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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sachsen, Königreich (Industrie und Gewerbe)

Die Gewerbebetriebe verteilen sich, nach der Zahl der in ihnen beschäftigten Personen geordnet, folgendermaßen auf die einzelnen Gewerbegruppen:

Gewerbegruppen Hauptbetriebe Nebenbetriebe Beschäftigte Personen

Textilindustrie 109278 13307 236670

Bekleidungsindustrie und Reinigung 71760 4843 116410

Handelsgewerbe 35519 12336 68874

Baugewerbe 8347 777 63621

Industrie der Nahrungs- und Genußmittel 18825 2694 52908

Verfertigung von Maschinen, Werkzeugen, Instrumenten und Apparaten 8172 663 43132

Industrie der Holz- und Schnitzstoffe 18642 2381 42305

Metallverarbeitung 10605 598 33737

Industrie der Steine und Erden 3042 150 32154

Bergbau-, Hütten- und Salinenwesen, Torfgräberei 281 15 31736

Papier- und Lederindustrie 5199 381 28422

Beherbergung und Erquickung 13235 4157 26344

Verkehrsgewerbe 5133 1355 12305

Polygraphische Gewerbe 1059 62 11924

Kunst- und Handelsgärtnerei 1360 105 4516

Chem. Industrie 613 130 4393

Industrie der Leuchtstoffe, Fette, Öle und Firnisse 584 118 2824

Künstler und künstlerische Betriebe für gewerbliche Zwecke 886 99 2136

Versicherungsgewerbe 472 2062 1053

Tierzucht (ausschließlich Zucht landwirtschaftlicher Nutztiere) und Fischerei 128 74 219

Den wichtigsten Industriezweig bildet die Textilindustrie. Von 100 erwerbsfähigen Personen kamen (1882) in S. auf die Textilindustrie allein 18,37 (im Deutschen Reich nur 4,83). 1893 gab es 2831 Anlagen mit 157967 Arbeitern. Die Leinenweberei gehört zu den ältesten Gewerben in S. und wird besonders in den an Schlesien und Böhmen grenzenden Teilen der Lausitz betrieben. Trotz des Rückganges gegen das letzte Jahrzehnt des 18. Jahrh. sind die vortrefflichen Fabrikate der 1666 in Großschönau eingeführten Damastweberei noch immer sehr geschätzt. Hauptsitz der Zwillichmanufaktur ist Waltersdorf bei Zittau; leinenes Band wird hauptsächlich in Großröhrsdorf und Pulsnitz gefertigt. 1882 beschäftigte die Leinenweberei 16990 Personen. Mechan. Flachsspinnereien und Flachshecheleien waren (1882) 30 vorhanden; die größten befinden sich in Hirschfelde, Hainitz, Freiberg und Wiesa bei Annaberg. Die Woll- und Baumwollmanufakturen bestehen gleichfalls seit langem; 1882 bestanden 167 Betriebe für Wollbereitung mit 2203 beschäftigten Personen, 410 Kammgarn-, Streichgarn- und Vigognespinnereien mit 15665 beschäftigten Personen, 17 Kunstwollspinnereien (Mungo und Shoddy) mit 541 beschäftigten Personen, 9629 Wollwebereien mit 21782 beschäftigten Personen, 346 Baumwollspinnereien mit 9127 beschäftigten Personen, 22576 Baumwollwebereien mit 33822 beschäftigten Personen und 10564 Webereien für gemischte Stoffe mit 23068 beschäftigten Personen. Die größte Wollkämmerei besitzt Leipzig, die größten Kammgarnspinnereien befinden sich in Leipzig, Kleinzschocher, Altchemnitz, Harthau bei Chemnitz, Kappel, Schedewitz, Liebschwitz, Wilkau und Arnsdorf bei Penig, die größten Streichgarn- und Vigognespinnereien in Crimmitschau, Werdau und Reichenbach, die größten Baumwollspinnereien in Chemnitz, Furth, Scharfenstein, Zschopau, Hohenfichte, Witzschdorf, Mohsdorf und Oberleutersdorf. Hauptsitze der Tuchmanufaktur sind Großenhain, Bischofswerda, Kamenz, Kirchberg mit Umgebung, Leisnig und Roßwein; in Crimmitschau mit Umgebung und Werdau werden vorzugsweise Buckskins, halbwollene und leichte tuchartige Stoffe, in Oederan, Hainichen, Reichenbach und Mylau Flanelle gefertigt. Glauchau und Meerane liefern Kleider- und Möbelstoffe, Zittau und Reichenau Orleans. Hauptsitze der Baumwoll- und Halbbaumwollweberei sind das Vogtland, die Chemnitzer Gegend und ein Teil der Lausitz. Die Seidenweberei, im ganzen noch nicht von großer Bedeutung (371 Betriebe mit 700 beschäftigten Personen), wird vorzugsweise in Frankenberg, Elsterberg, Hohenstein und Callnberg betrieben; Bad-Elster fabriziert seidenen Sammet. Seidenspinnereien giebt es in Großenhain, Rodewisch und Cunnersdorf bei Kirchberg. Erwähnenswert sind noch die bedeutende Jutespinnerei und Weberei in Meißen und die Nesselweberei in Zittau.

Für die Fabrikation von Strumpfwaren bestanden (1882) 26469 Betriebe mit 45321 beschäftigten Personen; Hauptsitze sind Chemnitz, Hohenstein, Limbach, Lößnitz und Burgstädt mit Umgebung. Die Spitzenklöppelei im obern Erzgebirge (Annaberg, Schneeberg, Eibenstock) beschäftigt eine große Anzahl weiblicher Hände und wird in neuerer Zeit in Klöppelschulen (s. d.) gelehrt. Die Stickerei hat einen bedeutenden Aufschwung genommen. Hauptplatz ist Plauen, ferner Eibenstock, Schneeberg, Auerbach und Falkenstein. Wichtig für das Obererzgebirge und das Vogtland ist die Posamentenfabrikation, welche (1882) 16541 Personen in 13487 Betrieben beschäftigte. Für die Veredelung der Gespinste und Gewebe, Spitzen und Stickereien, Strumpf- und Strickwaren bestehen bedeutende Anlagen, in welchen namentlich auch das Ausland Fabrikate veredeln läßt. Im ganzen waren (1882) vorhanden: für Wollfärberei, -Druckerei und -Appretur: 489 Betriebe mit 4591 Arbeitern; für Bleicherei, Färberei, Druckerei und Appretur von Gespinsten und Geweben aus Flachs, Hanf, Werg, Jute u. s. w.: 139 Betriebe mit 839 Arbeitern; für dergleichen von Gespinsten und Geweben aus Baumwolle: 439 Betriebe mit 3629 Arbeitern; für Wäscherei, Bleicherei und Appretur von Spitzen und Stickereien: 416 Betriebe mit 644 Arbeitern; für Seidenfärberei und -Druckerei: 21 Betriebe mit 143 Arbeitern; für sonstige Bleicherei, Färberei, Druckerei und Appretur, auch ohne Stoffangabe: 621 Betriebe mit 5949 Arbeitern; für Appretur von Strumpf- und Strickwaren: 5282 Betriebe mit 7642 Arbeitern. Die Veredelungsindustrie ist vertreten in Plauen, Chemnitz und Reichenbach, die Wäschefabrikation in der Gegend von Plauen und Schneeberg; Rüschen fabriziert Leipzig, Korsetts Oelsnitz i. V., Schuhwaren Pegau und Groitzsch, Rauchwaren Leipzig mit Umgebung, künstliche Blumen Dresden, Leipzig, Sebnitz und Neustadt bei Stolpen. In Freiberg und Umgegend blüht die Fabrikation leonischer Waren, in Neustadt bei Stolpen die Messerfabrikation; Pirna besitzt ein großes Emaillierwerk für Kochgeschirr. Der Maschinenbau, namentlich der Bau von Dampfmaschinen und Maschinen für die Textilindustrie, steht auf einer hohen Stufe. Hauptplatz für die Maschinenfabrikation ist Chemnitz; bedeutende Maschinenfabriken befinden sich auch in Kappel bei Chemnitz, in Leipzig, Erla, Gittersee, Golzern bei Grimma u. s. w. Nähmaschinen und in neuerer Zeit Fahrräder werden vorzüglich in Dresden gefertigt, Pianoforte in Dresden und Leipzig, mechan. Musik-^[folgende Seite]