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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rolandspforte - Rollenhagen
führen, die allerdings älter sind als die erhaltenen
franz. Gedichte. Ihrer Abfassung nach reichen diese
Romanzen nicht über das 13. Jahrh, hinauf; sie sind
gedruckt bei Wolf und Hofmann, "I^iniHVLra. äe
^omÄncoä" (Berl. 1856). Zurückgedrängt aber wur-
den alle mittelalterlichen Bearbeitungen durch den
Ruhm, welchen sich die nur zum kleinsten Teil der
Überlieferung folgenden, weit öfter rein erfundenen
und willkürlich ausgeschmückten ital. Heldengedichte
des 15. und 16. Jahrh, erwarben, die von Rolands
Kampfes- und Liebesabenteuern in einer dem echten
Charakter der Sage keineswegs entsprechenden Weise
erzählten, wie "Noi-Zants mä^ioi-o" von L. Pulci,
"Orlando inkinoi-Hto" von Bojardo und das be-
rühmteste unter allen, "Orlando kni-ioLo" von
Ariosto. - Vgl. Schmidt, über die ital. Helden-
gedichte aus dem Sagenkreise Karls d. Gr. (Berl.
1820). Von neuern deutschen Dichtern hat Immer-
mann Rolands Tod in seinem Trauerspiel "Das
Thal von Ronceval" (Hamm1822) behandelt.
Rolandspforte, s. Roncesvalles.
Rolandssäulen oder Rulands-, auch Rut-
lands säulen, kolossale, aus Holz oder Stein
meist roh geformte Bildsäulen, die auf Markt- oder
Hauptplätzen vieler Ortschaften Norddeutschlands,
besonders Niedersachsens und Brandenburgs stan-
den oder noch stehen (wie in Brandenburg, Bre-
men, Halle, Nordhausen, Perleberg). Sie stellen in
der Regel einen gerüsteten oder manteltragenden,
barhäuptigen, ein bloßes Schwert in der Hand
haltenden Mann dar, den die Überlieferung als den
Roland der Karlssage zu deuten pflegt. Ursprung,
Geschichte und Bedeutung dieser Bilder ist noch nicht
hinreichend aufgeklärt; nur fo viel steht fest, daß sie
als Zeichen der Gerichtsstätten dienten. Nachrichten
finden sich nur spärlich erst seit dem 14. Jahrh, und
fast immer in Verbindung mit den Kämpfen für
städtische Vorrechte, unter denen eigene Verwaltung
und Gerichtsbarkeit als die höchsten galten. Nicht
selten erscheinen in diesen Zeiten die R. als Sym-
bole städtischer Freiheit und Selbständigkeit, werden
als solche in die Wechselfälle des Kampfes gezogen
und, je nachdem sich diese für die Stadt gestalten,
bald umgeworfen, bald neu aufgerichtet. - Vgl.
Stappenbeck in den "Mark. Forschungen", Bd. 4
(Berl. 1845); Zöpfl, Altertümer des Dcutfchen
Reichs und Rechts. Bd. 3: Die Rulandssäule (Lpz.
1861); Beringuier, Die Rolande Deutschlands (Berl.
1890). ^werth.
Rolandswerth, s. Rolandseck und Nonnen-
Rolf, Herzog der Normandie, s. Rollo.
Rollaffen, soviel wie Nollschwanzaffen (s.d.).
Rollasfel, f. Asseln.
Rollatlas, Gewebe, s. Atlas.
Rollbetvegungen, s. Manegebewegungen.
Rollblei, s. Blech (Bd. 3, S. 103a).
Rollbombe, zur Zeit der glatten Geschütze eine
Bombe kleinen Kalibers, die bei der Grabenverteidi-
gung vermittelst einer Rinne über den Wall in den
Graden hineingerollt wurde; sie ist in neuester Zeit
vom Oberstlieutenant Schumann wieder in Vor-
schlag gebracht.
Rollbrücken oder Schiebe brücken, eine Art
Beweglicher Brücken (s. d.), bei denen die Fahrbahn,
um der Schisfahrt freie Bahn zu geben, auf Rollen,
Kugeln oder Rüdern zurückgeschoben werden kann.
Die R. sind als Fluhbrückcn in England und Ame-
rika zur Anwendung gekommen, während sie im
Festungsbau eine häusigere Verwendung finden.
Rolle, im allgemeinen eine runde Scheibe, welche
um ihren Mittelpunkt beweglich ist. Im Maschinen-
bau kommt die R. als Friktionsrolle (s. Friktions-
rad), als Spannrolle und Leitrolle beim Riemen-
trieb (s. d.) und Seiltrieb (s. d.) und als Element
des Flaschenzugs (s. d.) zur Anwendung. - über
R. in der Buchbinderei s. d. (Bd. 3, S. 652a).
- R. im Bergbau, soviel wie Rollschacht (s. d.).
- R., Wascherolle, s. Appretur (Bd. 1, S. 763 d).
Rolle, in der Schauspielkunst der Anteil eines
Schauspielers an einem Stücke, insbesondere auch
das Heft, das aus dem ganzen Stücke auszieht, was
der einzelne Künstler vorzutragen hat. Dieser Aus-
zug führt auch die sog. Stichworte an.
Rolle, im Seewesen, s. Schiffsrollen.
Rolle (spr. roll). 1) Bezirk im schweiz. Kanton
Waadt, hat 43,3 hlun und (1888) 6149 E., darunter
483 Katholiken, in 13 Gemeinden. - 2) Hauptstadt
des Bezirks R., 11 Kni nordöstlich von Nyon, auf dem
rechten Ufer des Genfer Sees, in 380 m Höhe, an der
Linie Lausanne-Genf der Iura-Simplonbahn, hat
(1888) 1855 E., darunter 27? Katholiken, altes
schloß, jetzt Schul- und Stadthaus; Weinbau (La-
cöte) und Produktenhandel. R. ist Geburtsort des
russ. Generals Frede'ric Clisar Laharpe, dem ein
Obelisk (13 m) mit Brustbild auf einer Insel im See
errichtet ist. 3 km nordöstlich von R. das Signal de
Bougy (712 m) mit prächtiger Aussicht über Lacöte
(s. d.), den Genfer See und die Gebirge Savoyens.
Rolle, Joh. Heinr., Kirchenkomponist, geb.
23. Dez. 1718 zu Quedlinburg, gest. 29. Dez. 1785
als städtischer Musikdirektor in Magdeburg, gewann
besondere Bedeutung für die Geschichte des Orato-
riums durch eine Reihe von Kompositionen, die sich
den Reformen Glucks anzuschließen suchten und zwi-
schen Händel und Haydn die bedeutendsten deutschen
Erscheinungen auf diesem Gebiete bildeten. R.s ge-
lungenstes Werk ist der "Lazarus", aus dem noch
heute die Chorarie "Wiedersehn, sei uns gesegnet,
entzückungsvolles Wiedersehn" gesungen wird.
Rollen, seemännischer Ausdruck, s. Schlingern.
Rollenbuch, im Seewesen, s. Schifssrollen.
Rollenführung, s. Geradführung.
Rollenhagen, Georg, didaktischer Dichter, geb.
22. April 1542 zu Vernau bei Berlin, studierte seit
1560 Theologie in Wittenberg, wurde 1563 Rektor
zu Halberstadt, 1567 Magister in Wittenberg, in
demselben Jahre Prorektor, 1575 Rektor der Dom-
schule zu Magdeburg, die unter ihm ihre höchste
Blüte (1600 Schüler) erlebte. Er starb, gefeiert als
Pädagog wie als Prediger, 20. Mai 1609. R. hat
das Verdienst, durch Unterricht in der deutschen
Sprache den Sieg der hochdeutschen Schriftsprache
in Magdeburg gefördert zu haben. Auch seine drei
Dramen ("Abraham", "Tobias", "Lazarus") sind
aus Schulbedürsms auf der Grundlage älterer
Stücke erwachsen. Sein Hauptwerk "Froschmeuseler"
wurde schon in Wittcnberg 1571 begonnen auf An-
regung einer Vorlesung des Professors Ortel von
Wiusheim über Homers "Vatrachomyomachia" und
allmählich durch didaktische Einschacktelungen so an-
geschwellt, daß die Erzählung vom Krieg der Frösche
und Mäuse ganz zur Einkleidung ward für den polit.
Lehrgehalt; hielt R. doch auch den "Reinke Vos"
für eine Allegorie auf Kaiser- und Papsttum. Die
Dichtung, in der Luther als Frosch Elbmarr, der
Papst als Schildkröte Bcißkopf auftritt, erschien zu-
erst Magdeburg 1595 (unter dem Pseudonym Marcus
Hüpsinsholz von Meuscbach) und hatte gerade als