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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Reine Stimmung - Reinhardsbrunn
in 568 m Höhe, im geschützten Weistritzthale, ist be-
rühmt als klimatischer Gebirgsort (1894: 8831 Kur-
gäste), mit einer der größten Milch- und Molkcnkur-
anstalten Deutschlands (Kuh-, Schaf-, Ziegen- und
Eselirmenmilch), acht kohlensauren alkalischen Eisen-
quellen, großer Badeanstalt sür kohlensaure Mine-
ral- und Moorbäder sowie Douchen, Palmenhaus,
Wandclbahn und großem Kurpark mit Waldprome-
naden. Vad N. wird gebraucht bei Krankheiten der
Atmungs-, Verdauungs- und Harnorgane, Kehl-
kopf- und Bronchialkatarrhen, Lungenpdtbise. Das
Wasser wird auch versandt.- Vgl. Dittrich, N.,
seine Heilquellen und Umgebung (Bresl. 1838);
Teller, Bad N. Geschichtlich, topographisch u. s. w.
geschildert (Prag 1869); Drescher, Der Kurort R.
(Reinerz 1883); Scholz, Reinerz (Glatz 1878); Deng-
ler, Vad R. (Zür. 1882); Hohaus, Führer durch R.
(Glcch 1880).
Neine Stimmung, s. Temperierte Stimmung.
Reinetten (Renetten), 7. bis 12. Klasse des
Diel-Lucasschen Apfelsystems (s. Apfel, Bd. 1,
S. 732); Reinette d'Allemagne (frz., spr.ränett
dall'männj'), s. Vorsdorfer Apfel.
Neinfeld, Flecken im Kreis Stormarn des preuß.
Reg.-Bez. Schleswig, unweit der Mündung der
Heilsau in die Trave, an der Linie Lübeck-Hamburg
der Lübeck-Buchener Eisenbahn, Sitz eines Amts-
gerichts (Landgericht Altona), hat (1890) 1025 E.,
darunter 22 Katholiken, Post, Telegraph, Ober-
försterei, Reste einer im 12. Jahrh, gestifteten Cister-
cienserabtei und eines 1599 von Herzog Johann dem
Jüngern von Holstein-Sonderburg erbauten Schlos-
ses; bedeutende Fisch-, namentlich Karpfenzucht,
Ziegelei, Gctreidehandel, Vieh- und Krammärkte,
Moltcrei. R. ist Geburtsort des Dichters Mattbias
Reingewinn, s. Gewinn. ^Claudius.
Neinyard, Franz Volkmar, prot. Theolog und
Kanzelredner, geb. 12. März 1753 zu Vohenstrauß
in der Oberpfalz, studierte in Wittenberg, habili-
tierte sich 1777 daselbst, wurde 1780 außerord. Pro-
fessor der Philosophie, 1782 ord. Professor der Theo-
logie, 1784 Propst an der Schloß- und Universitats-
Nrche und 1792 Oberhofprediger, Kirckenrat und
Oberkonsiftorialrat in Dresden, wo er 6. Sept. 1812
starb. Anfangs ein entfchiedener Vertreter des Ra-
tionalismus, wandte sich R. später einem "rationalen
Supranaturalismus" zu; seine Predigten galten
lange Zeit als Muster. Sie erschienen gesammelt
in 3. Auflage und 40 Bänden, Sulzbach 1829-37,
dazu noch Eupplementbände vonKenzelmann(Mciß.
1825) und von Haas (Lpz. 1833); ferner erschienen
"Predigten zur häuslichen Erbauung" (4 Bde.,Eulzb.
1813). Von seinen sonstigen Schriften seien genannt:
"Versuch über den Plan, welchen der Stifter der
christl. Religion zum Besten der Menschheit entwarf"
(1. Aufl. anonym, Wittenb. und Zerbst 1781; 5. Aufl.,
bg. von Heubner, 1830), "System der christl. Moral"
(5 Bde., Wittcnb. 1788 fg.; 5^Aufl. 1815), "Vor-
lesungen über die Dognvaii!" (<^ulzb. 1801; 5. Aufl.
1824), "OpuLculH aoHdomic^" (2 Bde., Lpz. 1808
-9), "Geständnisse, seine Predigten und seine Bil-
dung zum Prediger betreffend" (Eulzb. 1810; 2. Aufl.
1611). In seinem Geburtsorte wurde ihm ein Denk-
mal errichtet und in Dresden zu seinem Andenken
eine Stiftung (Reinhardsstiftung) gegründet,
die jährüch homiletische Preisaufgaben stellt. -Vgl.
Böttiger, Dr. Franz Volkmar R. (Dresd. 1813;
2. Aufl. 1816); Pölitz, R. nach seinem Leben und
Wirken dargestellt (2 Bde., Lpz. 1813-15).
Reinhard, Karl Friedr., Graf, Pair von Frank-
reich, geb. 2. Okt. 1761 zu Echorndorf in Württem-
berg, studierte zu Tübingen Theologie und Philo-
logie und ging 1787 als Erzieher nach Bordeaux.
1791 begab er sich nach Paris, wo er eine Sekre-
tariatsstelle im Ministerium des Auswärtigen er-
hielt. 1792 kam er als erster Gesandtschaftssekretär
nach London; 1793 in gleicher Eigenschaft nach
Neapel. Nach dem Sturze der Gironde wurde er
Abteilungschef im Ministerium des Auswärtigen,
trat nach dem Sturze der Schreckensherrschaft in das
diplomat. Komitee des Konvents und wurde nach
dem Baseler Frieden (1795) Gesandter bei den Hanse-
städten. 1798 ging er als Gesandter nach Toscana,
und als das Land 1799 von den Franzosen besetzt
wurde, erhielt er das Amt eines Regierungskommis-
sars. Im Juli 1799 übernahm er das Ministerium
des Auswärtigen, aber schon nach der Revolution
vom 18. Vrumaire (9. Nov. 1799) legte er sein Porte-
feuille nieder und ging als Gesandter in die Schweiz,
1802 als Gesandter beim Niedersächsischen Kreise
nach Hamburg, 1805 als franz. Generalkonsul und
Resident nach Jassy. Hier wurde er 1806 bei dem
Einmärsche der russ. Truppen verhaftet und hielt sich
dann auf feinem Landgute Falkenlust am Rhein auf,
bis ihn Napoleon 1808 zum Gesandten am westfäl.
Hofe zu Cassel und zugleich zum Grafen ernannte.
Die Restauration brachte dem vielgewandten Mann
auf Talleyrands Vorschlag die Würde eines Staats-
rats und Kanzleidirektors im Ministerium des Aus-
wärtigen. Später schickten ihn die Vourbons als
Gesandten an den Deutschen Bundestag, bis er
1829 in Ruhestand treten mußte. Nach der Iuli-
revolution war er Gesandter am sächs. Hofe. 1832
abberufen, erhielt er die Pairswürde. Er starb 25. Dez.
1837 in Paris. In seiner Jugend übersetzte R.
mehrereröm. Dichter; auch gab er mit Conz "Episteln"
(Zür. 1785) heraus. Sein "Briefwechsel" mit Goethe
erschien später (Stuttg. 1850) im Druck.
Reinhardsbrunn, Lustschloß des Herzogs von
Coburg-Gotha, 1 km nordwestlich von Friedrichroda
(s. d.), in 396 in Höhe, am Norofuhe des Thüringer
Waldes, wird von Fremden viel besucht. Das Ge-
bäude ist umgeben von großen Teichen, Wiesen und
Anlagen und birgt eine Sammlung meist monströser
Geweihe. Ludwig der Springer gründete 1085 zu
R. ein Venediktinerkloster, das Mittelpunkt der Bil-
dung für jene Gegend und die Begräbnisstätte der
thüring. Landgrafen wurde. Die fog. "Reinhards-
brunner Annalen" (hg. in den "Thüring. Gefchichts-
quellen", Bd. 1, Jena 1854) sind jedoch nicht in
R. entstanden. Nach dem Aussterben der Land-
grafen von Thüringen (1440) nahmen sich deren
Erben, die Kurfürsten von Sachsen, des Klosters
an, doch wurde es 1525 durch Bürger aus Walters-
bausen und aufständische Bauern verwüstet. Die
Herzöge von Weimar erbauten dann hier ein Jagd-
haus. Die verwitwete Herzogin Dorothea Marie
nahm ihren Wohnsitz zu 3t. und fügte 1605-13
das hohe Haus und die Kirche hinzu. Bei der Tei-
lung des Weimar. Gebietes (1640) siel R. an Her-
zog Ernst den Frommen zu Gotha. Anfangs des
19. Jahrh, wurde das Schloß vielfach erweitert.
Seinen Ruf verdankt R. jedoch erst Herzog Ernst I.,
der das Schloß 1827 - 35 durch den Baumeister
Gustav Eberhard in got. Stil restaurieren und die
Anlagen erweitern ließ. Zum Abschluß gelangte die
Umgestaltung unter Herzog Ernst II. Die Kirche,
Privatkapelle des Hsrzogs, wurde 1874 eingeweiht,
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