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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sagan (Anna Charlotte Dorothea, Herzogin von) - Sage
Kunstsammlungen und berühmten: Park, Rathaus,
1879-80 umgebaut, mit alten Kreuzgewölben nnd
einem alleinstehenden Tnrm (14. Jahrh.), königlich
kath. Gymnasium, evaug. Lehrerseminar mit Präpa-
randenanstalt, höhere 3itädchen-, kaufmännische und
Handwerkerfortbildnngsschule, städtische und Kreis-
sparkasse, Vorschußverein, Krankenhaus, St. Doro-
theenspital, Wasserleitung, Kanalisaiion,Gasanstalt,
Schlachthaus, Kreisrettungshaus und Strafanstalt
für grauen. Hauptzweig der Industrie ist die Tuch-
fabrikation, ferner bestehen Wollspinnerei, Fabrika-
tion von wollenen Phantasie- und Strumpfwaren,
Öl und Webegeschirr, Eisengießereien, Mühlen,
Brauerei, Kunst- und Handelsgürtnereien, Kram-
und Viehmärkte; in der Umgebung Flachsspinnerei,
Dachpappe-, Thonwaren-, Porzellan-nnd Glasfabri-
kation, Holzstoff- und Pappenindnstrie und Ziege-
leien. - S. soll erst 1140 an jetziger Stelle erbaut
sein, nachdem der nördlicher gelegene Ort zerstört
war. Gs wird zuerst 1202 urkundlich erwähnt und
teilte die Schicksale des Fürstentums S.
Sagan, Anna Charlotte Dorothea, Herzogin
von, geborene Reichsgräfin von Medem, Ge-
mahlin des Herzogs Peter von Kurland und S.
(s.Biron, Bd.3, S.34a).
Sagard, Marktflecken im Kreis Rügen des
prenß. Reg.-Bez. Stralsund, Hauptort der Halbinsel
Iasmuud auf der Insel Rügen, an der Nebenlinie
Stralsund-Crampas-Saßnitz der Preuß. Staats-
bahnen, hat (1890) 1500 E., Post, Telegraph; Kreide-
lager und Kreideschlämmerei. Südlich von S. das
größte Hünengrab der Insel, der Dubberworth.
3a.F2.rtia., s. Aktinien.
Sagasik (Zakazik), der bedeutendste Ort der
ägypt. Provinz Scharkijch im Delta, in fruchtbarer
Gegeud, mit über 20000 E., am Kanal Muizz
(Tanitischer Nilarm) gelegen und Knotenpunkt der
wichtigsten Bahnen, ist Mittelpunkt des Baumwoll-
handels im östl. Delta, hat Spinnereien und be-
deutende Getreidemärkte. S. ist Sitz eines deutschen
Konsularagenten. Im Altertum lag fast an derselben
Stelle die Stadt Vubastis (s. d.).
Sagasta, Praredes Mateo, span. Staatsmann,
geb. 21. Inli 1827 zu Torrecilla de Cameros, stu-
dierte Physik und Mathematik und trat 1843 in die
Ingenieurschule zu Madrid ein. Nachdem er in
Valladolid und Zamora Ingenieur gewesen, wählte
ihn 1854 die Provinz Zamora in die konstituieren-
den Cortes. Wegen Beteiligung an dem Aufstande
zu Madrid (Juli 1856) mußte er nach Frankreich
flüchten, kehrte nach der Amnestie zurück und wurde
Professor an der Ingenieurschule zu Madrid. Als
Mitglied der Cortes gehörte er zur progressistischen
Minorität, deren Organ "1^ Idsria" er redigierte.
Nach dem mißlungenen Aufstand vom 22. Juni
1866 floh er wieder uach Frankreich, kehrte jedoch
beim Beginn der Revolution von 1868 nach Spa-
nien zurück und wurde Minister des Innern bei der
provisorischen Negierung. Er war ein eifriger An-
hänger Prims (s. d.) und wurde ein entschiedener
Gegner Zorrillas. S. wurde 3. Okt. 1871 zum
Präsidenten der Cortes gewählt, trat 20. Dez. 1871
in das Kabinett Malcampo als Minister des In-
nern , wurde 18. Febr. 1872 mit der Neubildung
des Kabinetts beauftragt, das aber schon 22. Mai
seine Entlassung nebmen mußte. Unter Serrano
wurde er 4. Jan. 1874 Minister des Äußern, 13. Mai
des Innern, 4. Aug. Ministerpräsident und dankte
im Dezember infolge der Erhebung Alfons' XII.
ab. Später wurde er wieder in die Cortes gewählt,
wo er sich den Liberalen anschloß. Er galt von da
an als das Haupt der konstitutionellen Partei, die
sich der konservativen Partei, unter Fübrung von
Canovas del Castillo, widersetzte. Als letztere das
Vertrauen des Königs verloren hatte, wurde S.
Ministerpräsident; da er aber keine der versprochenen
liberalen Reformen einführte, gelang es der "dyna-
stischen Linken" (Posada-Herrera, Dominguez, Mo-
ret) 1883 ihn zu stürzen, worauf er bis zum Wieder-
eintritt der Konservativen 1884 Präsident der Cortes
war. Im Parlament nahm er als gewandter Red-
ner und Führer der Konstitutionellen eine der ersten
Stellen ein. Als nach dem Tode Alfons' XII. (25. Nov.
1885) das Kabinett Canovas zurücktrat, wurde S.
von der Königin-Witwe mit der Bildung eines neuen
Ministerinms beanftragt. Er fuchte 3. Dez. 1885
durch eine allgemeine Amnestie sämtliche Parteien
zu versöhnen und durch kräftige militär. Mahregeln
jeder Ruhestörung vorzubeugen. Dem Drängen der
Republikaner nach Einführung des allgemeinen
Stimmrechts widerfetzte sich S. erfolgreich. Die
Auflöfung der Cortes 6. Jan. 1886 verschaffte ihm
in beiden Kammern eine bedeutende Mehrhclt. Nach
der Madrider Militärvcrschwörung gab er das Ent-
lassungsgesuch des gesamten Ministeriums ein, bil-
dete aber 10. Okt. wieder ein neues Kabinett und
übernahm dessen Präsidium. Das Programm dieses
neuen Kabinetts bestand hauptsächlich in der Ein-
führung der Schwurgerichte, der Civilehe und der
militär. Reformen. Die neuen Militärverschwörun-
gen der Republikaner (1887) wurden von S. ener-
gisch unterdrückt; ein der demokratischen Partei ge-
gebenes Versprechen, das allgemeine Stimmrecht
einzuführen, löste er wenigstens teilweise im März
1890 ein, um sich der Nebenbuhlerschaft Canovas'
besser erwehren zu können. Sein Bemühen, das
bürgerliche Element gegenüber dem militärischen zur
Geltung zu bringen, rief 1890 Konflikte mit den
Pronunciamentogeneralen, wie Daban, hervor, in-
folgedessen er Juli 1890 von dem Posten eines Mi-
nisterpräsidenten zurücktrat. Infolge ähnlicher Kon-
flikte dankte er, nachdem er Dez. 1892 wieder ans
Ruder gelangt war, auch im März 1895 wieder ab.
Sage, im ursprünglichen Sinne soviel wie Aus-
sage oder das, was erzählt wird; im engern Sinne
versteht man unter S. gegenwärtig einen über eine
Begebenheit mündlich fortgepflanzten Bericht, dessen
Urheber unbekannt und dessen Zuverlässigkeit ge-
trübt ist. Bei der Bildung und Fortpflanzung der
S. sind vorzugsweise Gedächtnis und Phantasie
thätig. Sobald ein Volk die Erinnerung an seine
eigenen Erlebnisse, Thaten und bedeutenden Män-
ner festzuhalten beginnt, machtauch, schon bei der
ersten Fassung und stärker noch im Verlause der
mündlichen Überlieferung, die Phantasie ihre Rechte
geltend. Überwiegend auf die Hauptidce gerichtet,
beachtet sie Nebenumstünde nnr insoweit, als sie ge-
eignet erscheinen, jene Hauptidce zu stützen; ja sie bil-
det diese auch im Sinne jener Idee um und fügt aus
eigeuer Macht neue unhistor., nicht selten andern Sa-
gen entlehnte Nebenzüge hinzu. Dies alles thut sie
aber, ohne ihrer Absicht sich deutlich bewußt zu sein,
und im Glauben, nur der Wahrheit zu dienen; denn
histor. und Poet. Wahrheit fällt auf diefer Entwick-
lungsstufe des Volks noch fast zusammen. Überliefe-
rung dieser Art, welche an Personen, Orte und Hand-
lungen sich knüpft, ist geschichtliche und örtliche S.
und, soweit sie an die Helden des Volks sich lehnt,