es in Abteilungen teilen. Bei zunehmendem Winde verkleinert man das Segel bis zur ersten, zweiten oder dritten Abteilung, d. h. dem ersten, zweiten oder dritten R. Die Arbeit selbst heißt reffen, reefen (d. h. raffen, aufraffen) oder ein R. einstecken, während man bei abnehmendem Wind das R. aussteckt. Um das Reffen zu erleichtern, sind in neuerer Zeit Cunninghamsche und Dyersche Patentreffe auf Handelsschiffen eingeführt worden, die es ermöglichen, vom Deck aus einen beliebigen Teil des obern Marssegels um die dazu eingerichtete Rahe (s. d.) zu rollen und es dadurch zu verkleinern, ohne Mannschaft hinaufzuschicken; doch bewähren sich diese Einrichtungen nicht bei allen Schiffen. Rahesegel werden nach der Rahe zu gerefft, Gaffelsegel nach dem Baume zu.

Reffeln, s. Flachsspinnerei (Bd. 6, S. 858 b).

Refftalje, eine Talje (s. Takel), die zum Reffen der Segel gebraucht wird.

Reffyekanonen, Reffyegeschütze, Canons de Reffye, die von dem franz. General de Reffye (spr. -fih; geb. 30. Juli 1821 zu Straßburg, gest. 2. Dez. 1880 zu Versailles) während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870 und 1871 und nachher bis 1875 hergestellten Hinterlader-Feldkanonen (s. Geschütz, Bd. 7, S. 917 a). Außer diesen Feldkanonen konstruierte Reffye auch eine 13,8 cm-Belagerungskanone; alle diese Kanonen haben einen Schraubenverschluß und verwenden in Kuchen gepreßtes Pulver. Auch die Mitrailleuse Canon à balles (s. Kartätschgeschütze) zählt zu den R.

Reflektánt (lat.), jemand, der auf etwas (z. B. eine Anstellung) sein Augenmerk richtet.

Reflektieren (lat.), zurückstrahlen, Lichtstrahlen zurückwerfen; auf etwas sein Augenmerk richten, in den Besitz von etwas zu kommen suchen; überlegen, nachdenken (s. Reflexion).

Refléktor (lat.), eine an Lampen, insbesondere auch an elektrischen Lampen angebrachte Vorrichtung, um die Lichtstrahlen zurückzuwerfen, gewöhnlich ein spiegelndes Rotationsparaboloid aus versilbertem Kupfer, in dessen Brennpunkt die Lichtquelle steht, deren Strahlen also durch Reflexion achsenparallel abgehen. In besonders großer Ausführung wird der R. als Scheinwerfer (s. d.) verwendet. Für dunkel gelegene Räume hat man Tageslichtreflektoren, bestehend aus einer spiegelnden, meist gewellten Glas- oder Metalltafel, welche vor dem Haus so angebracht ist, daß das Licht des hellen Himmels in den Raum hineinreflektiert wird. – Der von Horner erfundene R. ist ein für flüchtige Terrainaufnahmen brauchbares und praktisches kleines Spiegelinstrument zum geometr. und auch graphischen Bestimmen von Winkeln. – R. heißt auch eine Art der Fernrohre (s. d., Bd. 6, S. 684 b).

Refléx (lat.), Widerschein, das Zurückstrahlen des Lichtes von einem Gegenstand und dadurch bewirkte Beleuchtung; in der Physiologie, s. Reflexerscheinungen.

Reflexbewegungen, in der Physiologie solche Bewegungen, die durch die Erregung von Empfindungsnerven ohne Zuthun des Willens, unter Umständen selbst ohne Bewußtsein von dem Vorgange, hervorgebracht werden. Sie entstehen so, daß auf die Reizung eines Empfindungsnerven durch Vermittelung gewisser Stellen des nervösen Centralorgans (Gehirn, Rückenmark), die man deshalb Reflexcentren nennt, ein Bewegungsnerv in Thätigkeit gesetzt und eine bestimmte Bewegung ausgeführt wird. Bekannte Beispiele dieser Art sind das Niesen nach dem Kitzeln der Nase, das Husten nach Reizung der Kehlkopfschleimhaut, das Mienen- ^[folgende Seite]