Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Russisch-Centralasien'
schon vertrieben, und die Russen besetzten von Wjernoje aus das Gebiet von Kuldscha im Sommer 1871, während sich der Aufstand nach den westl. Provinzen des
eigentlichen China hin ausbreitete. Zu Ende des J. 1879 erst hatte China den Aufstand niedergeschlagen und verlangte nunmehr von der russ. Regierung die Räumung
von Kuldscha. Im April 1882 übernahm China wieder die Verwaltung des von den Russen auf Grund eines Vertrags vom Jan. 1881 zurückerworbenen Gebietes. Inzwischen
war der südlichste Teil der russ. Besitzungen in R. fortgesetzt von den Tekke-Turkmenen, welche das Steppengebiet zwischen Chiwa und Persien bewohnen,
beunruhigt worden; durch das Treffen von Geok-tepe 9. Sept. 1879 hatten sie die russ. Truppen zum Rückzug nach dem Atrek genötigt, seitdem aber wiederholt
Raubzüge gegen die russ. Ansiedelungen am Ostufer des Kaspisees unternommen. Um diesem Zustande ein Ende zu machen, rüstete die russ. Regierung im folgenden
Jahre eine größere Expedition unter General Skobeljew aus. Am 12. Dez. 1880 begann von Bami aus der Vormarsch gegen Geok-tepe, welches am 14. Dez. erreicht
wurde. Man richtete ein befestigtes Lager vor dem Platze ein und häufte dort große Vorräte an, vermochte jedoch die heldenmütig verteidigte Festung erst 24.
Jan. 1881 durch Sturm zu nehmen. Nun unterwarfen sich April 1881 die Tekke-Turkmenen der russ. Herrschaft; ihr Gebiet wurde mit dem Transkaspischen Gebiet
vereinigt und dem Generalgouverneur von Kaukasien unterstellt.
Am 31. Jan. 1884 unterwarfen sich auch die Turkmenen von Merw der russ. Herrschaft: auch dieses Gebiet wurde zu dem Transkaspischen Gebiet geschlagen, und
dadurch ist das unter der Oberhoheit Rußlands stehende Chanat von Chiwa ringsum von russ. Staatsgebiet eingeschlossen. Der Gouverneur des Transkaspischen
Gebietes, General Komarow, schlug 30. März 1885 die Afghanen am Kuschkflusse. Am 13. Febr. 1886 wurde Pendschdeh von den russ. Truppen besetzt und dort die
russ. Verwaltung eingerichtet, und bis zum Schlusse des J. 1885 war durch eine russ.-engl. Militärkommission die neue Grenze in dem streitig gewesenen Gebiet
abgesteckt worden, wobei Rußland alle Gebietsteile erlangte, auf deren Besitz es Anspruch erhoben hatte. 1891 erfolgte gleichwohl die Besetzung des
Pamirgebietes durch die Russen. (S. Pamir und Rußland [Geschichte].) In den J. 1880–88
wurde die Transkaspische Eisenbahn (s. d.) erbaut.
Vgl. Haymerle, Ultima Thule. England und Rußland in Centralasien (Wien 1885); Lansdell,
Russian Central Asia (2 Bde., Lond. 1885; deutsch von Wobeser, Lpz. 1885); Stumm,
Russia in Central Asia (Lond. 1885); Jaworskij, In Afghanistan und dem Chanat Buchara (deutsch, Jena 1885); Curzon,
Russia in Central Asia (2. Aufl., Lond. 1889).
Russisch-Deutsche Legion, ein auf Anregung des vertriebenen Herzogs Peter von Oldenburg und im Auftrage des Kaisers Alexander I. von
Rußland 1811 von dem Oberst von Arentsschild aus deutschen Elementen errichtetes Truppenkorps. Es bestand aus 8 Bataillonen Infanterie, 1 Compagnie Jäger, 2
Husarenregimentern und 2 reitenden Batterien mit zusammen 9379 Mann Solletat; doch konnten im Juni 1813 erst 5000 Mann aus Rußland nach dem Kriegsschauplatz
abgehen. Am 6. Juli übernahm England durch den Vertrag von Peterswaldau die Verpflegung der R. L. und erwarb dadurch ↔ das Recht, deren
Verwendung zu bestimmen; von Wallmoden übernahm den Befehl. Sie focht mit der Nordarmee an der Niederelbe. Mitte März 1814 überschritt die Legion den Rhein und
kämpfte dann in Flandern. Nach Napoleons Landung wurde sie als 30. und 31. Infanterieregiment, 8. Ulanenregiment, 18. und 19. reitende Batterie (jetzt in den
brandenb. und rhein. Feldartillerie-Regimentern) in den Verband des preuß. Heers übernommen. Vgl. von Quistorp, Die R. L. (Berl. 1860).
Russisch-Deutsch-Französischer Krieg von 1812 bis 1815. I. Russischer Feldzug von 1812. (Vgl.
Historische Karte von Rußland, beim Artikel Rußland.) Der Krieg zwischen Frankreich und
Rußland bereitete sich langsam schon seit Jahren vor. Rußland hatte 1809 sein Hilfskorps gegen Österreich nicht rechtzeitig erscheinen lassen, Napoleon die
Konvention nicht ratifiziert, durch die er sich verpflichtete, Polen niemals wiederherzustellen. Die Einverleibung von Holland und zahlreicher deutscher
Gebiete, vor allem die Vertreibung des Herzogs Peter von Oldenburg, die den Kaiser Alexander als Chef des oldenb. Hauses verletzte, und in noch höherm Grade
ein neuer russ. Handelstarif, den Napoleon als ein Lossagen vom Kontinentalsystem ansah, bildeten die Hauptpunkte, die nach vergeblichen Unterhandlungen
1812 zum Kriege führten. Napoleon verfügte außer über die französischen, noch über die Kräfte Italiens, der Rheinbundstaaten und des Großherzogtums
Warschau; Preußen und Österreich wurden durch Bündnisse genötigt, ihm Hilfstruppen zu stellen. Dagegen rechnete er vergebens auf die Mitwirkung Schwedens
und der Pforte; jenes schloß einen Vertrag mit Rußland, und die Pforte einigte sich 28. Mai 1812 im Frieden zu Bukarest mit dem Feind im Norden.
Die russ. Streitkräfte waren folgendermaßen aufgestellt: die erste Westarmee, 127000 Mann unter Barclay de Tolly mit dem Hauptquartier Wilna, stand längs des
Niemen bis Grodno, die zweite Westarmee, 37000 Mann unter Bagration, bei Slonim, eine Reservearmee, 30000 Mann unter Tormassow, bei Luzk. Von der ersten Armee
war das Korps von Wittgenstein auf dem rechten Flügel und das von Essen zur Deckung von Riga abgesondert. Unter Platow standen 16 Kosakenregimenter als
fliegendes Korps in Grodno. Ende September stieß die Donauarmee, 53000 Mann unter Kutusow, der darauf das Oberkommando der Hauptarmee übernahm, zu Tormassow.
Die Truppen Napoleons bestanden aus dem Garde-, 10 Armee- und 4 Kavalleriekorps, zusammen 460000 Mann, von denen die Große Armee, 232000 Mann unter Napoleon,
am Niemen bei Kowno aufgestellt war, während die Armee des Vicekönigs von Italien, 72000 Mann, weiter rückwärts bei Kalwarija stand, und die Armee des Königs
von Westfalen, 89000 Mann, sich im Anmarsch auf Grodno befand; den linken Flügel bildete das 10. Armeekorps von 32000 Mann, darunter 20000 Preußen, unter
Macdonald bei Tilsit, den rechten Flügel das österr. Hilfskorps, 34000 Mann, unter Schwarzenberg bei Sjedlez. Napoleons Kriegsplan war: mit seiner Hauptmasse
sich zwischen die zwei Hauptarmeen der Russen zu schieben und jede getrennt zur Schlacht zu zwingen, dann rasch auf Moskau vorzudringen und hier den Frieden
vorzuschreiben. Dagegen hatte ein Operationsplan des Generals von Phull die Billigung des Kaisers Alexander gefunden, dessen Grundidee darin be-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 36.