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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Rousseau; Rousselaere; Rousseletten; Rousses, Les; Roussillon; Rout; Route; Routine

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Rousseau (Philippe) - Routine

social" zu verwirklichen, der insofern einen Fehlschluß machte, als er die in der kleinen Republik Genf etwa mögliche direkte Selbstregierung des Volks auf die ganz andern franz. Verhältnisse übertrug. Im übrigen hat R.s Opposition gegen die vorwiegende Verstandesbildung der Aufklärung auf das Geistesleben aller Nationen tief und belebend eingewirkt. In Deutschland sind seine Anregungen durch Herder und den Sturm und Drang unendlich fruchtbar geworden. R.s zahlreiche Briefe sind mit bewußter Kunst geschrieben und für die Geschichte nicht nur seines eigenen Lebens, sondern des Zeitalters wichtig. Seine "Confessions" (deutsch von L. Schücking, Hildburgh. 1870), die erst nach seinem Tode erschienen, haben durch ihre bis zum ärgsten Schmutze gehende zuchtlose Selbstenthüllung viele Anklagen gegen R. begründet und müssen in den Stunden des bittersten Schmerzes geschrieben sein, so daß man sie nicht ohne tiefes Mitleid lesen kann.

Neben den ältern Ausgaben R.s von Du Peyron (17 Bde., Genf 1782-90, mit Kupferstichen nach Moreau) und von Sébastien Mercier, Abbé Brizard und de L'Aulnaye (39 Bde., Par. 1788-93) ist als eine der besten zu nennen die Ausgabe von Musset-Pathay (26 Bde., ebd. 1823-27, mit der "Histoire de la vie et des ouvrages de Jean-Jacques R.", 3. Aufl., ebd. 1827) und die von Hachette (13 Bde., 1865). Eine befriedigende Ausgabe giebt es noch nicht. Ins Deutsche wurden übersetzt die "Sämtlichen Werke" von K. F. Cramer (11 Bde., Berl. 1786-99) und "Auserlesene Werke" von Gleich, Theodor Hell u. a. (28 Bdchn., Lpz. 1826-30). Neuerdings erschienen die von Bosscha herausgegebenen "Lettres inédites de Jean-Jacques R. avec Marc Michel Rey" (Amsterd. 1858), die von Streckeisen-Moulton veröffentlichten "?uvres et correspondance inédite de Jean-Jacques R." (Par. 1861) und die von Jansen herausgegebenen "Fragments inédits" (Berl. 1882). - Vgl. Brockerhoff, R.s Leben und Werke (3 Bde., Lpz. 1863-74); Streckeisen-Moulton, R. ses amis et ses ennemis (2 Bde., Par. 1865); Moreau, J. J. R. et le siècle philosophe (ebd. 1870); Saint-Marc Girardin, J. J. R., sa vie et ses ouvrages (2 Bde., ebd. 1875); John Morley, J. J. R. (Lond. 1873); Desnoiresterres, Voltaire et la société française (Bd. 2: Voltaire et J. J. R., Par. 1874); Taine, L'ancien régime (ebd. 1876); Brockerhoff, J. J. R. (im "Neuen Plutarch", Bd. 5, Lpz. 1877); Ritter, La famille de J. J. R. Documents inédits (Genf 1878); Gehrig, J. J. R. (Neuwied 1879); Borgeaud, R.s Religionsphilosophie (Lpz. 1883); Jansen, R. als Musiker (Berl. 1884); G. Maugras, Querelles des philosophes: Voltaire et J. J. R. (Par. 1886); Mahrenholtz, J. J. R. Leben, Geistesentwicklung und Hauptwerke (Lpz. 1889); Faguet, XVIIIe siècle (Par. 1890); Beaudouin, J. J. R. (2 Bde., ebd. 1891); H. de Rothschild, Lettres inédites de R. (ebd. 1892).

Rousseau (spr. rußoh), Philippe, franz. Tiermaler, geb. 1808 zu Paris, Schüler von Gros und Victor Bertin, war ursprünglich Landschafter, wendete sich jedoch später ganz der Tiermalerei zu, die er oft mit vielem Humor und in kräftiger Malweise behandelte. Dazu kamen zum Schlusse seines Lebens viele Blumenstücke und Stillleben. Drei seiner Tierbilder aus den fünfziger Jahren: Der Störenfried (Hund und Katzen), Schlafende Störche, Blumenfressende Ziege, befinden sich in der Galerie des Luxembourg. Er starb 5. Dez. 1887 in Paris.

Rousseau (spr. rußoh), Théodore, franz. Landschaftsmaler, Bruder des vorigen, geb. 15. April 1812 in Paris, wußte der realistischen Auffassung der Natur durch die Betonung eines Gefühls und Stimmungsmoments geistigen Gehalt und Bedeutung zu verleihen; hierin ist er einer der Hauptvertreter des sog. Paysage intime. 1854 stellte er eins seiner Hauptwerke: Der Sumpf in den Landes, aus, diesem solgte 1855 sein berühmtes Bild: Der Wald von Fontainebleau (im Louvre). 1865 malte er für den Speisesaal des Fürsten Deni zwei dekorative Gemälde und 1867 wurde er von der internationalen Jury, die ihm die höchste Auszeichnung, eine Ehrenmedaille verlieh, zu ihrem Präsidenten gewählt. Hauptwerke von ihm sind ferner: Die Hütte unter den Bäumen (1864) und Die Lichtung im Hochwald (1865). Er starb 22. Dez. 1867 in Barbizon bei Fontainebleau.

Rousselaere (spr. rausselahr), frz. Roulers, Stadt in der belg. Provinz Westflandern, an dem Mandel, 32 km südlich von Brügge, wichtiger Eisenbahnknotenpunkt, hat (1890) 20339 E., got. St. Michaelskirche; Spitzenindustrie, Cichorienhandel, Baumwoll- und Wollzeugfabriken und Leinwandmärkte. Hier siegten 13. Juli 1794 die Franzosen unter Pichegru und Macdonald über die Österreicher unter Clersayt.

Rousseletten (spr. ru-), Klasse des Lucasschen Birnensystems (s. Birne, Bd. 3, S. 32 b).

Rousses, Les (spr. lä ruß), Flecken im franz. Depart. Jura, Arrondissement St. Claude, 1135 m ü. d. M., mit dem Fort des R. strategisch wichtiger Punkt an der schweiz. Grenze und der Straße nach Nyon am Genfer See, hat (1891) 2476 E.; Uhrmacherei, Käserei (Gruyères) und Holzhandel. Nordöstlich der Lac des R., aus dem die Orde fließt.

Roussillon (spr. rußijóng), ehemalige Grafschaft und Provinz im südl. Frankreich, von Languedoc, Foix, dem Mittelmeer und den Pyrenäen begrenzt, mit der Hauptstadt Perpignan (s. d.), entspricht dem heutigen Depart. Ostpyrenäen. Die alten Bewohner waren die Sardonen, ihre Hauptstadt Ruscino am Tetis (Tet), das 859 von den Normannen zerstört wurde (jetzt La Tour de R., östlich von Perpignan). Unter den Römern gehörte R. zu Gallia Narbonensis, im 5. Jahrh. kam es an die Westgoten, 720 an span. Saracenen, 759 unter Pippin an die Franken. Seit Karl d. Gr. wurde R. als Rossilionensischer oder Elenensischer Gau (nach der Stadt Elne) durch Grafen verwaltet, die sich um 900 unabhängig machten. Ihr letzter vermachte R. 1172 an Aragon, bei dem es nun blieb, aber unter franz. Hoheit, auf die erst Ludwig IX. 1258 verzichtete. Johann II. von Aragon versetzte R. 1462 an Ludwig XI., der es trotz der Empörung der Bewohner 1473 mit den Waffen behauptete; erst Karl VIII. gab es 1493 an Aragon zurück. Seitdem blieb R. bei Spanien, bis es 1642 von Ludwig XIII. erobert und 1659 im Pyrenäischen Frieden nebst der Grafschaft Conflans (mit Villefranche) und dem nördl. Cerdagne definitiv an Frankreich abgetreten wurde.

Rout (engl., spr. raut), eigentlich Rotte, zusammengelaufene Pöbelschar, seit dem Anfang des 18. Jahrh. Bezeichnung für eine vornehme Abendgesellschaft.

Route (frz., spr. rut), Straße, Marschrichtung, Reise.

Routine (frz., spr. ru-), durch Übung erlangte Kunstfertigkeit; routiniert, gewandt, erfahren, geschäftskundig. Über R. im Seewesen s. Schiffsdienst.