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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Roland de la Platière - Rolandslied
wissen wir nur durch eine kurze Angabe in Egin-
hards "Vita. (^roli", daß nämlich unter den Edcln,
welche 778 im Thale Ronceval in den Pyrenäen bei
einem Angriff der Basken auf die Nachhut Kaiser
Karls den Tod fanden, auch ein Illonäl^näuL, Lii-
wnnici limitig prHLkecwZ gewesen sei. Die lokale
Sage und Dichtung der Bretagne erhob diesen N.
zum Mittelpunkt eines allmählich in ganz Frank-
reich und weit über Frankreichs Grenzen verbreite-
ten Sagenkompleres, der in R.s tragischem Ende
gipfelt. Der starte, tapfere, fromme Held, ein Neffe
Karls, der Sohn seiner Schwester Bertha und Mi-
lons von Anglant, wird auf seines Stiefvaters, des
vcrräterifchen Ganelon von Mainz falschen Nat von !
Karl als Hüter Spaniens zurückgelassen, durch die ,
ungeheure Übermacht des heidn. Saracenen- oder !
Mohrenkönigs Marsilie bei Noncevals (Noncevaur) >
angegriffen und geht nach langem Kampfe mit Oli-
' vier und andern Franken zu Grunde; sein Scbwert
Durendal oder Durendart sucht er vor dem Tode
vergebens zu zerbrechen, damit es nicht in der Heiden
Hände falle; der Hilferuf seines Hornes ^lifant, das
zu blasen er überstolz trotz des treuen ^liviers Rat
verschmäht hat, dringt aus dem Munde des sterben-
den Helden allzuspät zu Karls Ohren.
Roland de 1a Plattere (spr. -lang, -Nähr),
Jean Marie, franz. Politiker, geb. 18. Febr. 1734
zu Thizy bei Villcfranchc, war beim Ausbruch der
Revolution Generalinspektor der Manufakturen und
Fabriken in Lyon. Diese Stadt schickte ilm im Febr.
1791 zur Vertretung der gewerblichen Interessen in
die Konstituierende Versammlung. Hier trat er in
Verbindung mit den republikanisch gesinnten Abge-
ordneten, siedelte im Dezember ganz nach Paris
über und erhielt in dem Girondistenministerium vom
März 1792 das Portefeuille des Innern. Als der
König die Unterzeichnung des Dekrets verweigerte,
wonach die Föderierten in der Nähe von Paris ein
Lager bilden sollten, schrieb er dem König 10. Juni
einen sehr freimütigen Brief, der seine Entlassung
nach sich zog. Nach dem Umstürze des Throns
(10. Aug.) wurde er sogleich wieder in sein Mini-
sterium eingesetzt. Als Anhänger der Gironde stellte
er sich jedoch dem Radikalismus der Jakobiner ent-
gegen und wurde von der Bergpartei im Konvent
aufs heftigste angefeindet. Bei dem Sturze der Gi-
rondisten ward 31. Mai 1793 auch feine Verhaf-
tung dekretiert. R. fand Gelegenheit zu entkommen,
stürzte sich aber auf die Nachricht von der Hinrich-
tung seiner Frau 15. Nov. 1793 unweit Rouen in
sein eigenes Schwert. Unter seinen Schriften in-
dustriellen und polit. Inhalts ist das "victionnaii-e
663 rüHliutactUI-63 6t 663 Ä1't3 (M 6N (i6p6N(i6Iit"
(3 Bde., Par. 1785-90) zu crwäbnen, das er für
Panckouckes "Nuc^cio^öäi" möt,d0äiHU6" schrieb.
Roland de la Platiere (spr. -läng, -tiähr),
Manon Ieanne, Gattin des vorigen, geb. 17. März
1754 zu Paris, Tochter des Kupferstechers Phlipon,
eine Frau von Geist und Energie, verheiratete sich
1780 mit R. Durch das Studium des röm. und
griech. Altertums sür republikanische Ideen gewon-
nen, fühlte sie sich von der Revolution mächtig er-
griffen. Sie kam mit ihrem Gatten 1791 nach
Paris und gewann bald großen Einfluh im Kreise
der Girondisten. Besonders trat sie zu Buzot (s. d.)
in nähere Beziehungen. Als N. die Stellendes Mi-
nisters erhalten hatte, stand sie ihm mit unermüd-
lichem Eifer in den Geschäften bei. Nach der Flucht
ihres Gemahls führte sie im Interesse dcr Kontcr-
BrockhauZ' Konvcrsations-Qcxiton. 14. Aufl. XIII.
revolution mit den gestüchtctcn Girondisten einen
Briefwechsel, weshalb man sie einkerkerte. Sie ver-
schmähte die ihr gebotenen Mattel zur Flucht, schrieb
im Gefängnisse ihre Memoiren und benahm sich vor
ihren brutalen Richtern mitUnerfchrockenheit. Mutig
legte sie 8. Nov. 1793 ibr Haupt unter die Guillo-
tine. In ihren "U6in()ii'68" (2 Bde., Par. 1820;
neue Ausg., ebd. 1864) sind auch ihre übrigen Schrif-
ten enthalten. Ihre "I^6Nl68,6nparti6iii6äit68" gab
Tauban (2 Bde., Par. 1867) heraus, der auch die
<c^wä6 3ur ^Ilnl5iu615." (ebd.1864) veröffentlichte.-
Vgl. außerdem: M. Blind, NHÜain6l5. (Lond.1886).
Rolandsbresche, Gebirgsfcharte in den Pyre-
näen, s. Brache de Roland.
Nolandseck, Weiler im Kreis Ahrweiler des
preuß. Reg.-Bez. Koblenz, zu Oberwinter gehörig,
am linken Ufer des Rheins, an der Linie Köln-
Vingerbrück dcr Preuß. Etaatsbahnen, besteht säst
nur aus Villen und hat (1890) etwa 130 E., Post,
Telegraph und Basaltbrüche. Auf einem nahen
Berge (153 m) ein 1848 gebauter gor. Aussichts-
turm und, als einziger Überrest der Burg R., ein
^ensterbogen mit Aussicht auf das Siebengebirge.
Untcrbalb im Rhein die Insel Nonnenwerth (s. d.),
und links am Rhein das Dorf Rolands werth mit
Weinbau und 460 E.
Rolandslied. Die Sage vom Paladin Roland
(s. d.) wurde bei den Franzosen der Gegenstand volks-
mäßigcr Lieder; vor dem Beginn der Scklacht bei
Hastings (1066) sang Taillcfer vor Wilhelms nor-
mann. Heer ein Lied von Roland. Solche Lieder
waren die Grundlage der Erzählung in der um 1130
verfaßten log. Chronik Turpins (s. d.), des gleich-
zeitigen "^ai-m6n äs proäitions (^U6rioni8", und
aus denselben Liedern faßte um 1060 und 1090 ein
Sänger das zusammenhängende franz. Volks- und
Nationalepos, die "(^lianäoii ä6 ^olariä" oder "äe
R0nc6vclux"zufammen, die am besten von TH.Äiüller
(2. Aufl., Gott. 1878) und von Clcdat (2. Aufl., Par.
1887) herausgegeben, von W. Hertz (Stuttg. 1861)
verdeutscht wurde. Das alte, in assonierenden Tira-
den abgefaßte Gedicht wurde im 12. und 13. Jahrh,
mehrfach umgearbeitet und erweitert; die verschie-
denen Redaktionen dieser Bearbeitung hat Förster
(Heilbr. 1883) herausgegeben. - Vgl. E. Seelmann,
Bibliographie des R. (Heilbr. 1888).
Nach dem alten franz. Epos dichtete bereits 1131
-33^der Pfaffe Konrad (s. d.), im Dienste Heinrichs
des stolzen, sein deutsches Gedicht, das "NnolanäEL
1i6t"; es wurde mindestens zweimal, zunächst von
einem nicderrhcin. Dichter Ende des 12. Jahrh.
(Bartsch, "Über Karlmeinet", Nürnb. 1861), und
dann in der ersten Hälfte des 13. Jahrh, von einem
öfterr. Dichter, dem Stricker (hg. von Vartsch,
Quedlinb. 1857), umgearbeitet, wahrscheinlich mit
Benutzung jüngerer franz. Gedichte. Auf franz.Quelle
beruht auch das nur in Bruchstücken erhaltene engl.
Gedicht des 15. Iabrh. (hg. von Herrtage, Lond.
1880, für die ^ai-i^ ^nFligd lext 8oci6t^); ferner
die islünd. <d^i'Ilnn^nu8-83^H" (hg. von Unger);
endlich die altniederländ. Bruchstücke'des 13: Iabrh.
(hg. von Vormans). Die ital. Bearbeitung des So-
ftegno di Zanobi, eines Florentiners im 14. Jahrh.,
"I^H 3MFna", beruht nicht unmittelbar auf franz.
Quellen, sondern auf in Italien verfaßten Gedich-
ten in einer Mischsprache. Die span. Romanzen von
Roland gründen sich nicht, wie man früher annahm,
auf felbständiges Fortleben der Sage in Spanien,
sondern sind auch auf franz. Traditionen zurückzu-
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