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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Säulenpiaster - Saumur
Gebälk, bildet die Säule aber bei gleicher Aus-
schmückung noch schlanker Wer 19 Model) und
zeichnet sich vorzugsweise durch das reiche Kapital
(s. Taf. I, Fig. 5) aus, das bei kelchartigcr Grund-
form von zwei Reihen Akanthusblättern umstanden
wird, aus denen in den Ecken und im Mittel voluten-
artige Rauken hervorwachsen.
Die römische S. bildet die Formen der griech.
S. in dekorativer Weise weiter (s. Tafel: Römische
Kunst II, Fig. 1 u. 3), macht das Kapital zum sog.
Kompositenkapitäl (s. d.) und verstärkt namentlich
die Glieder des korinth. Gebälkes, indem sie als
Stützen der Platte Konsolen einführt und so ein
reiches Kranzgesims schasst. (S. auch Attika,
Bogenstcllung.)
Die spätern Stile haben es bis zu einem System
der S. nicht gebracht. (S. Gotischer Stil, Romani-
scher Stil u. s. w., sowie die Kunst der einzelnen
europ. Länder.) Erst im 17. Jahrh, versuchte man
neue S. zu erfinden. Mit dem meisten Glück that
dies PH. De l'Orme (s. d.), indem er eine fran-
zösische S. fchuf, deren Säule aus kannelierten
und rusticierten (s. Vosscnwerk) Schichten (Trom-
meln) gebildet war. Ludwig XIV. schrieb einen
NcNbewcrb für eine franz. Ordnung aus, der abcr
nichts Dauerndes bot. Ebensowenig gelangen die
Versuche von L. Sturm, eiue deutsche, und die
ältern von Scamozzi, eine venetianische S. zu
erfinden.
In neuerer Zeit vollzieht sich ein Wandel bin-
sichtlich der Stelluug der Vaukuust zu den ^. Wäh-
rend man bis vor kurzem ausschließlich die antiken
S. gelten ließ, hat man jetzt eingesehen, daß diese zu
streng den Formen des Tempclbaues entsprechen und
dem modernen Stockwcrkbau sich nie ganz organisch
einordnen können. Daher ist man wieder vielfach
zu den Formen der Römer und der Renaissance
zurückgekehrt. - Vgl. Mauch, Vergleichende Dar-
stellung der architektonischen Ordnungen (7. Aufl.,
Verl. 1875); Vöttichcr, Die Tektonik der Hellenen
(2 Bde., Potsd. 1844-53; 2. Aufl., Verl. 1873);
Vühlmann, Die S. (2. Aufl., Stuttg. 1893); Rofen-
garten, Die architektonischen Stilartcn (3. Aufl.,
Vrauuschw. 1874); Durm, Baukunst der Griechen,
Etrusker und Römer (im "Handbuch der Architektur",
Darmst. 1885); Göller, Die Entstehung der archi-
tektonischen Stilsormen (Stuttg. 1888); Nösling,
Die Lehre von den S. nach Vianola u. s. w. (2. Aufl.,
Tuttl. 1873); Scheffers, Architektonische Formen-
schulc, 1. Abteil.: Die S. (4. Aufl. 1879).
Säulenpiaster, ältere span. Münze, s. Piaster.
Säulenpyramide, s. Obstbaumformen.
Säuleuzünder, Brennzünder in Röhrcnform,
deren Satz die Form einer geraden Sänle hat.
Die ersten Zünder, aus dem Anfang des 16. Ialnh.,
waren S., und diese Form hat sich bis zum Aus-
geben der glatten Geschütze auch in allen Artille-
rien, also bis in die Mitte des 19. Jahrh, erhalten.
(S. Zünder.)
Saulgau. 1) Oberamt im württemb. Donau-
kreis, hat 391,41 cikm und (1890) 27 978 (13382
münnl., 14590 weibl.) E. in 3 Städten und 47 Land-
gemeinden. - 2) Obcramtsstadt im Obcramt S.,
an der rechts zur Donau gehenden Schwarzach und
der Linie Tübingen-Atemmingen der Württcmb.
Ctaatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Land-
gericht Ravensburg) und Kamcralamtcs, hat (1890)
4117 meist kath. E., Post, Telegraph, got. Kirche,
Schullchrerseminar, Präparandenanstalt, Altar-
bildhauerateliers ; Fabrikation von Thonwaren, Che-
mikalien, Wachs-, Papierwaren, große Brauereien.
Saulieu lspr. ßoliöh), lat. 86äe1imcum, äiäoleu-
cum, alte Stadt im Arrondissement Semur des
franz. Depart. Cöte-d'Or in Burgund, am Nordost-
fuß der Monts du Morvan, an der Linie Avallon-
Autun der 3^iittelmcerbahn und der Trambahn S.-
Scmur (29 km), hat (1891) 3005, als Gemeinde
3681 E., ein.Handelsgericht, eine alte Abtcikirche
Et. Antioche (12.Jahrh.), College, Spital; Mühlen,
Lohgerberei und Handel mit Getreide, Leder, Vieh,
Mehl, Eisen und Wein. S. wird von einer röm.
Heerstraße durchzogen.
Sault (spr. ßoh), C. de, Pseudonym der Gräfin
de Charnace, Tochter der Gräfin d'Agoult (s. Agoult).
Sault de Sainte Marie (spr. ßoh de^ßängt
marih, Sault Sainte Marie), Hauptort des
County Chippewa auf der nordöstl. Spitze der nördl.
Halbinsel des nordamerik. StaatesAtichigan, ander
Straße Stc. Marie zwischen Obern und Huronsee
und am Sookanal, mit (1890) 5760 E., ist wichtiger
Eisenbahnknotenpuukt. Ein Zweig der Canadian-
Pacificbahn und Dampffähren gehen nach dem gegen-
über liegenden gleichnamigen canad.Orte (1200 E.).
Saum (mittellat. Laiiu^, 8llumH, ansgrch.LÄ^mii,
Packsattel), Trag last eines Tieres (s. Saumtier).
Saum (an Stoffen), s. Nähen.
Saum, älteres schweiz. Flüssigkeitsmaß, s. Muid
und Obm; auch ein größeres Handelsgewicht in
Österreich von 2^ Wiener Centner -^ 154 kx, bei
steir. Stahl aber -^ 2^ Wiener Centner oder 140 i^F.
Saumel, Kunlys"-Saumel, s. Kumys.
Saumfarn, Pflanze, s. i'tLi'is.
Saumgatter, Bestandteil der Sägemaschinen
Saumpferd, s. Saumtier. s(s. d.).
Saumriff, s. Korallenriffe.
Saumtier (von Saum, s. d.), das im Gebirge
gebrauchte Packticr, gleichviel ob es ein Esel, Pferd
(Saumpferd), Maulefel oder Maultier ist. Es
muß auf den oft sehr schmalen Pfaden sicher und ge-
schickt vorwärts kommen können, Ausdauer, Genüg-
samkeit, große Tragfähigkeit und feste Hufe haben.
Maultiere und Maulesel sind für den Dienst als S.
am meisten bevorzugt.
Saumur (spr. ßomühr). 1) Arrondissement im
franz. Tcpart. Maine-et-Loire in Anjou, hat auf
1379,i8 hkm (1891) 123128 E. in 7 Kantonen und
80 Gemeinden. - 2) S. (lat. 8a1mui-inm), Hanpt-
stadt des Arrondissements S. und früher des Gou-
vernements Eaumurois, an der Mündung der kana-
lisierten Dive (oder des Thouet), links an der Loire
und auf einer Insel malerisch gelegen, an den Linien
(Paris-) Chartrcs-Poitiers der Staatsbahn, Tours-
Nantes und S.-La Fleche (53 km) der Orlsansbahn,
bat (1891) 12 825, als Gemeinde 14867 E., einen
Gerichtshof erster Instanz, Handelsgericht, Acker-
bau- und Gewcrbekammer, prot. Kultus; ein altes
festes Schloß (1040 begonnen) auf der Anhöhe, das
Mt als Arfenal und Pulvermagazin dient; die Kirche
St. Pierre (13. Jahrh.) mit neuer Facade und Seiten-
kapelle, Notre-Dame des Ardilliers (i'6. u. 17.Jahrh.),
Notre-Dame dc Nantilly mit Kunstwerken im Innern,
St. Nicolas (12. Jahrh.), die roman.-got. Kapelle
St. Jean, den prot. Tempel, das got. Rathaus
(16. Jahrh.) mit kleinem Mufeum, das hübsche
Theater (1864-66), ferner ein College, Weinbau-
schule, Pensionate, Bürger- und Militärhospital,
Sparkasse, Bibliothek (12 000 Bde.); Weinbau (be-
kannte moussierende Weine), Fabrikation von Rosen-