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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sachsen, Königreich (Handel und Geldwesen)

instrumente besonders in Leipzig (s. d.), Streich-, Blech- und Holzinstrumente und Saiten in Markneukirchen, Klingenthal und Brunndöbra. Die Uhrenfabrikation in Glashütte ist weit über Deutschlands Grenzen bekannt. Eine blühende polygraphische Industrie hat ihren Mittelpunkt in Leipzig (s. d.). In 415 Betrieben der polygraphischen Gewerbe waren (1893) 17057 Personen beschäftigt. Die Papierfabriken Hainsberg, Bautzen, Penig, Weißenborn, Kriebstein, Dresden, Sebnitz und Hütten sind die berühmtesten; große Buntpapierfabriken giebt es in Leipzig und Goldbach; photogr. Papiere werden hauptsächlich in Dresden hergestellt.

Bedeutend ist die Tabakfabrikation und der Handel mit Rohtabak und Tabakfabrikaten. 1878 gab es 71 Betriebe für Rohtabakhandel, 2472 Betriebe für Tabakfabrikation, 26810 Betriebe für Handel mit Tabakfabrikaten. Hauptsitze der Tabakfabrikation sind Dresden, Leipzig, Waldheim, Roßwein, Döbeln und Freiberg. Der Wert der hergestellten Tabakfabrikate betrug 23883028 M. Die Zuckerfabrikation wird erst seit 1883 betrieben; 1892-93 bestanden 3 Zuckerfabriken in Kleinbauchlitz, Markranstädt und Löbau; die Menge der verarbeiteten Rüben betrug 66951 t, des hergestellten Rohzuckers 7487 t. In der Schokoladenfabrikation nehmen Dresden und Leipzig eine hervorragende Stelle ein, in der Mineralwasserfabrikation besonders Dresden. Die Bierbrauerei hat sich zur Großindustrie umgestaltet und wird besonders durch Aktiengesellschaften betrieben. 1836 gab es in S. 831 Brauereien, welche 1563755 Eimer Bier erzeugten; 1892-93 brauten 731 Brauereien aus 66518 t Braustoffen 4187128 hl Bier und zahlten 2668371 M. Brausteuer. Die Zahl der Branntweinbrennereien hat sich von 4407 (1684 im Betrieb) im J. 1836 auf 614 (585) im J. 1892-93 vermindert; letztere produzierten 147564 hl reinen Alkohol und zahlten 6272113 M. Branntweinsteuer. Die Verminderung ist durch das Eingehen der kleinern Brennereien hervorgerufen, während sich die Zahl der großen vermehrt hat. Hervorragend ist die Müllerei. Am 5. Juni 1882 waren vorhanden: Getreide-, Mahl- und Schälmühlen: 2698 Hauptbetriebe mit 7336 beschäftigten Personen; Schneidemühlen und Fraiseanstalten: 945 Hauptbetriebe mit 3505 beschäftigten Personen; Ölmühlen: 137 Hauptbetriebe mit 262 beschäftigten Personen; Lohmühlen: 54 Hauptbetriebe mit 79 beschäftigten Personen. Wichtig ist die Serpentinsteinverarbeitung zu Zöblitz, die Mühlsteinfabrik in Jonsdorf bei Zittau, die zahlreichen Ziegeleien und Kalkwerke. Töpferei wird besonders in Pulsnitz, Königsbrück, Kamenz, Radeburg, Waldenburg, Penig und Frohburg betrieben. Neben mehrern großen Steingutfabriken (Dresden) und Glashütten (Dresden, Radeberg, Döhlen) ist noch die Königlich Sächsische Porzellanmanufaktur zu Meißen (s. d.) hervorzuheben. Am 1. Jan. 1893 wurden in S. 8396 feststehende Dampfkessel mit 392823 qm Heizfläche gezählt, sowie 8711 Dampfmaschinen mit 184314 durchschnittlich geleisteten Pferdestärken.

Handel und Geldwesen. Der ausgebreitete Handel erhielt im 12. Jahrh. durch die Entdeckung der Silberbergwerke und die Stiftung der Messen in Leipzig seine Begründung. In der letzten Hälfte des 14. Jahrh. nahm Leipzig bereits über Augsburg und Nürnberg teil an dem levantischen Handel und ist noch immer der Mittelpunkt des Transito-, Speditions-, Kommissions- und Wechselhandels für Mitteldeutschland sowie des Buchhandels für das gesamte Deutschland und Weltmarkt für Rauchwarenhandel; seine Messen sind noch immer sehr besucht (s. Leipzig).

Hauptausfuhrartikel sind feine Wollwaren, Leinwand, Spitzen, Fransen, rohe Wolle und rohes Garn, Baumwollfabrikate aller Art (Strumpfwaren, Handschuhe, Kattun u. s. w.), ferner Stroh- und Holzwaren, Cigarren, Uhren, Musikinstrumente, Maschinen, Mineralprodukte, Farben, Porzellan und Sandstein. Die Ausfuhr aus S. nach den Vereinigten Staaten macht annähernd den vierten Teil der gesamten deutschen Ausfuhr dorthin aus. Nach den Vereinigten Staaten von Amerika werden hauptsächlich ausgeführt baumwollene, wollene und seidene Handschuhe, Sammet und Plüsch, Stickerei, Strumpfwaren, Spitzen, Fransen, lederne Handschuhe und Handschuhleder, musikalische Instrumente. Einfuhrartikel sind hauptsächlich Getreide, Baumwolle, Seide, Wolle, Flachs, Guano, Holz (aus Böhmen), Hanf, Kolonialwaren, Tabak, Wein, Seefische und Modewaren.

Zur Förderung des Handels und der Gewerbe tragen die zahlreichen Aktiengesellschaften (1893: 347 mit einem Aktienkapital von 503310673 M.) und Versicherungsgesellschaften, sowie die 1861 ins Leben gerufenen Handels- und Gewerbekammern zu Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen i. V. und Zittau wesentlich bei. Zahlreiche Staaten sind durch Konsulate vertreten (meist mit dem Sitz in Leipzig).

Für den inländischen Produktenhandel bestehen mehrere Produktenbörsen, eine Getreidebörse zu Dresden und eine Produktenbörse zu Leipzig.

An größern Geld- und Kreditinstituten bestehen: die 1839 auf Aktien gegründete Leipziger Bank (s. d.) zu Leipzig, die 1848 gegründete Chemnitzer Stadtbank und die 1865 gegründete Sächsische Bank (s. d.) zu Dresden, der Erbländische Ritterschaftliche Kreditverein zu Leipzig (seit 1844), die Landständische Hypotheken-, auch Leih- und Sparbank für die Oberlausitz zu Bautzen, die Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt (s. d.) zu Leipzig, die Dresdner Bank (s. d.) u. s. w. Bei den 233 Sparkassen (darunter 91 in Landgemeinden) wurden (1893) 133,849 Mill. M. eingelegt, 126,443 Mill. M. erhoben und Sparmarken im Werte von 31928 M. verkauft. Das Guthaben der Sparer betrug 629,291 Mill. M., die zugeschriebenen Zinsen 18,675 Mill. M. Sehr zahlreich sind auch die nichtöffentlichen Unternehmungen, welche dem Sparsinn der Minderbemittelten dienen: Jugend-, Vereins-, Fabrik- und sonstige Privatsparkassen. Aus der 1. Jan. 1862 eröffneten Königlich Sächsischen Landeskulturrentenbank sind bis Ende 1893 überhaupt 11133 einzelne Anlagekapitale mit einem Gesamtbetrag von 18,880 Mill. M. gewährt und derselben dafür Renten im Gesamtbetrag von 922565 M. überwiesen worden. Der Königlich Sächsischen Landrentenbank waren während ihres 59 3/4jährigen Bestehens vom 1. Jan. 1834 bis Michaelis 1893 überhaupt 454716 einzelne Landrenten im Gesamtbetrag von 3427538 M. überwiesen worden, deren 25facher Betrag an 85688465 M. 86 Pf. den Wert dieser Renten zur Zeit ihrer Übernahme oder das Nominal-Aktivkapital der Landrentenbank darstellte. Zum Termin Michaelis 1893 befanden sich noch Landrentenbriefe im Gesamtnennwert von 27556086 M. verzinslich im Umlauf. 1894 bestanden in S. an 219 Orten