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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sachsen-Weimar-Eisenach
institut in Eisenach, eine Zeichcnschulc in Weimar nnd
Eisenach, höhere Mädchenschule (Eophienstift) in
Weimar; ferner besteht ein Taubstummen- und Blin-
deninstitnt, ein Waiseninstitut, welches seine Pfleg'
linge in Familien versorgt, und in den größern Orten
Baugewerkcn- und gewerblicbe Fortbildungsschulen.
Anderwcite Vildungs- und wissenschaftliche Anstal-
ten sind in Weimar: die Hauptbibliotbek (200000
Bände) mit einer besondern Militärbibliothek (6000
Bände) und einer Plan- und Landkartensammlung
(7500 Stück): das Geheime Haupt- und Staats-
archiv, mit welchem das Landesgrenzkarten- und
Flurkartenarchiv verbunden sind, das großberzogl.
Hausarchiv, das sachsen-ernestinische Gefamtarckiv,
das Museum, das Hoftheatcr und die Hofkapelle,
die Orchester- und Musikschule und die Kunstschule;
in Jena die Universitätsbibliothek, in Eifcnach die
Wartburgbibliothck.
Verfassung und Verwaltung. Das Großherzog-
tum ist eine konstitutionelle, im Mannsstamm des
gleichnamigen Hauses erbliche Monarchie. Der!
Großherzog führt den Titel "Königliche Hoheit".
Das Grundgesetz stammt vom 15. Okt. 1850, das
Wahlgesetz vom 6. April 1852. Der Landtag bildet
eine Kammer und besteht aus 31 auf drei Iabre
gewählten Abgeordneten, und zwar 1 aus der be-
güterten ehemaligen Neichsritterschaft, 4 der größcrn
Grundbesitzer, 5 der Höchstbesteucrtcn von wenig-
stens 3000 M. jährlicher Rente und 21 aus allge-
meinen indirekten Wahlen im ganzen Grosiberzog-
tum. Zur Wahlberechtigung ist das 25., zur Wähl-
barkeit das 30. Lebensjahr erforderlich. Wählbar
ist jeder selbständige, unbescholtene Staatsbürger,
mit Ausnahme der verantwortlichen Mitglieder des
Staatsministeriums. Die ordentlichen Landtage
werden von drei zu drei Jahren, außerordentliche
nach Bedürfnis bernfen. Im Bundesrat hat das
Großhcrzogtum eine Stimme und wablt in den
Reichstag drei Abgeordnete (Wahlkreise Weimar-
Apolda 1895: Abgeordneter Reichmuth, Bund der
Landwirte; Eisenach-Dermbach: Cassclmann, frei-
sinnige Volkspartei; Weida-Auma: Walter, natio-
nalliberal). Das Staatsministerium ist die oberste
Verwaltungsbehörde und zerfällt in drei Departe-
ments: 1) Departement des Kultus (in Verbindung !
mit dem Kirchenrat); 2) das Departement des Liu-
ßern und Innern, des großherzogl. Haufes und der
Justiz; 3) das Departement der Finanzen. Unter
dem Departement des Innern stehen als Landes-
verwaltungsbehörden, außer der Generalablösungs-
kommission, die fünf Bezirksdirektoren, denen ein j
nach Analogie des Landtagswahlgefetzes gewähl-
ter Bezirksausschuß beigegeden ist, welcher bei Be-
ratung und Entscheidung bestimmter Gegenstände
mitzuwirken hat. Unter dem Iustizdepartement
steht das gemeinschaftliche thüring. Oberlandes-
gericht in Jena. Die Zuständigkeit desselben be-
mißt sich in denjenigen Rechtssachen, auf welche
die Reichsprozeßordnungen Anwendung finden,
nach den einschlagenden Bestimmungen (§§. 123,
160) des Rcichsgerichtsverfassungsgesctzes. In an-
dern Angelegenheiten ist es Gericht des Großberzog-
tums und hat die Zuständigkeiten des aufgebobenen
Appellationsgerichts zu Eifenach und des frühern
Oberappellationsgerichts zu Jena. Unter dem Fi- !
nanzdcpartement stehen Rechnungsämter, Forst- i
l)ehörden,Vergbaubehörden,dieLandesvermessungs- !
und Steuerrevisionen, der großherzogl. General-
inspektor und die landwirtschaftliche Centralstelle mit
den bezüglichen Instituten. Die Militärverwaltung
ist 1867 an Preußen übergegangen; das Groß-
berzogtum stellt das 5. thüring. Infanterieregiment
Nr. 94 (Großherzog von Sachfen), welches zur
22. Division des 11. Armeekorps gehört.
Das Wappen
besteht in einem qua-
drierten Hauptschild
mit den Zeichen von
Thüringen, Meißen,
Henneberg, Blanken -
hain, Neustadt und
Tautenburg, und
einem Mittclschild
mit dem sächs.
Stammwappen (fünf
fchwarze Balken in
>><7 ^^>^^ Gold mit dem Rau-
tenkranz). DasGanze
ist mit der Königskrone bedeckt und der Schild vom
Falkenorden umhängen; die Landesfarben sind
Schwarz-Gold-Grün. Orden des Großherzogtums
ist der Hausorden der Wachsamkeit oder vom Wei-
ßen Falken (s. Falkenorden).
Finanzen. Die jährlichen Einnahmen und Aus-
gaben beliefen sich nach dem Budget von 1893 bis
1895 auf 8 733 584 M. Unter den Einnahmen be-
finden sich aus Fiskalvermögen 2 814 275, indirekte
Steuern und Reichssteueranteil 2 545 919 und all-
gemeine direkte Steuern 1824965 M.; unter den
Ausgaben sind Ausgaben für Rcichszwecke 2 417 090,
Staatsverwaltung 2 713 646, Sicherheitsanstalten
218150, Kircken, Schulen u. s. w. 1387 601 M.
Die durch Aktiva mehr als gedeckte Staatsschuld
beträgt (Anfang 1894) 5 068 560 M.
Geschichte. Die Linie Sachfen-Weimar wurde 1640
von Wilhelm, dem fünften der elf Söhne des Her-
zogs Johann von Weimar, gestiftet. (S. Ernestinifche
Linie.) Neben der Weimar. Hauptlinie unter Johann
Ernst entstanden ohne förmliche Landesteilung die
Residenzen für Adolf Wilhelm in Eisenach, für Io-
bann Georg in Marksuhl und für Bernhard in Jena.
Erst 25. Juni 1672 entstanden durch Erbteilung die
Linien Weimar, Eisenach und Jena. Nachdem
Jena 1690, Eisenach 1741 erloschen war, vereinigte
Herzog Ern st Augu st von Weimar wieder sämtliche
Besitzungen des alten Fürstentums und stellte das-
selbe vor fernern Teilungen sicher durch Einführung
der Primogenitur und des Hausgesetzes von 1724.
Nach seinem Tode (1748) folgte ihm fein minder-
jährig er S oh n Ern st A u g u st K o n st anti n unter
Vormundschaft Herzog Friedrichs III. von Gotha, der
jedoch auf kccherl. Befehl die Verwaltung von Wei-
mar an den Herzog Iosias von Coburg abtreten
mußte und nur die von Eisenach behielt. Der junge
Fürst vermählte sich 1756 mit (Anna) Amalia,
Prinzessin von Vraunschweig, starb aber schon 1758,
und ihm folgte fein unmündiger Sohn Karl August
(s. d.). Der Kaiser erklärte die erst 19 I. alte Her-
zogin-Mutter 1759 zur Rcgentin und Vormünderm
ihres Sohnes. Unter Karl August, der 1775 die
selbständige Regierung antrat, ward Jena ein
Sammelpunkt der ausgezeichnetsten Gelehrten sowie
Weimar durch Goethes, Herders, Schillers u. s. w.
Berufung der Musenhof jener Zeit. 1806 hatte er sich
an Preußen angeschlossen und mußte 15. Dez. 1806
dem Rheinbunde beitreten, womit er souverän
wurde. AufdemWienerKongreß erhielt Karl August
die großherzogl. Würde und eine Gebietsvermehrung
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