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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Römischer Katechismus - Römisches Recht

Diana und Artemis, Neptunus und Poseidon, Mercurius und Hermes, Vulcanus und Hephaistos, Ceres und Demeter, Mars und Ares, Venus und Aphrodite, Sol und Helios, Luna und Selene, Aurora und Eos, Camenen und Musen, Amor und Eros, Victoria und Nike, Fortuna und Tyche u. s. w. werden nun identifiziert und die griech. Bilder werden für die entsprechenden italischen Gottheiten eingeführt. Andere werden unter ihrem eigenen mehr oder weniger latinisierten Namen, jedoch vielfach unter Einfügung einheimischer mythischer Vorstellungen übernommen, wie Apollon (Apollo), Asklepios (Äsculapius), Bakchos (identifiziert mit Liber in dem Göttervereine Ceres, Liber und Libera), Herakles (Hercules) u. a. m. Selbst der offizielle Kult nahm von früh an neben seinem Festhalten an den alten Ceremonien viele griechische, ja selbst von Haus aus ungriechische orient. Kulte auf, für die in den Decemviri (früher Duoviri, zuletzt Quindecimviri) sacris faciundis (s. Decemvirn) ein eigenes Kollegium bestand, wenn sie nicht, wie die Bacchanalien, sitten- und staatsgefährlich schienen, so daß die Religion der Römer in der Kaiserzeit ein wirres Gemisch aller polytheistischen Götter und Kulte bildete. Die über die ganze röm. Welt zerstreuten Inschriften dieser Zeit bieten ein anschauliches Bild dieser Zustände. Augustus bemühte sich zwar, auch auf religiösem Gebiete die nationalen Elemente zu erhalten und in den Vordergrund zu stellen, aber dem unaufhaltsamen Gang der Völkermischung gegenüber ohne Erfolg. In der spätern Kaiserzeit verschwindet aus der praktischen Religionsübung des Volks der altröm. Gehalt immer mehr, die orient. Kulte der Isis, der großen Göttermutter (s. Kybele), des Mithras mit ihren geheimnisvollen Versprechungen und mystischen Sühngebräuchen treten an ihre Stelle, bis sich im 4. Jahrh. der endgültige Sieg des Christentums vollzieht.

Vgl. Hartung, Die Religion der Römer (Erlangen 1836); Preller, Röm. Mythologie (2. Aufl., Berl. 1865; 3. Aufl., von Jordan, 2 Bde., 1881-83); Marquardt in Becker-Marquardts "Handbuch der röm. Altertümer", Bd. 4 (Lpz. 1856), und umgearbeitet in Marquardt und Mommsen, Handbuch der röm. Altertümer, Bd. 6 (ebd. 1878; 2. Aufl., besorgt von Wissowa, ebd. 1885); Boissier, La religion romaine d'Auguste aux Antonins (2 Bde., Par. 1874); Réville, La religion à Rome sous les Sévères (ebd. 1886; deutsch von G. Krüger, Lpz. 1888); J. Burckhardt, Die Zeit Konstantins des Großen, (2. Aufl., Lpz. 1880).

Römischer Katechismus, s. Katechismus.

Römischer Kohl, s. Beta.

Römischer Kümmel, s. Cuminum.

Römischer Salat, s. Gartensalat.

Römisches Bad, s. Irisch-Römisches Bad.

Römische Schrift, s. Antiqua.

Römische Sprache, s. Lateinische Sprache.

Römisches Recht. Die röm. Weltherrschaft, die Berührung und Vermischung der german. Nationen mit den Römern seit der Völkerwanderung, der Glaube des Mittelalters, daß das von Karl d. Gr. gegründete Kaiserreich eine Fortsetzung des Römischen Reichs mit seinem R. R. sei, der Einfluß, welchen die sich an das R. R. haltende Hierarchie der röm. Kirche auf die Handhabung und Fortbildung des Rechts ausübte, die Thatsache, daß man in einem geschlossenen Buche, dem Corpus juris (s. d.), die anwendbaren Rechtsvorschriften zusammen fand, und die Pflege, welche eben diesem Corpus juris durch die Glossatoren (s. Glosse) auf den von den verschiedensten Nationen besuchten ital. Universitäten fand, sind der äußere Grund gewesen, daß das R. R., und zwar vorzugsweise das röm. Privatrecht, seine Rechtsinstitute und seine Rechtslehren von den modernen Völkern als ihr Recht aufgenommen wurde. Dazu traten in Deutschland polit. Gründe. Das mittelalterliche mit dem Lehnswesen verwachsene Ständewesen löste sich auf, die Landesherren erhoben gesteigerte Ansprüche ihrer Macht, sie zogen die sich in ihren Dienst stellenden auf den Universitäten von den Machtvollkommenheiten des Fürsten aus dem Corpus juris unterrichteten Gelehrten des R. R. als ihre Beamten heran; diese verdrängten die ungelehrten Schöffen aus den Landgerichten, allmählich auch aus den Hof- und Lehnsgerichten. Sie urteilten aber nach R. R. Nun aber bewährte sich für den schnell wachsenden Verkehr dieses ausgebildete R. R. in der Praxis ganz anders als das unbeholfene Deutsche Recht. Man brauchte das Recht nicht mehr für jeden einzelnen Fall zu suchen, um es zu finden, im Corpus juris lag es offen dar. Ohne den großen röm. Weltverkehr wäre niemals das Recht erwachsen, dessen die modernen Völker bedurften. Aber ohne den praktischen Sinn der Römer und ohne die Meisterschaft der röm. Juristen auch nicht. Sie verstanden die engen Fesseln des auf dem Zwölftafelgesetze beruhenden röm. Civilrechts zu lockern, um daneben ein für den Verkehr zwischen Römern und Nichtrömern geeignetes freieres jus gentium auszubilden; neben der strengen Logik, wie sie gleichmäßig ein Erbteil der roman. Sprachen und des R. R. ist, besaßen sie einen hohen Sinn für die Billigkeit (s. d.), um ihren Ansprüchen bei der Gestaltung der Rechtsinstitutionen im ganzen und bei den Entscheidungen im einzelnen Rechnung zu tragen. Sie verstanden es, ein durchaus rationales Recht (s. Rechtswissenschaft) auszubilden, welches den Lebensverhältnissen, den wirtschaftlichen und sittlichen Bedürfnissen gerecht wird, so daß heute noch aus dem R. R. auch da, wo es formell nicht gilt, wie in Teilen von Schleswig und in England, als eine raison écrite Normen für richterliche Entscheidungen hergenommen werden, und daß jede neue Kodifikation (s. d.) des bürgerlichen Rechts zum größten Teile R. R. wiedergiebt. Daneben hatten röm. Juristen einen so starken Sinn für Formen und ein so großes Geschick in der Formulierung, daß sie in ihrem Aktionensystem (s. Actio) ein Kunstwerk aufbauten, welches eine zugleich sichere und bequeme Grundlage für die prozessuale Geltendmachung der Ansprüche, die Rechtsverteidigung und die richterliche Entscheidung darbot. Der Aufbau des röm. Privatrechts ist so in sich zusammenhängend, daß man dasselbe oft für ein System praktischer Logik ausgegeben hat. Es ist aber zugleich so elastisch, daß es praktisch brauchbar geblieben ist, obwohl wichtige Teile, wie das ganze Institut der Sklaverei, welches mit dem Wirtschaftssystem der Römer tief verwachsen war, die strenge Gestaltung der römischen väterlichen Gewalt, die röm. Stipulation (s. d.), die Bonorum possessio (s. d.), herausgenommen, andere, wie die Hypothek (s. d.) und der Erwerb von Grundeigentum (s. Auflassung) umgestaltet sind. Umgekehrt reicht die röm. Rechtswissenschaft aus, um ganz moderne Rechtsinstitute, wie das geistige und gewerbliche Eigentum, angemessen zu gestalten und zu handhaben. Endlich ist die Kunst der röm. Juristen, gegebene Rechtsfälle (s. d.) zu be-^[folgende Seite]