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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rußland (Territoriale Entwicklung)

Terrain erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. zu. Durch den Vertrag von Andrussowo 1667 kamen die Gebiete von Smolensk und Sjewersk wieder an R. zurück; es erhielt ferner die Ukraine links vom Dnjepr (das heutige Gouvernement Poltawa) und am rechten Ufer die Stadt Kiew. Die weitere, ziemlich unbestimmte Südgrenze bildete das Gebiet der Saporoger (s. d.). Der Versuch Peters d. Gr., sich dem Schwarzen Meer zu nähern, führte zur Eroberung Asows, zur Aufstellung einer neutralen Zone (Vertrag von Konstantinopel 1700) und zu einer festern Bestimmung der Grenzen der saporogischen Länder (die zu R. gezählt wurden) gegen die türk. Besitzungen (1705). Aber nach dem Frieden am Pruth (1711) mußte Asow aufgegeben werden, und die russ. Grenze verschob sich vom Dnjepr nach Norden an die Flüsse Samara und Orel (1713). Ebenso vergeblich war der Versuch, sich in Transkaukasien festzusetzen: in den Verträgen von Rescht (1729) und Gandscha (das spätere Jelisawetpol, 1735) mußte R. alle Eroberungen Peters (Derbent, Baku, Gilan, Masenderan, Astrabad) wieder aufgeben, und der Terek blieb die Grenze. Dagegen entriß Peter d. Gr. im Westen den Schweden die Küsten der Ostsee: Livland (mit den Inseln Ösel und Dagö), Esthland, Ingermanland, Karelien und einen Teil von Finland mit der Stadt Wiborg. Nach dem Belgrader Frieden (1739) wurde im Süden die Grenze von 1705 wiederhergestellt und als Grenze gegen die Krim der Fluß Konka bestimmt (1742). In Finland rückte die Grenze 1743 bis zum Kymmene-elf vor (Frieden von Åbo).

Eine neue Ära beginnt mit Katharina II. Nach dem ersten Türkenkriege wurden wichtige Punkte an den Mündungen des Dnjepr, des Don, an der Meerenge von Kertsch gewonnen: Kinburn, Asow, Kertsch-Jenikale (1774), dann Balta, die Krim, das Kubangebiet (1783-84), endlich nach dem zweiten Türkenkriege die Seeküste zwischen dem Bug und dem Dnjestr (Friede von Jassy 1792), womit eine feste Stellung am Schwarzen Meer erlangt war. Im Westen brachten Erwerbungen die drei Teilungen Polens: die erste Westrußland östlich vom Dnjepr und der Düna (1772), die zweite die Gebiete von Minsk, Volhynien und Podolien (1793), die dritte die jetzigen Gouvernements Wilna, Kowno und Grodno, den Oberlauf des Pripet, den westl. Teil von Volhynien (1795). Kurz vorher war das Herzogtum Kurland durch Verzicht des Herzogs Peter zu R. gekommen. Unter Alexander I. wurde erworben: das Gebiet von Bjelostok (1807), Finland bis zum Fluß Torneå mit den Ålandsinseln (Friede von Fredrikshamn 1809), auf dem Wiener Kongreß (1815) das Herzogtum Warschau, das unter dem Namen eines Königreichs Polen unter russ. Oberherrschaft kam. Gleichzeitig fand ein Vordringen im Kaukasus statt. Schon unter Paul I. wurde Georgien einverleibt (1801). Dazu kamen im Nordwesten Mingrelien, Imeretien, Abchasien (1803-24), im Südosten die Chanate Karabagh, Gandscha, Derbent, Kuba, Baku, Schirwan, Talisch, Scheki (Vertrag von Gulistan 1813). Ein Versuch Persiens, nach dem Tode Alexanders I. das Verlorene wiederzuerobern, führte zu weiterm Verlust der Chanate Eriwan und Nachitschewan (Friede von Turkmantschaj 1828). In einem gleichzeitigen Kriege mit der Türkei erwarb R. die Küste des Schwarzen Meeres von der Kubanmündung bis zum Hafen Swajtoj Nikolaj nebst den Festungen Anapa, Poti, Achalzych und Achalkalaki (Friede von Adrianopel 1829). Durch denselben Vertrag erhielt R. Bessarabien bis zur St. Georgsmündung der Donau. Nach dem Orientkriege gingen die Donaumündungen mit dem südl. Bessarabien an Rumänien verloren (Pariser Friede 1856), doch kam das Land 1878 (aber nur bis zur Kiliamündung) durch den Berliner Vertrag wieder an R. Durch den letztern erhielt R. auch die Gebiete von Batum und Kars in Transkaukasien. Die kaukas. Bergvölker wurden 1859-64 unterworfen (s. Kaukasische Kriege) und 1867 die Besitzungen des Schamchal von Terki einverleibt.

Die bedeutendsten Erwerbungen wurden in Mittelasien gemacht. Ein Teil der Kirgisen unterwarf sich schon 1730 und 1734 freiwillig. 1740 wurden eingenommen das Land zwischen dem Jaik (Uralfluß) und dem Aralsee und das Land zwischen dem Ischim und Irtysch, 1798 die Lücke zwischen den beiden vorhergehenden am obern Tobol und südlicher, 1802 das Gebiet am Ust-Urt zwischen dem Kaspischen Meer und dem Aralsee, 1819 der Rest des Landes nördlich vom Fluß Tschu und vom Balchaschsee, 1846-47 das Iligebiet (Semirjetschensk), 1853 das Land nördlich am Unterlauf des Syr-darja, 1854 Wjernyj, 1864-65 Taschkent, 1868 Samarkand und der obere Naryn, 1870 das Serafschanthal, 1873 das Gebiet zwischen dem Kaspischen Meer und Chiwa sowie das Land östlich am Aralsee zwischen dem Amu-darja und Syr-darja, 1876 das Chanat Kokan (jetzt Gebiet Ferghana), 1881 das Turkmenengebiet, 1884 Merw und 1885 Penschdeh. China gegenüber wurde 1871 das Gebiet von Kuldscha besetzt, aber 1881 bis auf einen Teil im Westen wieder zurückgegeben. In demselben Jahre trat China das Land nordöstlich am Saisan-nor ab, so daß dieser See nun ganz russisch wurde. (S. auch Russisch-Centralasien.) Von Nordostsibirien aus wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. der nordöstl. Teil von Amerika (s. Alaska) in Besitz genommen, aber 1867 nebst den Aleuten gegen eine Geldentschädigung an die Vereinigten Staaten von Amerika abgetreten. Es blieben noch die Kurilen (seit etwa 1720 im Besitz R.s) übrig: diese wurden 1875 an Japan umgetauscht gegen den südl. Teil der Insel Sachalin, die nun ganz in russ. Besitz kam.

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Russische Großfürsten und Kaiser.

Die Warägische Periode:

Rurik 862-879.

Oleg 879-912.

Igor 912-945.

Olga 945-957.

Swjatoslaw I. 957-972.

(Jaropolk regierte in Kiew 972-980.)

Wladimir I. 980-1015

Swjatopolk 1015-19.

Jaroslaw I., der Weise, 1019-54.

Die Periode der Teilfürstentümer:

Isjaslaw I. Jaroslawitsch von Kiew 1054-78.

Wsewolod I. Jaroslawitsch 1078-93.

Michail Isjaslawitsch 1093-1113.

Wladimir II. Monomach 1113-25.

Mstislaw I. Wladimirowitsch 1125-32.

Jaropolk Wladimirowitsch 1132-39.

Wsewolod II. Olgowitsch 1139-46.

Isjaslaw II. Mstislawitsch 1146-54.

Wjatscheslaw Wladimirowitsch und Rostislaw Mstislawitsch 1154-55.

Isjaslaw III. Dawidowitsch 1155.

Jurij I. Wladimirowitsch Dolgorukij 1155-59.

Rostislaw I. Mstislawitsch 1159-67.

Mstislaw II. Isjaslawitsch 1167-69.

Gleb Jurjewitsch 1169-71.

Herrscher aus verschiedenen Häusern 1171-94.

Rurik Rostislawitsch 1195-1202.

Wsewolod III. Jurjewitsch 1202-13.

Jurij II. Wsewolodowitsch 1213-16.

Konstantin I. Wsewolodowitsch 1216-19.

Jurij III. Wsewolodowitsch 1219-38.

Jaroslaw II. Wsewolodowitsch 1238-47.